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Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Titel: Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu siezen. Gloria nickte. »Ja.«
    »Und das habt ihr geübt?«
    »Das ja! Vater hatte neun Arten, Maden zuzubereiten. Gulasch war Nummer 3.«
    »Und Nummer 9?«
    »Paniert mit einer geriebenen Xula-Wurzel und gebraten. Aber hier gibt es keine Xula-Wurzeln.«
    »Ich bringe den Panther um –«, drohte Peters dumpf. »Ich wage es, wenn er heute abend wiederkommt. Ich gehe einfach auf ihn zu. Ich habe ein Beil und einen Speer. Und vor allem, er kennt die Menschen nicht! Wie schwer wird er sein?«
    »Vielleicht siebzig Pfund.«
    »Mehr. Über einen Zentner. Ein kapitaler Bursche. Einen Zentner Fleisch, Gloria. Ich werde mich am ersten Braten überfressen wie ein Kannibale!«
    Er ging herum, während Gloria weiter aß. Er konnte ihr nicht zusehen, wie sie das eklige Gulasch in den schönen Mund steckte. Aber dann war das Bohren des Hungers in seinem vom Kotzen völlig ausgeleerten Magen zu groß. Er setzte sich neben Gloria, nahm ihr den Löffel aus der Hand, kniff die Augen zusammen und schluckte die erste Ladung hinunter.
    Der zweite Löffel. Der dritte …
    Sie blieben drin, der Magen nahm es an, die Gier nach Verdauung überwand allen Ekel.
    Mit geschlossenen Augen aß er den Topf leer, den sie aus einem Blechteil des Wracks gehämmert hatten.
    Bis zum Abend war Peters damit beschäftigt, sich auf seinen Kampf mit dem schwarzen Panther vorzubereiten. Er schärfte sein Beil, indem er die Schneide mit geradezu irrer Ausdauer an der Eisenstange des abgebrochenen Fahrwerkes wetzte. Das oben abgerundete Messer machte er spitz und gefährlich zackig, indem er den Stahl mit Hammer und einem dicken Schraubenzieher abspaltete.
    Die erste Probe war ermutigend. Er stach mit Wucht in das Leichtmetall des abgebrochenen Flügels, und die Lanzenspitze fuhr hinein, als sei das Metall aus Gummi.
    »Du wirst nicht auf den Panther losgehen –«, sagte Gloria, die ihn beobachtet hatte.
    »Und ob! Ein Zentner Fleisch! Wir fressen Maden und Raupen, und da läuft ein Berg von Braten vor unserer Nase herum. Mit Raupensuppe kommen wir keine 200 Kilometer weit.«
    »Beim nächsten Fluß wird es besser, Hellmut.«
    »Wo ist der nächste Fluß?«
    Sie konnte darauf keine Antwort geben.
    Er drehte sich weg, übte Stechen und Ausfall mit der Lanze, hieb gleichzeitig mit dem Beil zu, aber er tat es nur, um sie nicht ansehen zu müssen. Die Angst in ihren Augen hätte ihn sonst gelähmt.
    Sie zittert um mich, dachte er. Sie sagt kein Wort, daß ich ihr nicht gleichgültig bin; eher würde sie sich die Zunge abbeißen, aber sie hat Angst.
    »Du tust es nicht!« sagte sie plötzlich laut. Ihre veränderte Stimme riß ihn herum. Sie stand am Wrack und sah in ihrem zerfetzten, dreckigen, durchgeschwitzten Kleid schöner aus als in Samt und Seide.
    »Warum?« fragte er.
    »Ich will es nicht! Und weil ich dich liebe …«
    »Gloria –«
    Er wollte zu ihr laufen, aber sie sprang in das Wrack und hatte plötzlich einen dicken Knüppel in der Hand. »Bleib stehen!« schrie sie. »Faß mich nicht an!«
    »Gloria –« Peters schüttelte den Kopf. »Ich bin so glücklich. Ich will dir nur einen Kuß geben!«
    »Ich will keinen Kuß!« rief sie. Ihre helle Stimme schwankte gefährlich. »Ich will, daß du den Blödsinn mit dem Panther sein läßt!«
    Pünktlich um zehn – Peters schaute auf seine Armbanduhr – trat der schwarze Teufel aus dem Dickicht. Es war eine helle Nacht, die Affen kreischten verschlafen und warnten ihre Umgebung vor dem erbarmungslosen Mörder. Ein paar große Nachtvögel, die Peters hier noch nie gesehen hatte, schwebten mit dumpfen Flügelschlägen um das Wrack. Es war, als sammelten sich die Zuschauer für dieses blutige Duell.
    Gloria lag im Innern der Trümmer neben Schwester Rudolpha und schlief. Sie hatte Nachtwache bei der Sterbenden, aber die eigene Müdigkeit war stärker geworden. Außerdem hatte Peters in dem Tee aus Blütenblättern von Orchideen zwei Tabletten aufgelöst. Gloria hatte es getrunken, ohne es zu merken. Der süße Blütengeschmack überdeckte alles.
    Langsam trat Peters aus dem Schatten des Flugzeugwracks heraus, den Speer mit dem gezackten Messer gesenkt, das Beil schlagbereit in der Faust.
    Der schwarze Panther starrte ihn aus seinen grünen Augen ruhig an. Er stand unbeweglich, wie aus schwarzem Basalt gehauen; nur die Schwanzspitze peitschte lautlos über den Boden.
    »Wir sind allein, mein Lieber!« sagte Peters gepreßt. »Niemand hilft uns. Du brauchst mich nicht, aber ich brauche dich! Du stirbst
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