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Eine schwimmende Stadt

Eine schwimmende Stadt

Titel: Eine schwimmende Stadt
Autoren: Jules Verne
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Schiffes, wie Proviantmeister, Zahlmeister, Untersteuermänner, Bootsmänner, Matrosen, Schiffsjungen u.s.w, umfaßte etwa hundert Mann, natürlich exclusive der zweihundert Stewards, die zur Bedienung der Passagiere engagirt waren.
    Jeder befand sich jetzt auf seinem Posten; der Lootse, welcher den Great-Eastern aus dem Fahrwasser der Mersey herausbringen sollte, war bereits seit dem vorigen Abende an Bord. Außer ihm bemerkte ich noch einen französischen Lootsen von der Insel Molène bei Quessant, der mit uns von Liverpool nach New-York fahren und bei der Rückkehr das Dampfschiff in die Rhede von Brest einlootsen sollte.
    »Ich beginne nach und nach daran zu glauben, daß wir heute noch abfahren werden, bemerkte ich gegen den Lieutenant H …
    – Wir warten nur noch auf unsere Passagiere, antwortete dieser.
    – Ist ihre Zahl bedeutend?
    – Zwölf bis dreizehnhundert, immerhin die Bevölkerung eines großen Marktfleckens.«
    Um halb zwölf Uhr signalisirte man das Lichterschiff, welches, über und über mit Passagieren beladen, herankam. In den Cajüten eingepfercht, auf den Stegen lehnend, auf Bergen von Collis thronend, auf dem Radkasten ausgestreckt, kamen sie näher und boten unseren Blicken ein buntes Bild wirren Durcheinanders. Es befanden sich, wie ich später erfuhr, unter ihnen Californier, Canadier, Yankees, Peruaner, Südamerikaner, Engländer, Deutsche und zwei oder drei Franzosen. Unter ihnen zeichneten sich aus der berühmte Cyrus Field aus New-York, der sehr ehrenwerthe John Rose aus Canada, der sehr ehrenwerthe Mac Alpine aus New-York, Herr und Frau Alfred Cohen aus San Francisco, Herr und Frau Whitney aus Mont-Réal und der Kapitän Mac Ph … nebst Gemahlin. Unter den Franzosen befand sich der Gründer der
Société des Affréteurs du Great-Eastern
, Herr Jules D. als Vertreter der
Telegraph construction and maintenance Company
, die zu dem Geschäft eine Beisteuer von 20,000 Pfund geliefert hatte.
    Das Lichterschiff legte am Fuß der Steuerbordtreppe an, und nun begann der Act des Umsteigens von dem Lichterschiff auf den Great-Eastern, der sich jedoch so ruhig und ohne alle Hast vollzog, wie dies der Fall ist bei Leuten, die einen kleinen Umzug in ihrem eigenen Hause vornehmen. Franzosen hätten unter diesen Umständen jedenfalls geglaubt, sie müßten die Treppe wie im Sturm nehmen und sich hiebei wie richtige Zuaven geberden.
    Sobald ein Passagier den Fuß auf Deck des Great-Eastern gesetzt hatte, war seine erste Sorge, in die Speisesäle hinabzusteigen und hier einen Platz zu belegen, indem er ihn mit seiner Karte oder sonst einem Stückchen Papier mit darauf gekritzeltem Namen bezeichnete. Da gerade jetzt ein Gabelfrühstück aufgetragen wurde, hatten sich in wenigen Augenblicken die Reisenden um die Tische niedergelassen und lieferten den Beweis, daß die Angelsachsen es aus dem Grunde verstehen, die Langeweile einer Seefahrt mit guter Klinge zu bekämpfen.
    Was mich betrifft, so war ich auf dem Verdeck geblieben, um allen Einzelheiten der Aus-und Einschiffung folgen zu können. Um halb ein Uhr war das Gepäck endlich an Bord geschafft, und Tausende von Collis aller denkbaren Größen und Formen lagen rings umher aufgethürmt. Hier Kisten von der Größe eines Eisenbahnwaggons, die vollständige Meublements enthalten konnten, dort kleine zierliche Reisepäckchen, Säcke mit den wunderlichsten Zipfeln und Ecken, und dann wieder die so leicht an ihrer luxuriösen Sattlerarbeit kenntlichen Koffer und Köfferchen mit blanken Schnallen, glänzenden Kupferplatten und soliden Leinwandbezügen, von denen sich zwei oder drei große Initialen von weißem Metall abhoben. Bald war dieses ganze Chaos in den Magazinen, oder vielmehr in den Ausladestellen des Zwischendecks geordnet und untergebracht, und die Arbeiter und Träger stiegen wieder auf den Dampfer zurück, der unterdessen mit seinem schmutzigen Rauch die Beschläge und Schilder des Great-Eastern geschwärzt hatte.
    Ich wandte mich, um jetzt nach dem Vordertheil zurückzukehren, stand aber gleich darauf überrascht still, denn ich sah plötzlich denselben jungen Mann vor mir, der mir bereits auf dem Kai von New-Prince aufgefallen war.
    »Fabian! Du hier? rief ich überrascht.
    – Ich bin’s, mein lieber Freund.
    – So habe ich mich also nicht getäuscht, ich glaubte, Dich vor einigen Tagen bei der Abfahrt am Ufer zu erkennen.
    – Wohl möglich, antwortete er, ich habe Dich nicht bemerkt.
    – Und Du willst nach Amerika?
    – Gewiß! kann
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