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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition)
Autoren: Elfriede Fuchs
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redlich verdient. Er zeigte auf den
letzten freien Platz. „Stell deine Statuette dazu.“
    Sie sah herab auf ihr Ebenbild in ihrer Hand. „Das würdest
du für mich tun?“
    „Ja, das tue ich“, erwiderte er. „Aber ich verlange etwas dafür.“
    „Du weißt, dass ich alles für dich tun würde.“
    „Ich möchte, dass du dich um Thessalonika kümmerst wie um
deine eigene Tochter.“
    „Das tue ich bereits.“
    „Und noch etwas möchte ich von dir: Während ich fort bin –
ich will nicht, dass jemandem etwas geschieht! Nicht Kynnana und ihrer kleinen
Tochter, nicht Philinna und Arrhidaios und auch niemandem sonst. Kein Gift,
kein Zauber, kein Blutvergießen. Versprich es mir!“
     „Ich verspreche es bei allen Göttern, die mir heilig sind.“
    Damit beugte Olympias sich vor und stellte die Statuette in
den Tempel, gleich neben die Philipps. Als sie sich wieder aufrichtete,
lächelte sie, und mit einem Mal erinnerte sie ihn wieder an die Mutter, die er
vor langer Zeit gekannt hatte: die schönste Frau der Welt, die Meeresgöttin,
die den Strand hinaufwatete. Er trat zu ihr und legte seine Arme um sie, und
als sich ihre Wange an seinen Hals drückte, spürte er, dass sie nass von Tränen
war. Behutsam strich er ihr über das Haar. Erst jetzt, wo er erkannt hatte,
dass er selbst nicht besser war als sie, konnte er ihr vergeben.
    Nach einiger Zeit löste sie sich von ihm und sah zu ihm auf.
„Morgen wirst du fortgehen, und ich weiß, dass ich dich nicht wiedersehen
werde.“
    „Warum sagst du das? Natürlich sehen wir uns wieder.“
    „Nein, das werden wir nicht. Niemals. Aber ich werde nicht
aufhören zu warten, und in meinen Gedanken werde ich immer bei dir sein. Ich
weiß, dass ich dich fast verloren hätte, durch meine eigene Schuld, aber eines
musst du wissen: Ich werde immer auf deiner Seite stehen, unverbrüchlich und
bedingungslos. Der einzige Mensch, dem du rückhaltlos vertrauen kannst.“
    „Ich weiß“, erwiderte er, obwohl es wusste, dass es nicht
ganz der Wahrheit entsprach.
    Sie ließ ihn los und trat ein paar Schritte zurück, um
Fassung ringend. „Geh jetzt. Ich werde für dich beten.“
    Er wandte sich um und ging. An der Tür blieb er stehen und
sah noch einmal zu ihr zurück. Sie stand neben ihrem Hausaltar und hatte die
Hand auf den Stein gelegt, als suche sie Halt bei den Göttern, die sie hier all
die Jahre verehrt hatte, eine kleine, zerbrechliche Gestalt, kaum wahrnehmbar
in der Dunkelheit. Und obwohl er wusste, dass sie am Morgen am Palasttor stehen
und ihm nachschauen würde, war dies das Bild, das er für den Rest seines Lebens
von ihr behalten würde.

Epilog
    In voller Bewaffnung ritt er die Front des Heeres ab, das
vor den Mauern von Amphipolis Aufstellung genommen hatte. Es war sehr früh am Tag.
Während er langsam an den exakt ausgerichteten Reihen von Kriegern vorbei nach
Osten ritt, konnte er verfolgen, wie die Sonne den Horizont zum Glühen brachte
und ihre Strahlen wie Finger in die Dunkelheit griffen.
    Weiter vor ihm trugen Reiter die Standarten der Armee an ihr
vorüber, zum Klang von Flöten und Trommeln. Hinter ihm ritten seine Verwandten
und Freunde und alle, deren Platz während der altehrwürdigen Zeremonie der
Xanthika traditionell an der Seite des Königs war. Ein dumpfes Brausen erfüllte
die Ebene – wo auch immer er vorüberritt, begannen die Männer, seinen Namen zu
rufen und mit den Waffen an ihre Schilde zu schlagen.
    Sein Blick wanderte über die scheinbar endlose Kette von
eisengepanzerten Männern. Tief gestaffelt, die Front zur Straße ausgerichtet,
standen sie in Reih und Glied bis hin zu den Ausläufern der Hügel. Gleißend
fiel das Licht der aufgehenden Sonne auf Brustpanzer, Helme und Schilde und
verlieh ihnen Glanz wie von poliertem Silber. Hin und wieder frischte die
Morgenbrise auf und brachte die Rosshaarbüsche der Offiziere und ihre purpurgesäumten
Umhänge zum Flattern.
    Er hatte nun die gesamte Frontlinie passiert und ihr
östliches Ende erreicht, wo seine Gardetruppen standen, die Königs-Hypaspisten
und die Königliche Ile der Hetairen-Reiter. Er zog die Zügel an und ließ seinen
Blick über die Ebene nach Osten schweifen. Weiter vorn konnte er zwischen Gras
und Gestrüpp die Stelle ausmachen, wo die Hälften des toten Hundes zu beiden
Seiten der Straße lagen. Der Geruch des Kadavers machte die Pferde unruhig,
Bukephalos schnaubte und tänzelte und warf störrisch den Kopf zurück. Alexander
fasste die Zügel enger und
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