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Eine mörderische Hoch-zeit

Eine mörderische Hoch-zeit

Titel: Eine mörderische Hoch-zeit
Autoren: J. D. Robb
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Taschendieb geschickt an ihnen vorbeischob.
    Wenn sie in ihr Hotel zurückkämen, würden sie bemerken, dass sie um einige Kreditchips ärmer waren. Hätte sie die Zeit gehabt und einen Platz zum Parken ihres Fahrzeugs gefunden, hätte sie sich vielleicht an die Verfolgung des Straftäters gemacht. So jedoch tauchte er unbehelligt auf seinem Luftbrett im Gedränge unter und war, ehe sie nur blinzeln konnte, bereits außer Sicht.
    Dies ist eben New York, dachte sie mit einem schwachen Lächeln. Hier leben die Menschen auf eigene Gefahr.
    Sie liebte das Gedränge, den Lärm, die beständige Hektik. Man war selten allein, doch beinahe nie mit jemandem vertraut. Weshalb sie vor all den Jahren hierher gekommen war.
    Nein, sie war kein Herdenmensch, doch zu viel Platz und zu langes Alleinsein machten sie nervös.
    Es war ihr Wunsch gewesen, ein Cop zu werden. Sie glaubte an Recht und Ordnung, brauchte sie zum Überleben. Ihre schlimme, von Missbrauch geprägte Kindheit mit all den weißen Flecken und den dunklen Ecken konnte sie nicht ändern. Doch sie hatte sich verändert. Sie hatte die Kontrolle über ihr Leben übernommen, hatte sich zu dem Menschen geformt, der von irgendeiner anonymen Sozialarbeiterin Eve Dallas genannt worden war.
    Und jetzt würde sie sich abermals verändern. Nur noch ein paar Wochen und sie wäre nicht mehr nur Eve Dallas, Lieutenant der Mordkommission. Sie wäre obendrein die Ehefrau von Roarke. Wie es ihr gelingen sollte, diese beiden Rollen miteinander zu vereinen, war ihr ein größeres Rätsel als jeder der Fälle, mit denen sie im Verlauf ihrer Polizeiarbeit je konfrontiert gewesen war.
    Weder sie noch er wussten, was es hieß, eine Familie zu gründen und zu haben, Teil dieser Familie zu sein. Sie beide kannten Grausamkeit, Missbrauch und Verlassenwerden. Hatten sie einander eventuell aus diesem Grund gefunden? Weil sie beide wussten, wie es war, nichts zu haben, nichts zu sein, Angst und Hunger und Verzweiflung zu erleben? Weil sie beide die Menschen, die sie heute waren, selbst geschaffen hatten?
    Oder war es einfach das Verlangen nach Sex, nach Liebe und nach dem Verschmelzen mit einem anderen Wesen, das für sie, ehe sie Roarke getroffen hatte, unmöglich gewesen war?
    Vielleicht sollte sie Doktor Mira diese Frage stellen, der Polizeipsychologin, mit der sie viele ihrer Fälle eingehend besprach.
    Doch momentan dachte sie am besten weder an die Zukunft noch an die Vergangenheit, denn die Gegenwart war kompliziert genug.
    Drei Blocks oberhalb der Greene Street nutzte sie die Chance und quetschte ihren Wagen in eine kleine Parklücke direkt am Straßenrand. Nach gründlicher Durchsuchung ihrer Taschen fand sie die Kreditchips, nach der die alte Parkuhr mit monotoner Stimme rief, und schob genügend Münzen für die nächsten beiden Stunden in den Schlitz.
    Wenn es länger dauern würde, wäre sie bereit für einen Psychiater, und ein Strafzettel wäre ihr dann vollkommen egal.
    Sie atmete tief durch und blickte sich um. Es geschah nicht allzu häufig, dass sie direkt in die City kam. Natürlich kam es allerorts zu Morden, aber SoHo war die Hochburg armer, junger Künstler, die ihre Streitereien bei endlosen Gesprächen über kleinen Gläsern billigen Rot- oder Weißweins oder großen Tassen Milchkaffees friedlich beizulegen pflegten.
    Der Sommer war in SoHo eingekehrt. Blumenverkäufer boten klassische rote und pinkfarbene Rosen neben gestreiften Hybridgewächsen feil. Dröhnende Autos verstopften die Straßen, und uralte Flieger rumpelten keuchend über den Köpfen der sich auf Gleitbändern und Gehwegen drängenden Passanten durch die Luft. Überall sah man die momentan in Europa modernen, weich fließenden Roben, künstlerisch verzierte Sandalen, elegante Frisuren und schimmernde Bänder, die von den Ohrläppchen bis auf die Schulterblätter herabhingen.
    Straßenkünstler boten ihre Ölgemälde, Aquarelle und Computerbilder an den Straßenecken und vor den Geschäften neben Essensständen an, an denen man Hybrid-Früchte, eisgekühltes Jogurt oder konservierungsmittelfreie Gemüseaufläufe bekam.
    Lecker.
    Mitglieder der in SoHo ansässigen Reinheitssekte glitten in ihren schneeweißen, vom Straßenstaub bedeckten Kleidern, mit leuchtenden Augen und kahl rasierten Köpfen lautlos an ihr vorbei. Eve drückte einem besonders fromm wirkenden Jünger ein paar Kreditchips in die Hand und wurde dafür mit einem engelsgleichen Lächeln und einem auf Hochglanz polierten Kieselstein
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