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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle
Autoren: Sara Paretsky
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Seite an.« Dick hatte durchaus Sinn für Humor, wenn es nicht auf seine Kosten ging.
    »Mauschelgeschäfte?« Ich versuchte, demütige Bewunderung in meine Stimme zu legen. »Vielleicht könnte ich dir zuschauen und ein paar Tipps abstauben, damit ich zum Kloscheuern befördert werde.«
    Dicks sauber rasierte Wangen liefen rot an. Er war schon im Begriff, eine kurze Beleidigung auszuspucken, machte aber ein Auflachen daraus. »Wie lange ist es her -dreizehn Jahre? Vierzehn? -, und du weißt immer noch, wie du mich blitzschnell auf die Palme bringen kannst.«
    Er packte mich an der Schulter und schob mich auf seinen Gesprächspartner zu. »Das ist Victoria Warshawski. Sie und ich haben beim Jurastudium den Riesenfehler gemacht, uns einzubilden, dass wir uns liebten. Teris und meine Kinder werden erst fünf Jahre lang arbeiten müssen, ehe ich ihnen erlaube, ans Heiraten auch nur zu denken. Vic, das ist Peter Felitti, der Vorstandsvorsitzende von Amalgamated Portage.«
    Felitti hielt mir widerwillig die Hand hin - weil ich die Vorgängerin seiner Tochter war? Oder weil er nicht wollte, dass ich bei Finanzgesprächen auf hoher Ebene störte? Er wandte sich Dick zu: »Ich kann mich nicht an die Einzelheiten der Scheidungsvereinbarung erinnern. Hast du seit damals für deine Sünden zahlen müssen, Yarborough?« Ich quetschte Felittis Finger so kräftig, dass er zusammenzuckte. »Nicht die Spur. Dick hat sich mit meinen Unterhaltszahlungen bei Crawford, Mead eingekauft. Aber jetzt, wo er auf eigenen Füßen steht, will ich das Gericht dazu bewegen, sie zu streichen.« Dick verzog das Gesicht. »Muss das sein, Vic? Ich schwöre mit Freuden, dass du mich nie auch nur um zehn Cent gebeten hast. Sie ist Anwältin«, fügte er für Felitti hinzu, »arbeitet aber als Detektivin.«
    Er wandte sich wieder mir zu und sagte quengelig: »Bist du jetzt zufrieden? Können Pete und ich unser Gespräch beenden?«
    Ich löste mich mit so viel Anmut wie möglich von Dicks Arm und von dem Gespräch, als Teri hereinkam, die Frau in perlenbesetztem blauem Satin im Schlepptau.
    »Da seid ihr ja«, sagte die Frau in Blau fröhlich. »Harmon Lessner möchte unbedingt mit euch beiden reden. Ihr könnt euch jetzt nicht einfach davonschleichen und Geschäfte besprechen.«
    Teri beäugte mich gründlich, versuchte sich schlüssig zu werden, ob ich eine Geschäftsbekanntschaft oder eine sexuelle Rivalin war. Champagner hatte für einen rosigen Hauch unter ihrer Teintgrundierung gesorgt, aber obwohl es spät geworden war, ihr Make-up war immer noch perfekt: der Lidschatten auf den Augendeckeln, wo er hingehörte, stat t über das Gesicht zu laufen; ihr Lippenstift, ein gedämpfter Bronzeton, eine Nuance schwächer als der ihres Kleides, frisch und schimmernd. Das kastanienbraune Haar, zu einem komplizierten Knoten geflochten, sah aus als käme sie eben vom Friseur. Kein Gekräusel, keine offenen Strähnen im Nacken verdarben die Wirkung.
    Derart spät am Abend wusste ich, ohne in den Spiegel zu schauen, dass mein Lippenstift fort und das bisschen Form, in das ich meine kurzen Locken gebracht hatte, schon lange verschwunden war. Ich hätte mir gern gesagt, meine Persönlichkeit sei interessanter, aber Dick interessierte sich nicht für Frauen mit Persönlichkeit. Am liebsten hätte ich Teri gesagt, sie brauche sich keine Sorgen zu machen, sie sehe blendend aus und werde deshalb die Oberhand behalten, aber ich winkte allen vier andeutungsweise zu und ging wortlos zur Tür auf der anderen Seite.
    Als ich Lotty schließlich fand, war es nach Mitternacht. Sie war allein, fröstelte in einer Ecke des Außenfoyers, hatte die Arme um sich gelegt.
    »Wo ist Max?«, fragte ich scharf und zog Lotty an mich. »Du musst nach Hause, musst ins Bett. Ich suche ihn und hole das Auto.«
    »Er ist mit Or' und Michael gegangen. Du weißt doch, dass sie bei ihm wohnen. Mir fehlt nichts, wirklich, Vic. Es sind bloß die Erinnerungen, die das Konzert aufgewühlt hat. Ich komme mit zum Auto. Die frische Luft wird mir guttun.«
    »Hast du dich mit Max gestritten?« Ich hatte nicht fragen wollen, aber die Worte kamen unvermittelt heraus.
    Lotty verzog das Gesicht. »Max glaubt, dass ich Carol schlecht behandle. Und vielleicht stimmt das.«
    Ich lotste sie durch die Drehtür. »Was ist mit ihr?«
    »Das hast du nicht gewusst? Sie hat gekündigt. Aber das macht mir nichts aus. Na ja, natürlich macht es mir etwas aus - wir arbeiten seit acht Jahren zusammen. Sie wird mir
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