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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady
Autoren: Emma Wildes
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überrascht. »Das Mündel deines Onkels?«
    »Eben dieses.« Derek zögerte. Er zuckte mit den Schultern. »Ich war schon seit einiger Zeit in sie verliebt, aber ich war zu verbohrt, es mir einzugestehen. Fast hätte ich sie verloren.«
    »Ich verstehe.« Nicholas war Miss Reid natürlich schon begegnet, aber angesichts der Tatsache, dass sie ein junges, heiratsfähiges Mädchen war, hatte er ihre Gesellschaft gemieden. Da er wusste, dass sie sich vor einiger Zeit verlobt hatte, verstand er nun Dereks Gedankenverlorenheit der letzten Monate.
    Sie blickten einander an. Eine Kutsche ratterte vorbei. Die Wärme des Nachmittags war wie ein Kokon, in den sie sich kuschelten, während eine gewisse Erheiterung die Gesichter der beiden Männer erhellte. Nicholas sagte: »Ich freue mich für dich. Sie ist ein hübsches Mädchen.«
    »Ich freue mich auch für dich.«
    »Es ist noch nicht entschieden«, murmelte Nicholas. »Ich hoffe
aber, das passiert bald. Ich werde dich wissen lassen, wie es ausgegangen ist.«
    Er stieg in seine Kutsche und klopfte an die Decke.
     
    Was für eine Katastrophe. Nicht nur dieser Tag, sondern ihr ganzes Leben.
    Caroline starrte in den Spiegel. Sie sah die Spuren der Tränen auf ihren Wangen, sah ihr unordentliches Haar und den dumpfen Ausdruck in ihren Augen. Sie hatte die Sache bereits ins Rollen gebracht, hatte einen Brief an einen Vermittler geschickt, damit er ihr Stadthaus zum Kauf anbot. Danach war sie nach oben gegangen und hatte sich hingelegt. Endlich fiel sie in unruhigen Schlaf.
    Es fällt mir schwer, diese aufgewühlten Gefühle zu beschreiben, dachte sie, während sie die Nadeln aus ihrem Haar zog und nach der Bürste griff. Ein Unglück hatte sie ereilt - sie erbebte bei der Erinnerung an Franklins Hände, die sie zerquetschten -, aber selbst nachdem sie durch Annabels Einfallsreichtum gerettet wurde, machte sie sich keine Illusionen. Der Cousin ihres Mannes würde sein Wissen über ihre Rolle bei der Wette nicht für sich behalten.
    Die unbestreitbare Wahrheit über ihre Beziehung zum teuflischen Duke würde publik, und auch wenn Derek Drake leugnete, mit ihr auf irgendeine Weise verbandelt zu sein, würde der gesamte haut ton wissen, dass sie sich angeboten hatte. Ihr Ansehen wäre nicht länger das der unnahbaren Witwe, sondern man hielte sie ab dem Augenblick für eine promiskuitive Person. Sie bezweifelte, dass Franklin viel Zeit verlieren würde.
    Ein verräterischer, unlogischer Teil von ihr machte sich nichts aus den aufkommenden Gerüchten. Wenn sie dagegen aufwog, dass sie sonst vielleicht nie in Nicholas’ Armen gelegen hätte, nie seine verführerischen Küsse gekostet oder die Wärme seines
Lächelns gespürt hätte … Nun, der Preis der gesellschaftlichen Verbannung war hoch, aber sie wusste, das war es wert. Sie existierte nicht mehr bloß. Sie lebte.
    Voll spöttischer Selbstironie murmelte sie:
    »Geliebte, verdammte, verwirrende Stadt, lebe wohl!
Deine Dummen werde ich nicht länger foppen:
das Jahr in Frieden verweile, deine Kritiker,
deine Huren, schlafen in Frieden.«
    Popes Abschied von London nahm für sie eine völlig neue, zynische Bedeutung an, obgleich es eines ihrer liebsten Werke des Dichters war.
    Das kurze Klopfen an ihrer Tür erfolgte nur der Form halber, denn die Tür öffnete sich, ehe sie darauf reagieren konnte. Als sie sich umdrehte, betrat Nicholas den Raum. In ihrem Refugium aus Pastelltönen und eleganten Möbeln wirkte er sehr groß und männlich.
    Sie schnappte bei seinem Anblick überrascht nach Luft, obwohl sie ihn inzwischen gut genug kannte, um solche gewagten Taten zu erwarten. Die ganze Situation wurde augenblicklich noch skandalöser. Jetzt stand der teuflische Duke in ihrem Schlafzimmer. Der ganze Haushalt lauerte gespannt in den Schatten.
    Und morgen würde zweifellos ganz London darüber reden.
    Sie war trotzdem glücklich, ihn zu sehen, obwohl er die Arroganz besaß, uneingeladen in ihr Schlafzimmer einzudringen. Er stand einfach da. Sein schimmerndes, rabenschwarzes Haar war leicht zerzaust, seine dunklen Augen blickten sie ernst an. Wie immer traf sie die magnetische Kraft seiner Gegenwart. Wenn sie versucht hätte, ein Wort hervorzubringen, dann wüsste sie nicht, was sie sagen sollte. Sein unkluges und unerwartetes Auftauchen machte sie völlig sprachlos.

    Als Erstes brachte er eine schlichte Erklärung vor. »Ich musste dich sehen. Um sicher zu sein, dass du unversehrt bist.«
    Als sie noch immer nichts sagte,
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