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Eine Nacht in Bari

Eine Nacht in Bari

Titel: Eine Nacht in Bari
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Libreria Adriatica in der Via Andrea da Bari, die Libreria Roma an der Piazza Moro (einstmals Piazza Roma) und immer die Libreria Athena, in der es gebrauchte Bücher gab und damals auch ausgefallene Ratgeber. Sie waren eine meiner Leidenschaften oder, besser gesagt, eine fixe Idee.
    Als Kind (aber auch noch wesentlich später, wenn ich ehrlich bin) war ich von der etwas simplen Vorstellung überzeugt gewesen, dass man alles auch ohne Lehrer und
vor allem ohne anstrengende Kurse oder Übungen lernen könne. Ich bildete mir ein, dass man nur in eine Buchhandlung zu gehen brauchte, das richtige Handbuch finden und es einfach nur durchlesen musste. Paolo sagte einmal zu mir, dass ich eben einfach zu faul – und dabei zu schlitzohrig – sei, um mir wirklich die Mühe zu machen, etwas zu lernen, was mich interessierte. Stattdessen, warf er mir vor, kaufte ich mir schlaue Bücher, deren bloßer Besitz mir vorgaukelte, ich hätte damit auch die Techniken und Kenntnisse, die sie vermittelten, erworben. Ich nehme an, er hatte recht damit, und aus heutiger Sicht glaube ich nicht, dass er mir damit ein Kompliment machen wollte.
    Aber trotzdem, auch wenn ich den Selbstbetrug eigentlich durchschaute, machte es mir ungeheuren Spaß, in den hintersten Regalen der Buchhandlungen zu stöbern und mit Büchern nach Hause zu gehen, die Titel trugen wie: Die Geheimnisse des Zauberkünstlers. Kompletter Aufbaukurs für alle Schwierigkeitsstufen. Oder: Superhirn. Gedächtnistraining für Studium, Arbeit, Alltag . Oder: Workout bei den Marines. Ein neuer, starker und muskulöser Body in nur fünfzehn Minuten täglich. Oder: Jeder kann malen. Zeichnen lernen mit der Welt-auf-dem-Kopf-Technik. Oder: Ein neues Leben mit der sagenhaften nepalesischen Selbsthypnose. Oder: Der schnelle Weg zum Gitarristen. Vollständige Anleitung für die Folk-Gitarre.
    Na gut, diese Titel habe ich mir ausgedacht, aber die Idee dahinter – ein Buch in den Händen zu halten, ja, es physisch zu besitzen – das die notwendigen Geheimnisse
enthielt, um dieses theoretische Wissen praktisch umzusetzen, fand ich sehr beruhigend. Mehr noch: Sie gefiel mir ganz außerordentlich.
    Um nicht wie ein Vollidiot dazustehen, möchte ich noch klarstellen, dass ich mich nicht nur mit Handbüchern für frustrierte Pseudoexperten abgab. Ich kaufte auch Romane, soziologische und philosophische Sachbücher (dass ich sie meistens nicht komplett durchlas, steht auf einem anderen Blatt) und Comics.
    Vor allem aber liebte ich es, in den Regalen zu stöbern. Ich konnte stundenlang schauen, in den Büchern herumlesen, träumen und mich frei fühlen, während die Zeit, die so reichlich vorhanden und die mir so freundlich gesinnt war, langsam verrann.
    Ich stöbere auch heute noch gern, und zwar so wie damals, auch wenn die Zeit dafür nicht mehr ganz so reichlich bemessen ist.
    In Bari gibt es eine Menge Buchhandlungen, heute noch mehr als damals – ich habe vierunddreißig gezählt, einschließlich der Spezialbuchhandlungen für Esoterik, Reisen, Fantasy, der Antiquariate, der modernen Antiquariate (in denen man am Ende dann doch für jedes Buch, das nicht gerade die Anleitung zur Installation von Wasserrohren oder eine Geschichte der Literatur des Kosovo ist, den vollen Preis zahlen muss, weil es aus der Abteilung der regulären Titel stammt) und der Café-Buchläden. Nicht mitgerechnet sind jedoch die Universitätsbuchhandlungen und die Schreibwarenläden, die auch Bücher verkaufen. Die meisten sind immer noch in der Nähe der Universität angesiedelt. Das wiederum ermöglicht
mir, eine ganze Reihe von ihnen an einem einzigen Nachmittag zu überwachen. Den Großteil der Zeit verbringe ich natürlich in den beiden größten Buchhandlungen, das heißt in der Feltrinelli-Filiale und in der alten – aber auch neuen, weil umgebauten – Laterza-Buchhandlung. In regelmäßigen Abständen gehe ich auch in die anderen, wo ich oft Bücher finde, die es in den großen Ketten nicht gibt oder wo man sie nicht sieht.
    Eine kleine, aber feine Buchhandlung gefällt mir ganz besonders gut, auch wenn sie jenseits meiner üblichen Runde liegt. Sie befindet sich in der Via Villari, zwischen Corso Vittorio Emanuele und dem Staufer-Kastell, dort, wo die Altstadt, das Murat-Viertel und das Libertà-Viertel aufeinandertreffen. Der Laden ist winzig, mit Kunstbänden in der Auslage und ohne ersichtliche Ordnung auf den Tischen und Regalen. Die Buchhändlerin ist eine nicht mehr ganz junge Frau, die in
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