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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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Haus ihrer Tante. Das Rattern von Kutschenrädern war immer häufiger zu hören, die Geigenmusik schien sie immer nachdrücklicher zu rufen. Sie durfte es nicht wagen, länger zu bleiben. Ihr Schwager mochte sie auf Händen tragen, aber die gute Gesellschaft hatte ihn nicht grundlos den »Teufel von Devonbrooke« getauft. Wenn sie den ersten Tanz ihres Einführungsballes versäumte, würde die Hölle los sein.
    Das Licht tauchte erneut auf, ein schwacher Schimmer, zu verlockend, um ignoriert zu werden, dann war es wieder verschwunden. Lottie schlich auf Zehenspitzen über die Terrasse und schwor, nur ein einziges Mal in die Höhle des Marquis zu spähen, ehe sie sich in die keuschen Arme der Tugend begab.
    Eine Hand hebend, um das Mondlicht abzuschirmen, trat sie dichter an das Fenster.
    Die angrenzende Tür flog auf. Eine Männerhand schoss hervor, umklammerte ihr Handgelenk mit kraftvollem Griff und zerrte sie ins Haus. Zu erstaunt, um zu schreien, starrte Lottie schreckensbleich in das Gesicht des Mörderischen Marquis höchstpersönlich.

2
    Sein Gesicht war sowohl schrecklich als auch unwiderstehlich attraktiv, und in seiner düsteren Schönheit spiegelte sich die Schwärze seiner Seele wider…
    Obwohl das Kerzenlicht sein Gesicht in Schatten tauchte, war es ausgeschlossen, den Mann mit einem Diener zu verwechseln. Über seinen abgeschabten Lederstiefeln trug er eng anliegende Hosen aus feinem schwarzem Tuch, eine aufgeknöpfte Weste und ein cremefarbenes Hemd ohne Kragen, das am Hals offen stand. Nur ein Gentleman würde sich so nachlässig kleiden. Würziges Lorbeeraroma haftete seiner Haut an und mischte sich mit der berauschenden Wärme des Weines in seinem Atem. Er war einen Kopf größer als Lottie, und seine breiten Schultern versperrten ihr den Blick auf den mondbeschienenen Garten.
    »Zum Teufel mit Ned! Ich nehme an, das ist seine Vorstellung von Diskretion, dich auf die Rückseite des Hauses zu schicken, dass du dich wie ein Dieb durch die Büsche schlagen musst.« Seine Stimme war seidenweich, aber auch rau, und sie vermochte Lotties aufgewühlte Sinne im selben Moment zu besänftigen und zu erregen. »Gott sei Dank habe ich den Dienstboten den Abend frei gegeben.«
    »D-d-das haben Sie?«, stammelte sie, sich der Tatsache nur zu bewusst, dass sie nie mit einem Mann allein gewesen war, der nicht entweder mit ihr verwandt war oder ein Dienstbote. Noch hatte es je jemand gewagt, sie mit so erschreckender Vertraulichkeit zu behandeln. Auch wenn sein Griff sanfter geworden war, machte er keine Anstalten, ihr Handgelenk loszulassen.
    Sein Daumen strich sachte über ihren wild klopfenden Puls. »Wenigstens gibt es so keine Zeugen.«
    »N-n-nein?«, wiederholte Lottie und kam sich langsam wie der Papagei ihrer Tante Diana vor.
    Ihre lebhafte Fantasie malte ihr augenblicklich mehrere düstere Szenarien aus, bei denen ein Mann es vorziehen würde, keine Zeugen zu haben. Die meisten beinhalteten Erwürgen oder ein ähnlich gewaltsames Ende ihres Lebens und eine verzweifelte Harriet, die sich weinend über ihren Leichnam beugte.
    Seine Finger waren nicht lang und aristokratisch, wie sie es sich eingebildet hatte, sondern grob, kräftig und leicht schwielig. Als er ihre eiskalten Hände zwischen seinen rieb, bemühte sie sich, nicht daran zu denken, wie sie sich um ihren Hals anfühlen würden.
    »Du zitterst ja. Du hättest wirklich nicht so lange in der Kälte bleiben sollen, du kleines Dummchen!«
    Normalerweise hätte Lottie sich lautstark und heftig dagegen verwahrt, dass ihre Intelligenz derart in Frage gestellt wurde, aber im Moment hatte sie selbst erhebliche Zweifel an deren Existenz.
    »Ich habe vorn keine Kutsche gesehen. Vermutlich hat Ned dich einfach hier zurückgelassen?« Als sie nichts erwiderte, schüttelte er den Kopf. »Ich wusste, dass er etwas im Schilde führt, der aufdringliche Halunke. Und maßt sich an, mir schlechte Manieren vorzuwerfen. Nun, es hilft alles nicht, nicht wahr? Du kannst genauso gut mit mir kommen. In den Kamin in der Bibliothek ist Holz gelegt.«
    Er schloss das Fenster und verriegelte es, nahm einen silbernen Kerzenständer von einem Beistelltisch aus Kirschholz. Lottie erkannte das unstete Licht wieder, das sie hinter dem Fenster flackern gesehen hatte. Als er auf die Tür zuging, begriff sie, dass dies vielleicht ihre letzte Gelegenheit zur Flucht sein könnte. Aber es mochte auch genauso gut ihre letzte Chance sein, ein Abenteuer zu erleben, ehe sie ein Leben in
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