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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite
Autoren: Alexander Kent
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Franzosen unsere Schwächen bald ausnutzen. Ihre Order sagt Ihnen nur,
was
Sie zu tun haben.
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Sie es machen, können nur Sie entscheiden.« Wieder dieses trockene Auflachen. »Ich wollte eigentlich Nelson dafür, aber der ist nach dem Verlust seines Armes noch zu geschwächt. Beauchamp hat Sie ausgesucht, damit Sie Bonaparte am Bauch kitzeln. Um unser aller willen hoffe ich, daß er eine gute Wahl getroffen hat.«
    Und nun, nach all diesen Besprechungen, dem Wühlen in Agentenberichten, dem Sondieren, was von den zahllosen Vermutungen über Absichten und Motive des Feindes wirklich wichtig war, befand sich Bolitho endlich an Bord seines Flaggschiffes. Jenseits der dicken Fensterscheiben lagen andere Schiffe, die ihm sämtlich durch den breiten, gespaltenen Wimpel verbunden waren, der im Masttopp flatterte, seit er unter dem Knallen der präsentierten Musketen, dem Spiel der Pfeifen und Trommeln an Bord geklettert war. Immer noch konnte er es nicht glauben. Er war doch derselbe wie vorher: voller Ungeduld, mit seinem neuen Schiff in See zu gehen. Aber der Unterschied würde bald überall deutlich werden. Als sein Erster Offizier hatte Herrick bisher zwischen Kommandant und Mannschaft gestanden, Bindeglied und Schranke zugleich. Jetzt, als Flaggkapitän, stand Herrick zwischen ihm und den anderen Offizieren, zwischen dem kleinen Geschwader und jedem einzelnen Mann auf jedem einzelnen Schiff: fünf Schiffe mit insgesamt über zweitausend Mann. Daran zeigte sich die Bedeutung seiner Stellung als Geschwaderkommodore und die gestiegene Aufgabe Herricks.
    »Was macht der junge Adam Pascoe?« fragte Bolitho. »Ich habe ihn beim Anbordkommen nicht gesehen.« Schon als er fragte, sah er, daß Herrick plötzlich ein Dienstgesicht bekam.
    »Ich wollte es Ihnen gerade erzählen, Sir. Er liegt im Krankenrevier. Ein kleiner Zwischenfall, aber Gott sei Dank nichts Ernstes.«
    »Die Wahrheit, Thomas!« verlangte Bolitho. »Ist mein Neffe krank?«
    Herrick sah auf, seine blauen Augen blitzten auf einmal ärgerlich.
    »Ein dummer Streit mit dem Sechsten Offizier der
Osiris
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Sir, der ihn irgendwie beleidigte. Sie hatten beide dienstlich an Land zu tun, und bei der Gelegenheit trugen sie die Sache aus.«
    Bolitho zwang sich, langsam ans Heckfenster zu treten und die Wasserwirbel am Ruder zu betrachten.
    »Ein Duell?«
    Schon beim bloßen Klang des Wortes wurde ihm übel. Zum Verzweifeln war das! Sollte Adam nach seinem Vater Hugh Bolitho schlagen? Nur das nicht!
    »Reiner Übermut wahrscheinlich«, antwortete Herrick, aber es klang nicht sehr überzeugt. »Jedenfalls ist keiner ernstlich verletzt. Immerhin hat der andere wohl mehr abbekommen als Adam.«
    Bolitho wandte sich um. »Ich will ihn sofort sprechen«, sagte er leise.
    Herrick schluckte. »Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, möchte ich die Sache selbst regeln.«
    Bolitho spürte, daß sich eine große Kluft zwischen ihn und seinem Freund auftat. Langsam nickte er.
    »Gewiß, Thomas. Adam Pascoe ist zwar mein Neffe, aber jetzt vor allem einer Ihrer Offiziere.«
    Herrick sprach nun wieder etwas weniger förmlich. »Tut mir leid, daß ich Ihnen schon in der ersten Stunde an Bord Ärger bereiten muß, Sir. Um alles in der Welt hätte ich das lieber vermieden.«
    Bolitho lächelte ernst. »Ich weiß. Dumm von mir, mich da einmischen zu wollen. Ich war schließlich selbst Flaggkapitän und habe mich oft geärgert, wenn mein Vorgesetzter mir dazwischenredete.« Herrick wollte das Thema wechseln; er sah sich in der geräumigen Kajüte um.
    »Hoffentlich entspricht alles Ihren Wünschen, Sir. Ihr Steward macht gerade das Dinner zurecht, und ich habe ein paar Matrosen abgestellt, Ihre Kisten wegzustauen.«
    »Danke. Ich bin durchaus zufrieden.« Er hielt inne: da war er wieder, der dienstliche Ton zwischen Vorgesetztem und Untergebenem. Sonst hatten sie immer alles miteinander geteilt, hatten sich verstanden.
    »Gehen wir bald in See, Sir?« fragte Herrick unvermittelt.
    »Aye, Thomas. Morgen vormittag, wenn der Wind günstig ist.«
    Er zog die Uhr und ließ den Deckel aufschnappen. »Ich würde gerne meine Offiziere…« Er zuckte zusammen: Selbst das war jetzt anders. »Ich möchte die Kommandanten des Geschwaders sprechen, so bald es geht. Vom hiesigen Gouverneur habe ich noch Depeschen bekommen, und wenn ich sie gelesen habe, werde ich dem Geschwader mitteilen, um was es geht.« Er lächelte. »Machen Sie kein so bekümmertes Gesicht, Thomas, für mich ist es ebenso schwer wie für
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