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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Knie. Mit flinken Fingern blätterte er sie durch. »Geboren in Hannover, dort zur Grundschule gegangen, Gymnasium pipapo … Vater verhältnismäßig früh verstorben, aber gerade noch Mitglied der NSDAP geworden …«
    »Dafür kann ich nichts.«
    »Medizinstudium. Dann Wehrmacht mit der Verpflichtung zum Reserveoffizier in der Sanitätslaufbahn …« Pfifferling blickte kurz auf. »Sie waren im Jungvolk und in der Hitlerjugend?«
    »Ja. Das waren von unseren Jahrgängen so gut wie alle. Wer studieren wollte, mußte in der HJ oder im Studentenbund sein. Mit den Pimpfen – so nannte man uns damals – fing es an.«
    »Sie waren aber auch HJ -Führer.«
    »Mag sein.« Die erste Klippe. Hellmuth hatte darüber nie gesprochen, sicherlich weil es unwichtig war. »Ein niedriger Dienstgrad …«
    »Sie wissen es nicht mehr?«
    »Nach vierzig Jahren Beschäftigung mit anderen Dingen verlernt man die Terminologie der ›Tausend Jahre‹.«
    »Sie wurden 1938 von der HJ zurücküberwiesen zu den Pimpfen und wurden Fähnleinführer.«
    Wegener lächelte mild. »Wissen Sie, welch ungeheure politische Funktionen ein Pimpfen-Fähnlein hatte?« fragte er spöttisch. »Heimabende mit weltanschaulicher Schulung, Zeltlager mit vormilitärischer Ausbildung – wir lernten sogar das Anschleichen an den Gegner, stellen Sie sich das vor! Aufmärsche bei Maifeiern, am 9. November oder zu Führers Geburtstag … Die Welt mußte ja Angst vor uns zehnjährigen Pimpfen haben!«
    Pfifferling lächelte verbindlich zurück. »Auf Fundamente baut man Mauern«, sagte er weise. »Und Sie wissen ja: Wer die Jugend auf seiner Seite hat, der besitzt die Zukunft.«
    »Danach hätten wir in Deutschland keine Zukunft mehr! Oder eine wirre Zukunft, so wirr wie die Schlagworte, die unsere heutige Jugend kritiklos speichert. Ich habe darin Erfahrung, ich bin Vater zweier moderner Kinder.«
    »Darauf kommen wir noch.« Dr. Pfifferling blätterte weiter in den Aktenseiten. »Ihr Sohn Peter, geboren 1948, nahm viermal an Demonstrationen der radikalen Studentenbewegung teil. In den wilden sechziger Jahren …«
    »Das stimmt. Er nannte mich einen Kapitalisten, begründete, warum man meine Werke enteignen müsse, hatte herrliche Tiraden für die Verteidigung des Anarchismus parat. Ich habe ihn quatschen lassen, oft stundenlang, bis es ihm anscheinend selbst zu viel wurde. Heute ist er Chemiker in einer meiner Forschungsgruppen und wird voraussichtlich im nächsten Jahr eine wunderhübsche Kapitalistentochter heiraten, Erbin einer Kaffeedynastie in Bremen. Meine Tochter Vanessa Nina hatte ein Phase, in der sie nur Jeans trug, weite schmuddelige Pullover und ausgelatschte Boots. Die Haare lang und offen bis zum Arschansatz! Aber herrliche Haare! Für sie war ich ein Ignorant. Jetzt? In drei, vier Jahren wird sie vielleicht auf einer Opernbühne stehen und das Ännchen aus dem ›Freischütz‹ singen. Oder meinetwegen auch die Konstanze …«
    »Sie sind nie einer Partei beigetreten? Warum nicht?«
    »Parteien leben von Ideologien und Programmen. Ich sehe nicht ein, warum ich mich einem Programm unterordnen soll! Wir Deutschen sind oft genug an Parteiprogrammen zerbrochen.«
    »Wie soll dann – nach Ihrer Auffassung – ein Volk als Gesellschaftsform existent sein können? Ohne Politik, wenn ich Sie recht verstehe?«
    »Durch ein Wechselspiel von angewandten Moralbegriffen.«
    »Das ist eine Utopie, Herr Wegener!«
    »Sicherlich. Aber warum soll ich nicht Anhänger einer Utopie sein, wenn in der Politik so viele utopische Ideen ernst genommen und von der Gesellschaft wie Zuckerbonbons geschluckt werden?!« Wegener lehnte sich zurück. Jetzt hätte er doch gern eine Tasse starken Kaffees gehabt, aber er sprach den Wunsch nicht aus. In diesem Stadium des Gesprächs wäre es nur ein Hinweis auf seine innere Erregung gewesen. »Ich bin ein völlig unpolitischer Mensch. Das ist auch der Grund, warum ich eine Berufung ins Ministerium ablehne. Alle Parteien standen schon Schlange bei mir, um mich zu gewinnen. Bis auf ein gemütliches Gespräch bei einer guten Flasche Wein ist nichts dabei herausgekommen.«
    »Sie sind Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes.«
    »Warum man es mir verliehen hat, steht zwar in der Laudatio, aber letzten Endes weiß es nur der Verleiher selbst.«
    »Der Herr Bundespräsident.«
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, ihn danach zu fragen.«
    »Sie waren Gast bei sieben Sommerfesten des Bundeskanzlers?«
    »Mag sein.«
    »Sie wissen es
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