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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition)
Autoren: Elfriede Fuchs
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Kinderfrau, wurde wach. Sie nahm ihn in die
Arme und zog ihm die Decke über den Kopf, doch die Stimmen waren trotzdem
deutlich zu verstehen. Er erkannte die Stimme des Königs.
    „Wie kannst du es wagen! Habe ich dir nicht gesagt, du
sollst mir mit dem Gewürm vom Leib bleiben?“
    Dann war die höhere, aber fast ebenso laute Stimme seiner
Mutter zu hören. „Du bist selbst schuld, dass sie dich gebissen hat! Warum
überfällst du mich mitten in der Nacht?“
    „Muss ich mich vielleicht schriftlich anmelden, bevor ich
komme? In meinem eigenen Haus? Bin ich hier weniger erwünscht als dieses
ekelhafte Vieh?“
    „Jedenfalls wenn du betrunken bist! Meine Schlangen sind
nicht ekelhaft, sondern du bist es! Ein gefühlloser, betrunkener Barbar!“ Eine
unheilverkündende Pause folgte, dann wurde ihre Stimme schrill. „Wage es
nicht!“
    „Und ob ich es wage!“
    Alexander hörte ein tönernes Scheppern, gefolgt von einem
angstvollen Aufschrei. „Du betrunkenes Schwein! Widerlicher Barbar!
Verschwinde! Raus hier!“
    „Mit Vergnügen! Ich hab es nicht nötig, meine Zeit mit einer
verrückten Schlangenbeschwörerin zu verschwenden!“
    Darauf war lautes Türenknallen zu hören und dann nur noch
Schluchzen.
    Lanika ließ Alexander los und zog ihm die Decke vom Kopf.
„Bleib liegen, hörst du? Ich komme gleich wieder. Bleib liegen!“
    Sie stand auf und huschte davon. Alexander wartete einen
Augenblick, dann schlüpfte er zur Tür und schlich auf nackten Füßen ein Stück
die Treppe hinunter. Unten lagen überall Scherben von zerbrochenen Tonkrügen
über den Boden verstreut. Seine Mutter saß schluchzend auf einem Stuhl, die
Hände vor das Gesicht geschlagen, während Pyrrha und Lanika sie trösteten.
Inzwischen versuchten Gorgo und die anderen Dienerinnen, die Schlangen wieder
einzufangen. Von oben, wo seine Schwester Kleopatra mit ihrer Amme schlief, war
Kindergebrüll zu hören.
    Langsam wurden seine Füße kalt, und er trat von einem Fuß
auf den anderen. Lanika bemerkte die Bewegung und blickte auf. Sie lief zu ihm,
packte ihn unter den Armen und schleppte ihn die Treppe hinauf, zurück ins
Bett. „Schlaf jetzt! Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Ab und zu
streiten Eltern sich eben, morgen vertragen sie sich wieder. Mach dir keine
Sorgen.“
    „Warum war der König so böse?“
    „Weil er Delphyne im Bett deiner Mutter gefunden hat. Sie
hat ihn gebissen. Schlaf jetzt!“
    Delphyne war die größte von Olympias’ Schlangen, aber
normalerweise ungefährlich. Trotzdem konnte Alexander verstehen, warum der
König wütend war. Übrigens kam ihm Delphynes Anwesenheit im Bett seiner Mutter
weit weniger merkwürdig vor als die seines Vaters. Er konnte sich beim besten
Willen nicht vorstellen, was er dort gewollt hatte.

3
    Er spürte, dass dies ein heiliger Ort war. Das Sonnenlicht
schimmerte golden durch das Geäst der Bäume und brachte das Grün zum Leuchten,
ebenso das bräunliche Gelb der abgefallenen Nadeln, die wie ein Teppich den
Boden bedeckten. Es war still, nur das Wehen des Windes war zu hören, die
gedämpften Stimmen der Frauen, die auf der Lichtung warteten, und die weiter
entfernten der Soldaten. Die Luft war sommerlich warm, sie roch nach
Kiefernnadeln.
    Olympias sprach noch immer mit der Priesterin vor dem
kleinen Tempel. Nun sah sie zu ihm herüber und winkte ihn zu sich. „Dieser
heilige Hain und der Tempel darin sind der Artemis geweiht“, sagte sie. „Ich
komme oft her, um der Göttin zu opfern. Möchtest du sie sehen?“
    Er sah von seiner Mutter zu der Priesterin. Sie war alt,
hatte dünnes, weißes Haar und ein freundliches Gesicht. Da sie ermutigend
lächelte, nickte er, und sie wandte sich um, um die Tür des kleinen Tempels
aufzuschließen.
    Drinnen war es dunkel. Das einzige Licht kam von dem Feuer,
das in einem Becken vor dem Bild der Göttin brannte. Die Statue war viel
kleiner, als er erwartet hatte, nur halb so groß wie ein Mensch, doch sie stand
auf einem hohen Sockel, und er musste den Kopf in den Nacken legen und zu ihr
aufsehen.
    Feierlich sagte Olympias: „Das ist Artemis, die Große
Jägerin, die Herrin der Tiere, die Beschützerin der Kinder!“
    Die Priesterin fügte hinzu: „Dieses Bildnis ist uralt! Es
ist noch aus Holz gemacht und nicht aus Bronze oder Stein wie die neueren
Götterbilder. Aber gerade deshalb ist es besonders heilig. Es stammt noch aus
der Zeit, als unsere Ahnen in dieses Land kamen und ihre Götter mitbrachten.“
    Das Bild der Göttin war
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