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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro
Autoren: Eschbach Andreas
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über den Wogen und stürzten sich ins Wasser auf der Jagd nach Fischen.
    »Die Männer von der Flotte, die es anzettelten …«
    »Haben dafür bezahlt«, unterbrach er mich ungeduldig.
    »Und Sie brauchen sich bald nicht mehr um solche Dinge zu kümmern. Sie sind dabei, durch Raum und Zeit zu entschwinden.«
    Er nickte. »Ich werde die nächsten Wochen damit zubringen, mich in Gesellschaft von zweihundert Tonnen Protein auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigen zu lassen, um dann an die Hawking anzudocken, die das Lillepoint-System in Richtung Sagittariusarm durchfliegt.«
    Wir waren stehen geblieben und blickten zurück auf die Stadt, die vergoldeten Turmhauben und Dachreiter leuchteten in der blassen Nachmittagssonne, und die mit Schildpatt gedeckten Dächer und Kuppeln schienen von innen heraus perlfarben zu glühen.
    »Sagittarius Edge wurde von Menschen besiedelt, hörte ich.«
    »O nein. Wo denken Sie hin! Die erste Expedition hat noch nicht einmal die Hälfte der Entfernung zurückgelegt. Aber wenn ich dort eintreffe, werden die Kolonien bereits auf eine zehntausendjährige Geschichte zurückblicken.«
    Er zupfte ein Insekt von seinem Schleier, schleuderte es zu Boden und zertrat es.
    »Die gleiche Zeit wird dann auch hier ins Land gegangen sein, nehme ich an.«
    »Die gleiche Zeit. So ist es.«
    »Aber Sie werden nur ein paar Jahre gealtert sein.«
    »Ich schätze vier oder fünf Jahre. Ja.«
    »Was sollte Sie also das Schicksal dieser Welt und ihrer Bewohner kümmern?«
    »Nun …«
    Mir fiel ein, was Annette über ihre Mutter gesagt hatte. »Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ihr Leute von der Flotte euch schamlos durch Raum und Zeit davonstehlt und in der Zukunft verschwindet.«
    Er hob die Schultern. »Wir können an den Gesetzen des Universums leider nichts ändern, mein lieber Palladier.«
    Wir wandten uns zum Weitergehen, aber plötzlich blieb er stehen. Eine Gruppe Eingeborener, Männer und Frauen, kam den Strand entlang auf uns zu.
    »Sollten wir nicht besser umkehren?«, fragte er.
    »Wenn Sie wollen.«
    Wir machten uns auf den Rückweg, aber die Luftströmung war stärker geworden, und wir hatten beide Mühe, gegen sie anzuschreiten. Die Cartesaner hatten uns in wenigen Minuten eingeholt.
    Der Captain warf einen besorgten Blick über die Schulter. »Sie scheinen nicht bewaffnet zu sein«, sagte er.
    Sie zogen leichtfüßig an uns vorbei. Der traumverlorene Blick ihrer verschleierten Augen streifte uns. Sie schienen uns kaum wahrzunehmen, scherzten und lachten. Sie waren in ihre heitere Welt zurückgekehrt, an der wir Menschen nicht teilhatten.
    »Was ist geschehen?«, fragte Wilberforth.
    »Ein Wunder«, erwiderte ich. »Aber was sollte Sie das noch interessieren?«
    »Es interessiert mich sehr.«
    »Ich wollte Ihnen eigentlich nichts davon erzählen vor Ihrer Abreise. Ich habe es selbst erst heute Morgen erfahren. In einem Fischerdorf an der Mündung des Rambon haben die Mönche ein kleines Mädchen gefunden, das die Zeichen der Wiedergeburt trägt. Es trägt einen Spielkameraden mit sich herum, von dem es sich nicht trennt, den es Tag und Nacht in der Hand hält. Niemand weiß, wo es dieses kleine Wesen gefunden hat oder wo es herkommt. Es sieht aus wie eine winzige grüne Feige – und es atmet.«
    Wir setzten unseren Weg fort.
    »Noch ein Geschenk des Himmels«, sagte der Captain Wilberforth nach langem Schweigen.
    »Grüßen Sie Ihre zukünftige Frau, Palladier«, sagte er, als wir uns auf dem Marktplatz verabschiedeten. »Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihren Entdeckungsreisen.«
    »Danke, Sir. Das wünsche ich Ihnen auch«, erwiderte ich. »Und grüßen Sie mir die Zukunft!«

Copyrightvermerke und Übersetzernachweise
    ›Eine Trillion Euro‹ © 2004 by Andreas Eschbach
    ›L’ouragan‹ © 2002 by Jean-Marc Ligny, first published in ›Utopiæ 2002‹, anthology by Bruno Delia Chiesa, L’Atalante editions, October 2002; ins Deutsche übertragen von Ulrike Werner-Richter
    ›Mil euros por tu vida‹ © 2003 by Elia Barceló; ins Deutsche übertragen von Bianca Güth
    ›Kummitustalo, Rakettitehtaankatu 1‹ © 2000 by Pasi Jääskeläinen; ins Deutsche übertragen von Angela Koonen
    ›Chip Ahoi‹ © 2003 by Leo Lukas
    ›Dans les jardins Medici‹ © 1986 by Jean-Claude Dunyach and Editions l’Atalante; ins Deutsche übertragen von Ulrike Werner-Richter
    ›Who pays the Ferryman‹ © 1991, by Thanassis Vembos; ins Deutsche übertragen von Susanne
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