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Eine Marcelli geht aufs Ganze

Eine Marcelli geht aufs Ganze

Titel: Eine Marcelli geht aufs Ganze
Autoren: Susan Mallery
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sie an die Art, mit der Jäger ihre Beute belauerten. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie an Gazellen dachte, die von Löwen gerissen wurden. Unglücklicherweise ähnelte sie in ihrer momentanen Verfassung eher einem Wasserbüffel als einer Gazelle.
    Er wirkte selbstbewusst, wichtig und mächtig. Nicht gerade die Art Mann, von der man erwartete, dass sie stehen blieb, um einer unattraktiven Schwangeren in Not zu helfen. Männer wie er schickten ihre Assistenten, um sich um die unangenehmen Dinge des Lebens zu kümmern.
    »Sprechen Sie Englisch?« Er betonte jedes Wort sehr deutlich.
    »Was? Oh, natürlich.« Sie atmete tief ein. Was war nur mit ihr los? Sie hätte ihren akuten mentalen Schluckauf ja gern auf eine Lebensmittelvergiftung geschoben, doch leider hatte sie an diesem Tag noch nichts gegessen. »Ich bin, äh ...« Francesca räusperte sich. Ihr Gehirn schien wieder zu arbeiten, und ihr fiel endlich wieder ein, was sie sagen sollte.
    »Hallo. Ich bin Francesca. Ich soll diese Pakete hier abliefern, aber da scheint es ein Problem zu geben.« Sie zeigte auf die geschlossene Bürotür.
    Der Mann schaute erst auf die Kartons, die alle sorgfältig an die nicht mehr existente Firma adressiert waren, und dann zu der Tür, auf der ein handgeschriebener Zettel verriet, dass ›Malcom und White Data Tech‹ hier nicht mehr zu finden war.
    »Die Lieferung hier abzugeben war der letzte Auftrag, den mein Chef mir erteilt hat, bevor er die Stadt verließ«, sagte sie. »Wenn ich sie nicht ausliefere, wird er mich umbringen.«
    Francesca bemühte sich, verzweifelt auszusehen. Dazu musste sie nur an ihren Kontostand und die bald fällig werdende Stromrechnung denken. Irgendwann würde sie die Früchte ihres Hochschulstudiums ernten, aber solange sie noch nicht promoviert hatte und keinen Doktortitel benutzen konnte, schien sie zu einem Leben in Armut verdammt.
    »Da werden Sie wohl seine Wut riskieren müssen«, sagte der Mann ruhig. »Diese Kartons gehen heute nirgendwo mehr hin. Die Firma existiert nicht mehr. Nach allem, was ich gehört habe, haben die Gesellschafter die Stadt mit den letzten paar Dollar, die noch übrig waren, fluchtartig verlassen und ihre Angestellten ohne Bezahlung, aber dafür mit einer ganzen Reihe verärgerter Kunden zurückgelassen. Wie heißen Sie noch mal?«
    »Francesca Marcelli.«
    Er lächelte sie an. Als würde er sich wirklich freuen, sie kennenzulernen. Ein echtes Lächeln, das bis zu seinen Augen reichte, wo es kleine Fältchen in die Winkel zeichnete. Mit einem Mal wurden ihre Handflächen ganz feucht. So viel Spaß hatte sie seit Tagen nicht gehabt.
    Ihr Retter stellte sich als Sam Reese vor.
    »Kommen Sie, ich bringe Sie erst mal aus diesem Flur heraus, und dann überlegen wir, was wir tun können.«
    Wir? Sie waren jetzt ein Wir?
    Sam schnappte sich den Wagen und schob ihn mit einer Leichtigkeit den Flur hinunter, die Francesca neidisch machte. Na gut, er musste sich auch keine Sorgen machen, dass sein falscher Schwangerschaftsbauch ihn behinderte. Langsam ging sie hinter ihm her und fragte sich, was er wohl als Nächstes tun würde. Wie weit würde Sam die Sache treiben? In Situationen, wie dieser hier – die eindeutig kein Notfall war – stellten die Menschen ihre Hilfe meistens an dem Punkt ein, an dem es für sie unbequem wurde.
    »Einfach da hindurch!« Er zeigte auf eine gläserne Doppeltür.
    Bevor Francesca den Namen der Firma lesen konnte, wurde eine der Türen geöffnet und ein großer Mann trat auf den Flur. Unwillkürlich blieb sie stehen und starrte ihn an.
    Der Mann musste mindestens zwei Meter groß sein. Er war gebaut wie ein Berg, hatte einen kräftigen Hals und Schultern, die breit genug waren, um ein paar Wohnwagen abzustützen. Mit seiner dunklen Haut, dem stechenden Blick und dem festen, vollkommen ernsten Mund sah er gefährlich und ziemlich Angst einflößend aus.
    »Sam«, sagte der Mann und ließ seinen Blick zwischen ihrem Retter und ihr hin- und hergleiten. »Gibt es ein Problem?«
    »Vielleicht ja.« Sam warf ihr einen Blick zu. »Ms Marcelli versuchte, bei ›Malcom und White‹ eine Lieferung abzugeben.«
    »Die haben letzte Woche dichtgemacht.«
    »Ja, das habe ich Ms Marcelli bereits erklärt.« Er zeigte auf den beladenen Wagen. »Bring den bitte rein, Jason, und lagere die Kartons in einem unserer Konferenzräume.« Er wandte sich wieder Francesca zu. »Wenn Ihr Chef erwartet, dass diese Lieferung bezahlt wird, muss ich Sie
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