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Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 3 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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Straßen wirbelten die grellen Sonnenräder auf dem feucht glitzernden Asphalt. Zum ersten Mal nach langer Zeit faszinierte es ihn wieder wie ein Kind. Brück hatte plötzlich das Gefühl, dass es ein gutes Jahr werden würde.
    Zeit, darauf anzustoßen. Er drehte sich um, doch das Sofa war plötzlich leer. Der merkwürdige Gast war verschwunden, und die Sektflasche mit ihm. Nur die beiden Gläser standen noch auf dem Tisch, und als Brück sie verwundert in die Hand nahm, sah er, dass sie völlig leer und sauber waren, wie frisch gespült.
    © 1995 Andreas Eschbach

Jenseits der Berge
    Kommen wir, da wir es gerade von den Anfängen einer schriftstellerischen Laufbahn hatten, zu einer ziemlich frühen Geschichte. Geschrieben habe ich sie irgendwann in den 80ern, um sie während meiner ersten Gehversuche als Autor auf ein paar extrem schlecht besuchten Lesungen im Stuttgarter Umland vorzutragen, und ein Dutzend (vielleicht auch nur ein halbes Dutzend) (oder noch weniger) Leute mögen bei einer dieser Gelegenheiten einen Reader erworben haben, den ich dafür zusammenstellte und der diese Geschichte enthielt und das erste Kapitel der »Haarteppichknüpfer«. Ein Lesungsbesucher kritisierte sie einmal als »nicht literarisch«; er würde auf einer Lesung junger Autoren doch etwas anderes erwarten.
    Ich nahm das als Kompliment.
    Später habe ich sie der Website www.sf-fan.de zur Verfügung gestellt, wo sie all die Jahre als hübsch formatierte PDF-Datei abrufbar war.
    Und hier ist sie nun endlich dort, wo eine Geschichte hingehört: zwischen zwei Buchdeckeln.
    Mir gefällt sie noch immer.
     
    Sie hatten Livet erwischt. Sie waren aus dem Nachthimmel heruntergekommen wie ein einstürzendes Dach, schwarzes Geflatter dunkler als die Nacht, wirbelnde Krallen, messerscharf, gierig zischende Mäuler hatten Livet mit sich fortgetragen und Bran zurückgelassen, einfach so. Und ihr ohrenbetäubendes Kreischen hatte geklungen wie höhnisches Gelächter.
    Bran blieb liegen, bis er glauben konnte, dass es vorbei war. Als die Schreie sich verloren, hob er den Kopf aus dem kalten Schlamm, aber er konnte sich nur auf den Rücken drehen, so sehr zitterte er noch. Seine Hand bekam den Dornenstock zu greifen, und ein wütendes,hilfloses Schluchzen drang wie von selbst aus ihm heraus. Nutzlos. Es gab keine Waffen, keinen Schutz. Wenn Opferzeit war, musste Blut fließen, so war es. Wenn sie nachts keine Beute fanden, kamen sie bei Tage. Wenn sie auf den Feldern und in den Gassen niemanden kriegen konnten, drangen sie in die Häuser ein. Wenn die Vampire hungrig waren, dann musste ein Mensch sterben.
    Und heute Nacht war die Reihe an Livet gewesen. Bran stemmte sich elend hoch. Gellende Schreie hallten von den Bergen wieder, weit entfernt. Jetzt waren sie im Blutrausch. Er musste machen, dass er das Dorf erreichte. Heute Nacht würden sie jeden nehmen, den sie kriegen konnten, ob sie noch hungrig waren oder nicht.
    Aber er war genug gerannt heute Nacht. Seine Schenkel brannten vor Erschöpfung, und der kalte Wind, der den Schnee von den Bergen herabtrug, fror ihm das Leben aus dem Leib. Einfach vornüberkippen, liegenbleiben, selbst zur Beute werden. Es endlich überstanden haben. Nur die Füße waren nicht einverstanden, trugen ihn weiter, stapften durch aufgeweichte Gassen, fanden den Weg zum Versammlungshaus, und dort zogen ihn Hände zur Tür herein, in dampfende Wärme.
    »Bran … er ist zurück … er lebt …« Gemurmel um ihn herum. Man setzte ihn an den Ofen, jemand reichte ihm eine Schale mit Brühe. Es war eine sehr dünne Brühe. Dieses Jahr reichte es kaum zum Leben. Die Vampire hatten die Felder verwüstet wie selten zuvor.
    »Geht es dir besser?«
    Er nickte, wärmte die Hände an der Schale. Aber die Wahrheit war, dass er nicht wusste, ob es ihm gut ging oder nicht.
    »Livet?«
    »Sie haben ihn geholt.«
    Das Raunen trug Livets Namen weiter. Aus dem Raum der Frauen drang gleich drauf Wehklagen. Aber gleichzeitig war so etwas wie Aufatmen zu spüren – Hoffnung, dass die Vampire nun wieder einmal zufrieden sein würden für eine Weile.
    »Dies ist ein Abend der Wunder«, rief plötzlich jemand. »Von dreien, die wir tot glaubten, sind zwei unversehrt zurückgekehrt!«
    »Ehre sei dem Herrn des Tages und der Nacht«, murmelte ein Chor dumpfer Männerstimmen.
    Bran sah den neben sich fragend an.
    »Siren ist zurückgekommen«, erklärte der.
    »Siren? Aber wie kann das …?« Bran erinnerte sich, dass der junge Bursche vor zwei
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