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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Autoren: Ernst H. Gombrich
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ich als Student nach Berlin kam, stand dort am
Straßeneingang der Häuser oft »Aufgang nur für Herrschaften«, was mir damals
schon peinlich war. Dienstleute und Lieferanten mussten die Hintertreppe
benutzen und durften auch dann nicht im Aufzug fahren, wenn sie schwer zu
tragen hatten.
    Das ist ja doch nun vorüber wie ein schlechter Traum. Gewiss gibt es
leider noch immer Elend und Elendsquartiere in den Städten von Europa und Amerika,
aber die meisten Fabrikarbeiter, ja sogar die meisten Arbeitslosen leben heute besser,
als manche Ritter im Mittelalter auf ihren Burgen gelebt haben mögen. Sie essen
besser, sie sind vor allem gesünder und leben in der Regel auch länger, als das
noch vor einiger Zeit der Fall war. Die Menschen haben ja seit je von einem »goldenen
Zeitalter« geträumt, aber nun, da ein solches goldenes Zeitalter für so viele beinahe
verwirklicht ist, will es niemand wahrhaben.
    In den östlichen Ländern, denen die russische Armee das
kommunistische System aufgezwungen hatte, war das allerdings ganz anders: Vor
allem die Bevölkerung in Ostdeutschland, die schon so lange zugeschaut hatte,
wie viel besser ihre Nachbarn im Westen lebten, weigerte sich eines Tages, die
schweren Opfer weiterhin auf sich zu nehmen, die das kommunistische
Wirtschaftssystem von den Menschen forderte. Und so geschah im Jahre 1989 das
Unerwartete und Unglaubliche: Es gelang den Ostdeutschen, die Öffnung der
Grenze zu erzwingen, und die beiden Teile Deutschlands wurden wiedervereinigt.
Die Stimmung griff auf Sowjetrussland über, und das Regierungssystem dort und
in den übrigen osteuropäischen Ländern brach zusammen.
    Ich schloss damals das Kapitel über den Ersten Weltkrieg mit den
Worten: »Alle hoffen wir auf eine bessere Zukunft, sie muss doch kommen.« Ist sie also wirklich gekommen? Noch längst nicht für all die
vielen Menschen, die unsere Erde bevölkern. Unter den stets anwachsenden
Menschenmengen in Asien, Afrika und Südamerika herrscht noch dieselbe Not, die
auch in unseren Ländern vor gar nicht so langer Zeit als selbstverständlich
hingenommen wurde. Da ist nicht so leicht Abhilfe zu schaffen, besonders weil
auch dort, wie immer, mit dem Elend die Intoleranz Hand in Hand geht. Aber mit
der verbesserten Nachrichtenübermittlung hat sich auch das Gewissen der
reicheren Nationen ein wenig bemerkbar gemacht. Wenn ein Erdbeben, eine
Sturzflut oder eine Trockenheit in weiter Ferne viele Opfer fordert, so stellen
doch Tausende in den wohlhabenden Gegenden ihre Mittel und ihre Kräfte zur
Verfügung, um Hilfe zu schaffen. Auch das gab es früher nicht. Es ist doch ein
Beweis dafür, dass wir das Recht haben, auch weiter auf eine bessere Zukunft zu
hoffen.

 
    Ernst H. Gombrich (1909–2001) war ein britischer
Kunsthistoriker österreichischer Herkunft, der am Warburg Institute in London
wirkte. Gombrich gilt als einer der weltweit angesehensten Kunsthistoriker. Er
hat nicht nur die Grundfragen der Kunstwissenschaft neu durchdacht, sondern
auch Brücken zu Nachbardisziplinen von der experimentellen Psychologie bis zur
Humanismusforschung und der Geschichte der Rhetorik geschlagen.
     
     
    Kat Menschik lebt als freie Illustratorin in Berlin und im
Oderbruch. Sie zeichnet regelmäßig für die Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung und die Brigitte .
Für den DuMont Buchverlag illustrierte sie »Schlaf« von Haruki Murakami.
Zuletzt erschien von ihr »Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere
Island-Sagas«.
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