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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite
Autoren: Alexander Kent
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damals!«
    Und er grinste die anderen vergnügt an.
    Bolitho mußte lächeln. Schön, daß Inch, wenn er auch keine Ahnung von den Fakten hatte, immer noch wie früher war. Und sein munterer Kommentar hatte wenigstens die Distanz zwischen ihm und den Geschwaderoffizieren etwas gemindert.
    »Danke, Commander Inch. Ihr Optimismus macht Ihnen Ehre.«
    Errötend vor Freude verbeugte sich Inch.
    »Dennoch – wir haben keine verläßlichen Nachrichten darüber, in welche Richtung die Franzosen vorstoßen werden. Das Gros unserer Flotte operiert vom Tejo aus, um einen Keil zwischen die Franzosen und ihre spanischen Verbündeten zu treiben. Einerseits könnte der Feind Portugal angreifen, wegen unserer dortigen Präsenz, oder er könnte auch nochmals eine Invasion Irlands versuchen.« Bolitho konnte seine Erbitterung nicht verbergen. »So wie im vorigen Jahr, als in unserer Flotte Zustände herrschten, die zu den großen Meutereien bei Spithead und in der Themseflotte führten.«
    Farquhar sah auf seine Manschetten nieder: »Sie hätten tausend von diesen Teufeln hängen sollen, nicht bloß ‘ne Handvoll!«
    Bolitho warf ihm einen kalten Blick zu. »Wenn man vorher etwas mehr an die berechtigten Bedürfnisse der Matrosen gedacht hätte, dann wären vielleicht überhaupt keine Strafen nötig gewesen!«
    Farquhar lächelte unbekümmert. »Verstehe, was Sie meinen, Sir.«
    Bolitho blickte auf seine durcheinandergeratenen Papiere nieder, um sich nichts anmerken zu lassen. Er hätte gar nicht auf Farquhars Scharfmacherei eingehen sollen.
    »Unsere Aufgabe ist zunächst«, fuhr er fort, »zu erkunden, wie die Vorbereitungen der Franzosen im Golfe du Lyon vorangehen. Und zwar in Toulon, Marseille und anderen Häfen, in denen wir Feindtätigkeit beobachten können.« Er blickte jedem einzelnen ins Gesicht. »Unsere Flotte ist weit auseinandergezogen. Auf keinen Fall darf der Feind eine Möglichkeit erhalten, sie so zu zerstreuen, daß er sie Schiff um Schiff vernichten kann. Andererseits wäre es sinnlos, eine große Flotte am einen Ende des Ozeans zu stationieren, während der Feind sich am anderen aufhält. Aufspüren, stellen, in ein Gefecht verwi ckeln – anders geht es nicht.«
    »Mein Schiff ist unsere einzige Fregatte, Sir«, warf Javal düster dazwischen.
    »Ist das eine Feststellung oder eine Beschwerde?« Javal zuckte die Achseln. »Ein chronisches Übel, Sir.«
    Probyn sah erst ihn und dann Farquhar auf seine schnelle, verstohlene Art an. »Ein großes Risiko. Und wenn wir auf überlegene Verbände stoßen, haben wir keine Unterstützung.«
    »Aber zumindest wissen wir dann, wo sie sind, mein lieber George«, erwiderte Farquhar kühl.
    »Die Lage ist ernst«, mahnte Herrick.
    »Offenbar«, erwiderte Farquhar mit blitzenden Augen. »Also wollen wir sie auch ernsthaft angehen.«
    »Eins ist jedenfalls sicher«, sagte Bolitho, und aller Augen wandten sich ihm wieder zu, »wir müssen gut abgestimmt operieren. Wie Sie über den Sinn dieser Befehle denken, ist mir gleich, wir müssen sie jedenfalls in Taten umsetzen. Und sie so ausführen, daß die Flotte und das Land den größtmöglichen Nutzen davon haben.«
    »Der Ansicht bin ich auch, Sir«, nickte Farquhar. Die anderen blieben stumm.
    »Nun gehen Sie bitte wieder an Bord Ihrer Schiffe und unterrichten Sie Ihre Leute über unsere Aufgabe. Und heute abend bitte ich Sie, bei mir zu speisen.«
    Im Aufstehen überlegten bereits alle, wie sie seine Worte ihren Untergebenen beibringen konnten. Wie Bolitho würde jeder von ihnen, mit Ausnahme von Inch, erst einmal an Bord allein sein wollen, um sich auf das einzustellen, was auf ihn zukam. Aber viel Zeit blieb ihnen nicht. Er mußte jeden einzelnen besser kennenlernen; wenn die
Lysander

ein Signal setzte, mußte jeder Kommandant die Gedanken des Mannes lesen können, von dem es kam.
    Einer nach dem anderen verabschiedete sich. Probyn ging als letzter; das hatte Bolitho vorher gewußt.
    »Schön, Sie wiederzusehen, Sir«, sagte er verlegen. »Damals, das waren tolle Zeiten. Ich habe immer gewußt, daß Sie Erfolg haben, berühmt werden.« Seine Blicke schossen in der Kajüte umher. »Ich hatte weniger Glück, aber meine Schuld war es nicht. Wenn man keine Verbindungen hat…« Er vollendete den Satz nicht.
    »Es macht mir meine Aufgabe leichter, daß ich alte Freunde um mich habe«, antwortete Bolitho lächelnd.
    Als die Tür sich geschlossen hatte, schritt Bolitho langsam zu dem Weinschrank aus massivem Mahagoni, den er aus
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