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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel
Autoren: Lindsey Davis
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kaum eine Veränderung. Man erwartete von ihm, dass er seine Karriere im Staatsdienst fortsetzte, nur befördert durch seinen neuen Rang. Das konnte sich in materieller Hinsicht auswirken. Ich hatte immer vermutet, dass Anacrites, nach einer Karriere als Spion, bereits ein heimliches Vermögen beiseite geschafft hatte. Er besaß zum Beispiel eine Villa in der Campania. Das hatte ich von Momus erfahren, einem Spitzel, zu dem ich gute Verbindungen hatte.
    Anacrites sprach nie über seine Herkunft, aber er war zweifellos ein ehemaliger Sklave. Selbst ein im Palast angestellter Freigelassener konnte eine Luxusvilla legitim nur als Belohnung für außergewöhnliche, lebenslange Dienste erwerben. Anacrites’ Alter hatte ich nie rausgekriegt, aber er sah nicht so aus, als stünde er kurz vor der Pensionierung. Er war kräftig genug, eine Kopfwunde zu überleben, die ihn hätte töten sollen, besaß noch eine Menge Zähne und den größten Teil seiner glatt zurückgekämmten schwarzen Haare. Nun gut, die andere Möglichkeit für Palastsklaven, sich hübsche Dinge anzueignen, war ganz eindeutig Bestechung. Jetzt, da er in den mittleren Rang erhoben worden war, würde er größere Bestechungssummen erwarten.
    Wir trennten uns ebenfalls schweigend. Er war nicht der Typ, mich zu einem Becher Wein einzuladen, um unsere Beförderung zu feiern. Ich hätte den Wein auch nicht runtergebracht.
    Für mich sah die Zukunft trübe aus. Ich war frei geboren, aber Plebejer. Heute war ich über Generationen schurkenhafter Didii erhoben worden – und wozu? Um ein Schurke zu sein, der seinen natürlichen Platz im Leben verloren hat.
    Ich verließ den Palast erschöpft und trübsinnig, mit dem Wissen, dass ich mein entsetzliches Schicksal jetzt Helena Justina erklären musste. Es war auch ihr Schicksal. Als Senatorentochter hatte sie ihr Patrizierheim für den Nervenkitzel und das Risiko verlassen, mit einem aus der Gosse stammenden Gauner zusammenzuleben. Helena mochte zurückhaltend wirken, aber sie war leidenschaftlich und dickköpfig. Mit mir zusammen hatte sie Gefahren und Schmach durchgestanden. Wir hatten gegen Armut und Fehlschläge gekämpft, obwohl es uns meist gelang, unser Leben auf unsere eigene Weise zu genießen. Sie hatte eine Unabhängigkeit gewählt, um die sie manche aus ihrer Gesellschaftsschicht beneiden mochten, die sich aber nur wenige zutrauen würden. Ich glaubte, dass es sie glücklich gemacht hatte. Von mir wusste ich es.
    Jetzt, nachdem mir drei Jahre lang der Ritterstand versprochen worden war, hatte ich ihn endlich bekommen – zusammen mit all seinen Einschränkungen. Ich würde mich mit kultivierteren Handelszweigen befassen müssen, mit den niederen Rängen der örtlichen Priesterschaft und zusehen, dass ich einen weniger gut bezahlten Verwaltungsposten bekam. Mit der Billigung der mir gesellschaftlich Gleichgestellten und einem Nicken der Götter war meine Zukunft festgelegt: M. Didius Falco, ehemaliger Privatermittler, würde drei Kinder haben, keine Skandale verursachen, und in vierzig Jahren würde man ihm zu Ehren eine kleine Statue errichten. Plötzlich klang das alles nicht mehr sehr spaßig.
    Helena Justina war nun zu ständiger langweiliger, respektabler Mittelmäßigkeit verurteilt. Als Skandalquelle hatte ich definitiv versagt.

III
     
     
    Also war mein erster Tag in Rom anstrengend genug gewesen. Den Abend hatte ich zu Hause mit Helena verbracht. Wir hatten versucht, uns unserem neuen Status anzupassen und überlegt, was er für uns bedeuten würde.
    Am nächsten Tag fand ich Maia und teilte ihr die schreckliche Nachricht mit. Die Tatsache, dass die Reise, auf der ihr Mann umgekommen war, mir besondere Belohnungen eingebracht hatte, machte die Sache nicht besser. Natürlich hatte ich Schuldgefühle.
    Den größten Teil des Tages blieb ich bei meiner Schwester. Nach diesen qualvollen Stunden musste ich mich beim Heimkommen auch noch mit der Kinderklientin Gaia Laelia herumschlagen. Danach wollte ich nur noch ins Haus und die Tür hinter mir abschließen.
    Die Welt hatte jedoch inzwischen gehört, dass ich zurück war. Drinnen warteten keine weiteren Klienten und zufällig auch mal keine Gläubiger oder Mitleid erregende Darlehenssuchende. Stattdessen lümmelten sich Mitglieder meines engsten Kreises an meinem einfachen Esstisch und hofften, ich würde für sie kochen – ein Freund, ein Verwandter. Der Freund war Petronius Longus, der vielleicht willkommen gewesen wäre, hätte er nicht wie ein
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