Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Form des Wahnsinns als eine Folge des Dahinsiechens. Oder ist Wahnsinn gleichbedeutend mit Siechtum? Er wußte es nicht; bis auf die juristischen Aspekte war ihm die Psychiatrie fremd. Und die juristischen Aspekte kamen hier nicht zum Tragen.
    „Hat jemand schon Garn nominiert?“ wandte er sich an Harvey.
    „Bisher noch nicht. Aber man erwartet, daß es noch heute geschehen wird. Es geht das Gerücht um, daß eine Delegation aus Montana das übernimmt.“
    „Ist Johnny Barefoot hier?“
    „Ja“, nickte Harvey. „Er kümmert sich um die Delegationen. Vor allem um die noch unentschlossenen Wahlmänner. Natürlich ist Gam nirgendwo zu sehen. Er wird nicht vor dem Ende der Nominierungsrede kommen, und dann wird natürlich die Hölle los sein. Gejohle und Paraden und Fahnengeschwenke … Garns Helfer stehen schon bereit.“
    „Irgendeinen Hinweis auf …“ St. Cyr zögerte. „Was wir für Louis hielten? Deutet etwas auf seine Anwesenheit hin?“ Oder was auch immer es sein mag, dachte er.
    „Bisher noch nicht“, gestand Harvey.
    „Ich glaube, wir werden noch von ihm hören“, brummte St. Cyr. „Noch vor Ende des Tages.“
    Harvey nickte; er war der gleichen Ansicht.
    „Fürchtest du dich davor?“ fragte St. Cyr.
    „Natürlich“, erklärte Harvey. „Jetzt, da wir nicht mehr wissen, wer oder was es ist, noch tausendmal mehr.“
    „Eine vernünftige Einstellung“, stimmte St. Cyr zu. Ihm erging es nicht anders.
    „Vielleicht sollten wir es Johnny sagen“, schlug Harvey vor.
    „Laß ihn es selbst herausfinden“, riet St. Cyr.
    „In Ordnung, Claude“, sagte Harvey. „Wie du meinst. Schließlich hast du Louis’ Leichnam entdeckt; ich habe vollstes Vertrauen zu dir.“
    Auf eine Art, dachte St. Cyr, wünschte ich, ihn nicht gefunden zu haben. Ich wünschte, ich wüßte nicht, was ich jetzt weiß; wir waren besser dran, als wir noch glaubten, daß Louis aus jedem Telefon, jeder Zeitung und jedem Fernseher zu uns sprach.
    Das war schlimm – aber nun ist es weit schlimmer. Obwohl, dachte er, es mir scheint, als ob die Antwort offen vor uns liegt, zum Greifen nah.
    Ich muß es versuchen, sagte er sich. VERSUCHEN!
     
    Johnny Barefoot befand sich allein in einem Nebenzimmer und beobachtete gespannt die Geschehnisse des Parteitages auf einem Monitor. Die Störung, die Sendung aus einer Lichtwoche Entfernung, hatte für eine Weile nachgelassen, und er konnte sehen und hören, wie die Delegationen aus Montana Alfonse Garn für die Nominierung vorschlugen.
    Er war müde. Der ganze Parteitag, die Abstimmungen und Aufmärsche, die Spannung zerrten an seinen Nerven, liefen genau seinen Plänen zuwider. Soviel verdammte Show, dachte er. Wozu dieser Aufwand? Wenn Garn nominiert werden wollte, dann wurde er auch nominiert, und alles andere war vollkommen sinnlos.
    Mit den Gedanken weilte er bei Kathy Egmont Sharp.
    Seit sie ins Krankenhaus eingeliefert worden war, hatte er sie nicht gesehen. Im Augenblick wußte er nicht, wie es um sie stand und ob sie auf die Behandlung angesprochen hatte oder nicht.
    Und er konnte sich nicht von dem Gefühl befreien, daß es nicht besser geworden war.
    Wie krank war Kathy wirklich? Wahrscheinlich sehr krank, ob nun mit oder ohne Drogen; er war davon überzeugt. Vielleicht würde sie nie das Krankenhaus verlassen können; es war vorstellbar.
    Auf der anderen Seite – wenn sie hinauswollte, dann würde sie auch einen Weg finden. Auch davon war er überzeugt, sogar noch stärker.
    Also lag es an ihr. Sie hatte sich freiwillig in das Krankenhaus begeben und sich der ärztlichen Obhut unterstellt. Und sie würde – falls sie das wollte – auf die gleiche Weise das Hospital wieder verlassen. Niemand konnte Kathy zwingen – sie war einfach kein Mensch dazu. Und das, erkannte er, konnte ein Indiz für das Fortschreiten ihrer Krankheit sein.
    Die Tür öffnete sich. Er blickte von dem Fernseher auf.
    Und er sah Claude St. Cyr im Eingang stehen. St. Cyr zielte mit einem Hitzestrahler auf Johnny. „Wo ist Kathy?“ fragte er.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Johnny. Langsam, bedächtig richtete er sich auf.
    „Sie wissen es. Ich werde Sie töten, wenn Sie es mir nicht verraten.“
    „Warum?“ wollte er wissen, und er fragte sich, was St. Cyr zu diesem extremen Verhalten gebracht hatte.
    „Befindet sie sich auf der Erde?“ erkundigte sich St. Cyr. Noch immer zielte er auf Johnny, während er näher kam.
    „Ja“, gab Johnny widerwillig zu.
    „Nennen Sie mir den Namen der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher