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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel
Autoren: Lindsey Davis
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und ist uns allen wohl bekannt – ich halte ihn für den offensichtlichsten Kandidaten«, krähte Papa. »Den kostbaren Untermieter deiner Mutter!«
    Ich sprang auf, stapfte ins Schafzimmer und knallte die Tür hinter mir zu wie ein beleidigtes Kind. Der Tag war schlimm gewesen, aber jetzt war mir endgültig schlecht. Wie alle unmöglichen, aus der Luft gegriffenen Bemerkungen meines Vaters, hatte auch diese etwas tödlich Wahrscheinliches. Wenn man außer Acht ließ, dass der Untermieter ein giftiger, parasitärer Fungus mit der Moral eines politisch verschlagenen Penners war, handelte es sich hier tatsächlich um einen fest angestellten, betuchten, vor kurzem beförderten Mann, der sich danach sehnte, Teil der Familie zu werden.
    O ihr Götter – Anacrites!

IV
     
     
    »Was ist denn nun wirklich mit Famia passiert?«, fragte Petro, als er mich am nächsten Morgen auf der Brunnenpromenade traf. Ich zuckte nur die Schultern. Er warf mir einen angesäuerten Blick zu. Ich sah weg und verfluchte Famia wieder mal, weil er mich in diese Lage gebracht hatte. »Dreckskerl!« Trotz seiner Verärgerung freute sich Petronius darauf, mir die Einzelheiten gewaltsam zu entlocken.
    »Danke, dass du mir gestern Abend Papa abgenommen hast.«
    Er wusste, dass ich das Thema wechseln wollte. »Dafür schuldest du mir was. Ich hab mich von ihm zu Flora schleppen lassen und meinen halben Wochenlohn versoffen.«
    »Du kannst dir also leisten, die Nächte in einer Caupona zu verbringen?«, fragte ich spitz, denn ich wollte herausfinden, wie es zwischen ihm und seiner Frau stand.
    Arria Silvia hatte ihn wegen einer Sache verlassen, die Petro für einen minderen Verstoß gegen den Ehekodex hielt – seine verrückte Affäre mit der beschränkten Tochter eines Gangsterbosses, was ihm eine Suspendierung vom Dienst bei den Vigiles und viel Spott von seinen Freunden und Bekannten eingebracht hatte. Die Bedrohung für seinen Posten war nur vorübergehend, genau wie die Affäre, aber der Verlust seiner Frau – was praktisch auch den Verlust seiner drei Kinder bedeutete – sah nach einer permanenten Angelegenheit aus. Aus irgendeinem Grund hatte ihn Silvias wütende Reaktion völlig überrascht. Ich nahm an, dass Petronius schon früher untreu gewesen war und Silvia meist davon gewusst hatte, aber diesmal mit der unerträglichen Tatsache leben musste, vom halben Aventin ausgelacht zu werden.
    »Ich leiste mir, was ich will.«
    Wir wichen beide aus. Ich hoffte, dass das nichts mit unserer in die Hose gegangenen Partnerschaft zu tun hatte. Bevor Anacrites mein Partner wurde, hatte ich es mit Petronius versucht. Weil wir seit unserer Militärzeit befreundet waren, hatten Petro und ich erwartet, ideale Kollegen zu sein, hatten uns aber von Anfang an nur gestritten, weil jeder die Dinge nach seiner Fasson handhaben wollte. Wir trennten uns, nachdem ich eine spektakuläre Verhaftung ohne ihn durchgeführt hatte; Petro war der Meinung, ich hätte ihn absichtlich ausgeschlossen. Da er mein bester Freund war, hatte mir die Trennung sehr zugesetzt.
    Als wir uns zerstritten, war Petro zu den Vigiles zurückgekehrt. Er war Ermittlungschef der Vierten Kohorte, und selbst sein bornierter, hartgesottener Tribun musste zugeben, dass Petronius seine Arbeit sehr gut machte. Petro hatte erwartet, ebenfalls zu seiner Frau zurückkehren zu können. Aber kaum hatte Arria Silvia ihn aufgegeben, war flugs ihr neuer Freund auf der Bildfläche erschienen – ein Salatverkäufer, wie Petro angeekelt feststellen musste. Ihre Kinder, drei Mädchen, waren immer noch klein, und obwohl Petronius das Recht hatte, sie für sich zu beanspruchen, wäre es blödsinnig gewesen, außer er heiratete rasch wieder. Natürlich glaubte er wie die meisten Männer, die ein glückliches Familienleben für eine Bagatelle fortwerfen, dass er unbedingt seine Frau wiederhaben wollte. Silvia hielt sich stattdessen lieber an ihren Salatverkäufer.
    Helena meinte, Petronius Longus würde es bei seiner Vergangenheit genauso schwer haben, eine neue Frau zu finden, wie seine alte zurückzubekommen. Ich dachte anders darüber. Er war gut gebaut und sah nicht schlecht aus, war ein ruhiger, intelligenter, umgänglicher Mensch; er hatte eine feste Anstellung und sich als umsichtiger Haushaltungsvorstand erwiesen. Gut, momentan wohnte er in meiner schäbigen alten Junggesellenbude, trank zu viel, fluchte zu offen und flirtete mit allem, was einen Rock trug. Aber das Schicksal stand auf seiner Seite. So
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