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Eine Witwe ohne Tränen

Eine Witwe ohne Tränen

Titel: Eine Witwe ohne Tränen
Autoren: Carter Brown
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anblickte, als sei ich ein
Ein-Mann-Exekutionskommando, und zum Teufel mit der Augenbinde! Er strahlte
eine Art grotesker Tapferkeit aus, die ich beinahe bewunderte. Was blieb einem
auch anderes übrig, als einen Mann zu bewundern, der über die wahren
Hintergründe des Todes seiner Schwester geschwiegen und ihren Selbstmordbrief
dazu benutzt hatte, monatlich tausend Dollar aus ihrem Ehemann herauszupressen,
und der dann freiwillig nach dem Tod seines Opfers auf das Geld verzichtete,
weil der Schuldige nicht mehr bestraft werden konnte?
    »Brauchen
Sie ganz bestimmt kein Geld, Mr. Godfrey?« fragte ich höflich. »Wenn diese
tausend Dollar nun nicht mehr regelmäßig hereinkommen?«
    »Ich
schaffe es auch so«, antwortete er mit großer Würde. »Und vergessen Sie nicht,
was ich Ihnen eben gesagt habe, Mr. Holman. Wenn Sie in Gails Leben
herumstochern und versuchen, Schmutz aufzuwühlen, dann enthülle ich Lloyd
Carlyles Charakter in aller Öffentlichkeit in seinen wahren Farben!«
    Ich
erwartete darauf einen Tusch mißtönender Trompeten,
aber alles, was ich hörte, war die verheerende Wirkung, die seine innere
Erregung auf seine Stirnhöhle ausübte, und so winkte ich ihm abschiednehmend mit drei Fingern zu und verließ das Westhollywooder Doppelhaus
    Als
ich Manny Kruger vom ersten Drugstore aus anrief, zu
dem ich kam, stellte ich fest, daß er, wie vermutet, im Studio war und zudem in
einer Konferenz. Seine Sekretärin reagierte auf meinen Namen und die Tatsache,
daß ich ihn dringend sprechen müsse, mit dem Vorschlag, sofort in sein Büro zu
kommen; sie würde dafür sorgen, daß mir am Tor draußen keine Schwierigkeiten
gemacht würden.
    Es
war kurz nach halb sechs, als ich im Studio eintraf, und ich mußte gegen den
stetigen Strom der ihrem Heim zustrebenden Techniker und Büroangestellten
ankämpfen. Mannys Sekretärin war eine Wucht — ein kupferblondes Mädchen in
einer sachlichen weißen Bluse mit wahrhaft heidnischen Konturen und einem
einfachen Rock, der ihre wohlgerundeten Hüften umschmiegte .
Sie war so ziemlich der triftigste Grund, der mir dafür, daß ein Mann völlig in
seiner Büroarbeit aufging, je untergekommen war, und das sagte ich ihr auch.
Sie gähnte nicht gerade, aber sie war keineswegs beeindruckt.
    »Mr.
Kruger bittet Sie, in den Vorführraum zu kommen«, sagte sie energisch. »Ich
werde Sie dorthin bringen, Mr. Holman.«
    »Wie
wär’s mit dem kurzen Umweg eines Weekends in Palm Springs?« fragte ich, während
ich ihr aus dem Büro folgte.
    »Wissen
Sie was?« Ihre blauen Augen warfen mir einen spöttischen Blick über die
Schulter zu. »Ich arbeite jetzt seit drei Jahren für Mr. Kruger und habe von
Experten alle möglichen Angebote erhalten: ein verlängerter Urlaub in Europa —
ein Monat in Acapulco — eine gemächliche Schiffsreise auf einer Privatjacht
nach Rio hinunter.« Ihre Brauen hoben sich verächtlich. »Und Sie kommen mit
einem Angebot für ein Wochenende auf die schnelle in Palm Springs. Was sind Sie
eigentlich, Mr. Holman? Ein Pfennigfuchser?«
    »Ich
habe selbstverständlich daran gedacht, meinen Anteil am Motelzimmer zu
bezahlen«, sagte ich in verteidigendem Ton.
    Ihre
Augen rollten. »Großzügig bis zum letzten.«
    Sie
strebte den Korridor entlang, und ihre gerundeten Sitzpolster wippten munter
unter dem engen Rock. Der Anblick veranlaßte mich zu der ernsthaften
Überlegung, ob ich mein Angebot nicht auf eine ganze Woche Palm Springs erhöhen
sollte, wobei ich nicht nur bereit gewesen wäre, für das Motelzimmer, sondern
auch für das Abendessen aufzukommen. Ein paar Sekunden später erreichten wir
den Vorführraum, und sie öffnete mir die Tür.
    »Mr.
Kruger ist drinnen.« Ihre Stimme senkte sich beinahe zu einem Flüstern.
»Vielleicht sollten Sie öfters ins Kino gehen, Mr. Holman. Ihre
Verführungspraktiken sind ein bißchen abgestanden, finden Sie nicht auch?
Schließlich leben wir im Zeitalter der Fülle!«
    Ich
erwiderte ihr Lächeln mit einem Blitzen meiner eigenen weißen, aber
unregelmäßigen Zähne. »Ich würde Sie gern nackt in einem Käfig halten«,
murmelte ich verträumt. »Und jedesmal, wenn Sie den Mund auftun, würde ich
Ihnen eine Handvoll Vogelsamen in die Kehle rammen.«
    Als
ich einen letzten Blick auf ihr Gesicht warf, stellte ich fest, daß sie
überrascht, aber nicht verblüfft dreinsah. Wenn ich es mir recht überlegte, wie
konnte schließlich auch ein Mädchen, das seit drei Jahren bei Manny Kruger
arbeitete, jemals in ihrem Leben
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