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Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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sprachen, sondern ein verwaschenes, verschliffenes Englisch.
    »Adison«, sagte er. »Mein Name ist Jim Adison.«
    »Adison«, wiederholte sie und lächelte. Lächelte hinreißend.
    War er, durchzuckte ihn heiß der Verdacht, in einer Zukunft gelandet, in der es nur noch Frauen gab, alle Männer ausgestorben waren? Hatten sie ihn womöglich zu ihrem Vergnügen aufgetaut?
    In diesem Augenblick erscholl über ihren Köpfen ein lauter Ruf, eine dunkle, kräftige Stimme, die etwas rief, das er nicht verstand. Hoch über ihnen, auf einer Galerie, die Adison bis jetzt überhauptnoch nicht bemerkt hatte, stand ein Mann, in eine majestätische Robe gekleidet, Würde und Autorität ausstrahlend. Er berührte eine dunkle Erhebung des Geländers, und auf kaum fassbare Weise und blitzschnell zerfloss das Metall vor dem Mann, tropfte in silbrigen Tropfen herab wie Quecksilber, um gleich darauf zu glänzenden, frei in der Luft schwebenden Treppenstufen zu erstarren.
    »Seid nicht so … ungeduldig«, mahnte der Mann, während er langsam die unglaubliche Treppe herabschritt. Etwas Fremdes, Einstudiertes klang in seiner Stimme mit. »Er ist gerade erst erwacht. Er muss sich erst zurechtfinden. Er hat sehr lange geschlafen. Sehr, sehr lange. Tausend Jahre.« Er fügte ein paar Sätze in dem abgenutzten Englisch hinzu, die Adison nicht verstand, die die Frauen aber dazu veranlassten, mit schmollenden Gesichtern von ihm abzulassen und murrend abzuziehen.
    »Es ist also wahr?«, fragte Adison. »Ich habe tausend Jahre überwunden?«
    Der Mann sah ihn an, nickte. »Nach der alten Zeitrechnung schreiben wir das Jahr Dreitausend. Ungefähr.« Er deutete eine Art Verbeugung an. »Mein Name ist Waanu.«
    »Adison. Mein Name ist …«
    »Jim Adison. Das stand auf deinem Kühltank.«
    »Mein Kühltank, ja …« Schimmerndes Metall, er erinnerte sich. Schimmernd wie diese frei schwebenden Stufen. Er trat unter die Treppe, berührte eine von ihnen. Sie ließ sich nicht einen Millimeter verschieben, gab keinen Laut von sich, wenn man dagegenklopfte. »Hat es so lange gedauert, bis meine Krankheit heilbar war? Tausend Jahre. Ich bin doch geheilt, oder?«
    »Natürlich.« Ein schmales Lächeln. Waanu hatte silbergraues Haar, aber ein Gesicht ohne Falten. Unmöglich, sein Alter zu schätzen. »Die moderne Technik muss dir wie Zauberei vorkommen, vermute ich.« Er machte irgendetwas, eine wie beiläufige Bewegung, und die Treppe zerstob zu einem Schwarm glitzernder Kugeln, die emporschossen wie Funken einer Explosion und sich wieder zu dem ursprünglichen Geländer vereinten. »Wie gefällt es dir hier?«
    »Gut. Fantastisch. Ich meine … ich bin am Leben. Das ist mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte!«
    »Gefällt dir der Marmor?«, fragte Waanu und schritt auf die Rückwand des riesigen Raumes zu. »Marmor ist gerade Mode. Du weißt, was Marmor ist? Das muss es zu deiner Zeit auch schon gegeben haben.«
    »Ja. Sicher. Hübsch, ja. Allerdings ein bisschen – wie soll ich sagen …?«
    Waanu berührte einen kleinen silbernen Knopf an der Wand, und aller Marmor verschwand, verwandelte sich in rauen, angerosteten Stahl. »Letzte Saison war es Stahl. Nicht mein Geschmack. Magst du vielleicht lieber Holz?« Der Stahl wich einer grandiosen Täfelung aus hellem Holz. »Subatomare Programmierung«, meinte Waanu, als erkläre das alles.
    »Unglaublich«, entfuhr es Adison. »Das ist wirklich …«
    »Soll ich das Holz lassen?«
    »Ja. Ja, das Holz ist wunderschön.«
    »Du wirst vielleicht Kleidung tragen wollen. Dort hinten findest du eine Einrichtung, die Kleidung zur Verfügung stellt. Wenn du ein Kleidungsstück nicht mehr tragen willst, wirfst du es in den Vernichter daneben.«
    »In den Vernichter«, wiederholte Adison. »Verstehe.«
    »Vielleicht willst du noch ein wenig ruhen. Wenn du uns suchst, wir sind unten im Garten.«
    »Im Garten, verstehe.« Adison nickte. Da Waanu sich zum Gehen wandte, fragte er hastig: »Und was ist, wenn ich … Hunger bekomme? Oder, na ja, das Gegenteil?«
    »Hast du Hunger?« Waanu schien verwundert, fast erschrocken.
    »Nein, aber das ist ja nur eine Frage der Zeit, oder?«
    »Das sollte es nicht sein. Die Luft ist gesättigt mit Nährgas.«
    »Nährgas!? Und was ist mit …?« Adison hielt inne. »Okay. Ich kann’s mir schon denken. Erzähl mir mehr über diese Welt. Gibt es Raumschiffe? Besiedeln wir andere Planeten?« Ein Gedanke wie ein jäher Abgrund durchzuckte ihn. »Sind wir überhaupt noch auf der
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