Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Witwe ohne Tränen

Eine Witwe ohne Tränen

Titel: Eine Witwe ohne Tränen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
sehen, wie er reagiert, wenn ich ihm erkläre, er sei
entlarvt. Es wird eine ziemlich schnelle Reaktion geben. Glauben Sie nicht
auch? Vielleicht jagt er eine Kugel durch meinen Kopf oder bohrt ein Messer in
meinen Bauch.«
    »Kneifen
Sie jetzt nicht«, sagte sie kalt, »oder ich fange an, die Zeitungen
herbeizuzitieren. >Mein Leben in einem Liebesnest mit Lloyd Carlyle< —
kein schlechter Titel für eine über ganz USA verbreitete Artikelserie. Oder?«
    »Ich
kann es gar nicht erwarten, diesen Mörder in die Finger zu bekommen«,
versicherte ich ihr mit erstickter Stimme. »Der furchtlose Holman werd’ ich
genannt. Der Bursche, der dort, wo sich einmal sein Gehirn befand, Felsbrocken
hat.«
    »Sie
haben ganze zwei Wochen Zeit, Rick«, sagte sie selbstzufrieden. »Für einen
Superman wie Sie wird das kein Problem sein. Bleiben Sie mit mir in Verbindung,
ja?«
    Sie
schloß sachte die Tür vor meiner Nase und ließ mich draußen stehen, allein mit
der Gänsehaut, die mir über den Rücken lief.

DRITTES KAPITEL
     
    D a war dieses dunkelhaarige Mädchen mit dem kurzgeschnittenen
Haar und den tief herabhängenden Fransen, so hübsch, daß es beinahe schön war.
Während sie mit großer Geschicklichkeit Tennis spielte, trug sie eine Hemdbluse
und kurze Shorts, welche die vollen Rundungen eines Körpers erkennen ließen, der
athletisch und zugleich anmutig war. Ihr Gesicht war immer lebendig und
beweglich; sie war zusammen mit Lloyd Carlyle bei einer Filmpremiere zu sehen,
wunderbar angezogen und auf jedes seiner Worte lauschend. Während er dastand
und mit professioneller Selbstsicherheit in die Batterien von Mikrofonen
sprach, umklammerte sie seinen Arm, und ihre glänzenden dunklen Augen
beobachteten ihn bewundernd. In einem weißen Badeanzug neben dem Swimming-pool
sitzend, war sie ganz die gelöste strahlende Gastgeberin, die wie ihre Gäste im
flachen Teil des Beckens plantschte. Da war noch mehr — noch
viel mehr — , aber irgendwie wirkte sie immer gleich: glücklich, gesund und so
überaus lebendig. Dann war der Film zu Ende, und Godfrey schaltete seinen
Heimkinoprojektor ab. Gleich darauf hüllte die Spätnachmittagssonne das Zimmer
in einen warmen orangefarbenen Schimmer, als er die Vorhänge von den Fenstern
zurückzog.
    »Das
war Gail«, sagte er mit leiser Stimme.
    Justin
Godfrey mußte Ende Zwanzig sein, und an ihm waren offensichtlich all die Gene
eingespart worden, die seiner Schwester zu solch ungewöhnlichen physischen
Eigenschaften verholfen hatten. Er war groß und mager, sein dunkles Haar
schlaff und allzu lang, seine blaßblauen Augen
standen zu nahe beisammen. Der kleine borstige Schnurrbart, der sich so
verzweifelt an seine Oberlippe klammerte, war ein Fehlgriff, genau wie das rosa
Hemd und die Bermudashorts mit dem Schottenmuster. Alles in allem war er so
ziemlich der unwahrscheinlichste Erpresser, dem ich je begegnet war.
    »Meine
Schwester war das einzige, was ich je an Familie hatte«, sagte er. »Unsere
Eltern starben, als wir beide sehr jung waren.« Ein feindseliger Ausdruck trat
in seine Augen. »Gail hat mir alles bedeutet, Mr. Holman, und es war Ihr Freund
Carlyle, der sie umgebracht hat.«
    »Ich
habe nie behauptet, ich sei sein Freund, ich vertrete nur einen seiner
Freunde«, erinnerte ich ihn.
    Er
nickte vage. »Sie haben mich nach Gail gefragt, und so habe ich Ihnen ein
bißchen von dem gezeigt, was sie war, aber keine Kamera konnte ihr je
Gerechtigkeit angedeihen lassen. Sie hatte eine solch vibrierende Wärme und
Schönheit, daß sie durch nichts wiedergegeben werden kann; und sie starb, als
sie eben dreißig Jahre alt war, weil Carlyle ihr das angetan hat.«
    »Was
hat er ihr denn eigentlich angetan?« fragte ich.
    »Um
das zu verstehen, muß man erst Carlyle verstehen und wissen, was für ein Typ er
war«, sagte Godfrey bitter. »Er mußte Menschen zerstören, vor allem Frauen. Er
mußte sie besitzen, mit Leib und Seele; er verschlang sie förmlich, und wenn
keine Substanz mehr übrig war, dann spie er die Reste aus. Während seiner
ganzen Ehe mit Gail hielt er sich eine Geliebte — eine billige kleine Hure, die
er nach Gails Tod heiratete.« Sein unsicherer kleiner Schnurrbart zitterte
gefühlvoll. »Jedesmal, wenn er bei ihr gewesen war, ging er geradewegs zu Gail
zurück und gab ihr eine genaue Schilderung, wie er und seine Geliebte
miteinander geschlafen hatten! Er genoß es, in die widerwärtigsten Details zu
gehen und...«
    »Was
war mit Gail?« unterbrach ich ihn.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher