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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Hitler
seinerseits Amerika den Krieg erklärte, als im Herbst 1942 die deutschen
Truppen in Nordafrika zurückgeworfen und im Januar 1943 vor Stalingrad von den Russen
geschlagen wurden und als die Luftwaffe sich als machtlos erwies, die
furchtbaren Bombenangriffe auf deutsche Städte zu verhindern, zeigte es sich,
dass man bloß mit Worten und Trompeten nicht siegen kann. Als Winston Churchill
in England zur Zeit einer fast aussichtslosen Lage die Regierung übernahm,
sagte er: »Ich verspreche nichts als Blut, Schweiß und Tränen.« Und gerade
darum haben wir ihm auch geglaubt, wenn er uns einen Hoffnungsschimmer zeigte.
Wie viele deutsche Hörer später den Ausreden und Versprechungen auch nur
Beachtung schenkten, die ich tagaus, tagein im deutschen Rundfunk hörte, weiß
ich nicht.
    Ich weiß nur, dass weder die deutschen Hörer noch wir damals etwas
von dem furchtbarsten Verbrechen erfuhren, das im Krieg von den Deutschen verübt
wurde. In diesem traurigen Zusammenhang muss und darf ich hier auf das Kapitel »Eine neue Welt« verweisen. Dort heißt es von den spanischen Eroberern
von Mexiko, dass sie anfingen, »dort und in anderen Gegenden Amerikas das alte
kultivierte Volk der Indianer in der scheußlichsten Weise auszurotten. Dieses
Kapitel in der Geschichte der Menschheit ist so entsetzlich und so beschämend
für uns Europäer« – so schrieb ich dort –, »dass ich lieber davon schweige …«
    Ich hätte noch lieber von jener großen Untat geschwiegen, die in unserem
Jahrhundert verbrochen wurde, denn schließlich wendet sich dieses Buch ja an junge
Leser, denen man gerne das Ärgste ersparen will. Aber auch Kinder wachsen einmal
heran, und so müssen auch sie aus der Geschichte lernen, wie leicht die Hetze und
die Intoleranz Menschen in Unmenschen verwandeln können. Es wurden nämlich in den
letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges die jüdischen Bewohner aller Länder von Europa,
die die deutsche Armee besetzt hielt – Millionen von Männern, Frauen und Kindern –, aus ihrer Heimat vertrieben, meist nach Osten transportiert und dort
ermordet.
    Davon, wie gesagt, erzählte der deutsche Rundfunk seinen Hörern
nichts, und wie viele andere wollte auch ich es zunächst kaum glauben, als bei
Kriegsende 1945 diese unfassbaren Tatsachen bekannt wurden. Leider gibt es aber
unzählige Beweise dafür, dass dieses ungeheuerliche Verbrechen wirklich verübt
wurde, und obwohl es nun schon so viele Jahre zurückliegt, ist es unendlich
wichtig, dass es nicht vergessen und vertuscht wird.
    In dem Völkergemisch unserer kleinen Erde wird es immer notwendiger
werden, dass wir uns zur Achtung und gegenseitigen Toleranz erziehen, schon
darum, weil wir einander durch technische Errungenschaften immer näher auf den
Leib gerückt sind.
    Auch das hat der Weltkrieg gezeigt, denn die fast unerschöpflichen
Kraftreserven der amerikanischen Rüstungsindustrie, die auch England und
Russland zugute kamen, machten ja das Ende unvermeidlich. So verzweifelt die
deutschen Soldaten auch Widerstand leisteten, es gelang den Engländern und
Amerikanern doch, im Sommer 1944 in der französischen Normandie zu landen und
gegen Deutschland vorzudringen. Gleichzeitig verfolgten die Russen die
geschwächte deutsche Armee und erreichten schließlich im April 1945 Berlin, wo
sich Hitler das Leben nahm. Von einem Friedensvertrag was diesmal nicht mehr
die Rede. Die Sieger hielten Deutschland weiterhin militärisch besetzt, und
durch viele Jahrzehnte verlief eine streng bewachte Grenze mitten durch
Deutschland zwischen dem Einflussbereich des kommunistischen Russland und dem
der westlichen Demokratien.
    Freilich war mit der Niederlage Deutschlands der Weltkrieg
noch nicht zu Ende, denn die Japaner, die inzwischen ganze Teile Asiens erobert
hatten, waren noch lange nicht geschlagen. Aber als kein Ende abzusehen war,
setzten die Amerikaner eine gänzlich neue Waffe ein: die Atombombe.
    Zufällig war ich kurz vor Kriegsausbruch mit einem jungen Physiker
zusammengekommen, der von einem Artikel sprach, den der große dänische
Naturwissenschaftler Niels Bohr veröffentlicht hatte. Er sprach dort von der
theoretischen Möglichkeit, eine »Uranbombe« zu konstruieren, die an
Zerstörungskraft jeden bekannten Explosivstoff weit übertreffen würde. Wir
waren uns damals einig, man müsse hoffen, dass eine solche unvergleichliche
Waffe zunächst höchstens über einer unbewohnten Insel abgeworfen werden sollte,
um Feind und Freund zu beweisen, dass alle
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