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Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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geglaubt.«
    »Und dann?«
    »Dann hab ich gemacht, dass ich wegkam. Ich meine, weiß man, wozu solche Leute fähig sind? Na ja. Danach bin ich durch die Gegend geirrt. Bis einer von den Assistenten aufgetaucht ist.« Er schüttelte sich, als müsse er einen Albtraum loswerden. »Eins sag ich dir: Nie wieder mach ich so einen Quatsch mit. Wir hätten uns alle ’nen schönen Tag im Synthobad machen können oder im Virtual Dome oder sonstwo, aber nein … Survivaltraining! Ich bitte dich!«
    * * *
    Abends stand Tim am Fenster und dachte an den Tag zurück. Was für ein Abenteuer! Ihn schauderte immer noch ein bisschen. Zum Glück hatte sich herausgestellt, dass mit den Daten für Jason alles klar gegangen war, und auch sonst war ihre Abwesenheit ohne katastrophale Folgen geblieben. Sein PA hatte in der Zeit, in der er unbeschäftigt gewesen war, Angebote für Zweiwegekühlschränke eingeholt, sie auch gleich bei der Prüfagentur, mit der Tims Firma einen Vertrag hatte, auf Verlässlichkeit gecheckt und ein Gerät ausfindig gemacht, das voll kompatibel war und dazu dreißig Prozent billiger als die Angebote von FoodNet. Tim war erst verblüfft gewesen über diese Eigeninitiative des Geräts, bis ihm gedämmert hatte, dass der PA am Morgen den Artikelcode des Faltblattes gescannt haben musste.
    Bloß das mit der Toilette klappte immer noch nicht. Er würde bis auf Weiteres nur unten aufs Klo gehen, weil das blöde Ding oben bei jedem Pinkeln sturheil einen Arzttermin für ihn ausmachte.
    Es hatte zu regnen begonnen. Tim hörte, wie sich die Dachfenster im Schlafzimmer schlossen, und sah, wie draußen auf der Straße ein MechAssist, ein Roboter, der einer alten Frau die Tasche trug, einen Regenschirm über ihr entfaltete.
    Sven kam herein, unterbrach Tims Gedanken mit der aufgeregten Verkündigung, er habe für einen neuen Science-Fiction-Film, der ab heute für die Netze freigeschaltet wurde, den Access-Code bekommen – irgend so eine Werbeaktion, wie sie an Schulen immer häufiger wurden –, und ob er den im Wohnzimmer auf der Bildwand ansehen dürfe? »Der soll endgültig gaua sein, mit Mutantenmenschen und so!«
    Was war das wieder für ein Modewort, gaua? »Und Schulaufgaben?«
    »Alles fertig und im File. Asta basta .«
    »Gut, von mir aus. Aber nicht so laut, dass das Haus wackelt.«
    Schwupps, weg war er. Gleich darauf hörte man die Bildwand angehen, sonore Stimmen, Musik und Geräusche, die durch die Räume hallten. Sicher würde sich Maren gleich über die Lautstärke beschweren.
    Tim dachte an die Menschen, die jetzt, in diesem Moment, in den Offline-Siedlungen lebten. Angeblich. Wenn Ben ihm nicht einen Bären aufgebunden hatte, was freilich genauso unvorstellbar war wie, dass jemand freiwillig so lebte, wie sie es heute ein paar Stunden lang durchgestanden hatten. Wie vor hundert Jahren? Das war leicht gesagt, aber man machte sich kaum eine Vorstellung davon, was das bedeutete. Im Prinzip jeden Tag Survivaltraining. Was für ein schauerlicher Gedanke.
    Die Klimaanlage schaltete hoch. Die neuen Lüfter klangen wie Meeresrauschen, ein japanisches Patent. Sie mischten der gefilterten und ionisierten Luft Düfte bei, kaum wahrnehmbar und sorgfältig so kombiniert und dosiert, dass Wohlbefinden und Entspannung gefördert wurden.
    Am besten, er vergaß das alles. Den heutigen Tag, und den Quatsch mit den Offline-Siedlungen auch.
    © 2005 Andreas Eschbach

Der Albtraummann
    Ein Mann, der an einer nach dem gegenwärtigen Stand der Medizin unheilbaren Krankheit leidet und sich deswegen einfrieren lässt, in der Hoffnung, in einer besseren Zukunft aufgetaut und geheilt zu werden, ist ein Standardmotiv der Science-Fiction.
    Dem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgangen sein, dass ich es liebe, wenn ich zu einem scheinbar ausgelutschten Standardmotiv der Science-Fiction einen neuen Dreh finde. So auch hier: Der hoffnungsvolle Zukunftsreisende erwacht in einer fantastischen neuen Welt – hinter der ein beispielloser Albtraum lauert …
    Geschrieben habe ich sie, weil mich Jacques Chambon darum bat, und zwar, wenn ich mich recht entsinne, auf der Rückfahrt von St. Malo, wo ich zu dem Literaturfestival »Étonnants voyageurs« eingeladen war, das jedes Jahr stattfindet, jedes Jahr mit einem anderen Schwerpunkt, und 1999 war der Schwerpunkt eben die Science-Fiction. Jacques Chambon war – leider muss man »war« sagen, denn er ist im Jahr 2003 völlig überraschend gestorben – als Herausgeber einer der zentralen
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