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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
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niemand sagte etwas. Harvey blickte kurz auf und sah dann wieder fort.
    „Geben wir auf?“ fragte er Harvey.
    „Ich habe mit Kent Margrave Verbindung aufgenommen“, antwortete Harvey. „Wir werden versuchen, den Sender zu zerstören. Aber aus dieser Entfernung stehen die Chancen für einen Treffer eins zu einer Million.“
    „Aber das ist zumindest etwas“, nickte Johnny. Zumindest würde es vor dem Wahltag geschehen und ihnen einige Wochen für ihre eigene Kampagne verschaffen. „Hat Margrave die Situation erkannt?“
    „Ja“, erklärte Claude St. Cyr. „Wir haben ihm buchstäblich alles gesagt.“
    „Aber das ist nicht genug“, wandte Phil Harvey ein. „Wir müssen noch etwas anderes tun. Wollen Sie mitmachen? Wer das kürzeste Streichholz zieht …?“ Er deutete auf den Kaffeetisch; auf der Platte sah Johnny drei Streichhölzer, von denen eines in der Mitte durchgebrochen war. Jetzt legte Phil Harvey noch ein viertes, ganzes Streichholz hinzu.
    „Sie zuerst“, sagte St. Cyr. „Sie muß als erste daran glauben, und zwar so schnell wie möglich. Und dann, später, wenn nötig, Alfonse Garn.“
    Kalte Furcht erfüllte Johnny Barefoot.
    „Ziehen Sie“, forderte ihn Harvey auf, griff nach den Streichhölzern und nahm sie so in die Hand, daß nur die vier Spitzen sichtbar waren. „Kommen Sie, Johnny. Sie sind zuletzt gekommen, also werden Sie zuerst ziehen.“
    „Ich nicht“, sagte er.
    „Dann werden wir es ohne Sie versuchen“, erklärte Gertrude Harvey, und sie zog ein Hölzchen. Phil hielt die verbleibenden St. Cyr hin, und er zog ebenfalls. Zwei befanden sich noch in Phil Harveys Hand.
    „Ich habe sie geliebt“, gestand Johnny. „Und ich liebe sie noch immer.“
    „Ja, ich weiß“, nickte Phil Harvey.
    Mit bangem Herzen sagte Johnny: „In Ordnung. Ich werde ziehen.“ Er streckte die Hand aus und griff nach einem der beiden Streichhölzer.
    Es war das kurze.
    „Ich habe es“, stieß er hervor. „Ich muß es tun.“
    „Können Sie das?“ fragte ihn Claude St. Cyr.
    Er schwieg für eine Weile. Dann zuckte er die Achseln und erklärte: „Sicher. Ich kann es. Warum nicht?“ In der Tat, warum nicht? fragte er sich. Eine Frau, in die ich mich verliebt habe; gewiß kann ich sie umbringen. Weil es getan werden muß. Für uns gibt es keinen anderen Ausweg.
    „Vielleicht ist es gar nicht so schwierig wie wir glauben“, bemerkte St. Cyr. „Wir haben mit einigen von Phils Technikern gesprochen und einige interessante Dinge erfahren. Der Großteil ihrer Sendungen stammt aus unmittelbarer Nähe, nicht aus einer Lichtwoche Entfernung. Ich werde Ihnen verraten, woher wir das wissen. Ihre Sendungen stimmen mit den hiesigen Ereignissen überein. Zum Beispiel ihr Selbstmordversuch im Antler Hotel. Dort und auch nirgendwo sonst trat eine Zeitverzögerung ein .“
    „Und es sind keine übernatürlichen Wesen, Johnny“, sagte Gertrude Harvey.
    „Also müssen wir als erstes“, fuhr St. Cyr fort, „ihre Basis hier auf der Erde oder zumindest irgendwo im Sonnensystem finden. Sie könnte auf Garns Perlhuhn-Farm auf Io sein. Versuchen Sie es dort, wenn Sie feststellen, daß sie das Krankenhaus verlassen hat.“
    „In Ordnung“, sagte Johnny, und er nickte knapp.
    „Wollen Sie etwas trinken?“ fragte Phil Harvey.
    Johnny nickte.
    Die vier saßen da, zu einem Kreis angeordnet, und langsam und schweigend leerten sie ihre Gläser.
    „Haben Sie eine Waffe?“ wollte St. Cyr wissen.
    „Ja.“ Er stand auf und stellte sein Glas hin.
    „Viel Glück“, rief ihm Gertrude nach.
    Johnny öffnete die Haustür und ging allein hinaus in die dunkle, kalte Nacht.

 
Nachwort
     
    Philip K. Dick wurde 1928 in Chicago geboren und schreibt seit 1952 Science Fiction. Mehr als dreißig Romane und etwa 120 Kurzgeschichten sind es inzwischen geworden, und obwohl Dick zweifellos und unübersehbar als Autor eine Entwicklung durchgemacht hat, ist schon in seinen frühen Texten stets eine Essenz auszumachen, die auch seinen neueren Romanen und Stories eigen ist. Häufig stellt sich der Eindruck ein, daß die Werke auf die eine oder andere Art zusammenhängen. Das liegt zum Teil an gewissen Versatzstücken, die Dick immer wieder einbringt, zum Teil an seiner im Kern über Jahrzehnte hinweg erhalten gebliebenen Weltsicht: Ausweglos verstrickte Charaktere kämpfen um ihre eigene Identität, um das Erkennen der wirklichen Struktur ihrer Umwelt.
    „Der Mensch auf der Suche nach Wahrheit und Realität, in einem widrigen,
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