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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport
Autoren: Christine Noestlinger
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eben bloß ein Taschenbeutel-Kurzzeitgedächtnis.
Schlaraffenlandzeiten
    »Das Leben ist am schwersten drei Tage vor dem Ersten«, seufzte meine Großmutter immer gegen Monatsende und kochte dann so lange Krautfleckerln und Bröselnudeln, bis der Großvater »am Ersten« mit dem Lohnsackerl kam. Manchmal war die Großmutter aber am Monatsende schon so pleite, dass sie nicht einmal mehr Geld für Kraut und Nudeln hatte. Dann ließ sie beim Greißler »aufschreiben« und genierte sich dafür gewaltig. Wenn sie »aufschreiben« ließ, wartete sie, bis keine andere Kundin in der Greißlerei war. Niemand sollte sie »ausrichten« können. Es sollte nicht heißen: »Die kann ja nicht wirtschaften!«
    Das sind Sorgen von gestern. Der »Erste« spielt heute für Lohnempfänger keine große Rolle mehr, und »aufschreiben« ist im Supermarkt nicht üblich. Dafür hat unsereiner, wenn er nicht »wirtschaften« kann, seine Bank. Bei der überzieht er sein Konto; was nichts anderes als »aufschreiben« bedeutet. Der Unterschied ist bloß, dass die Banken saftige Zinsen fürs »Aufschreiben« verlangen, während das der Greißler gratis tun musste. Dafür wird ein Kontoüberzug aber nicht öffentlich. Keine Nachbarin weiß um ihn Bescheid, und wenn der Bankomat die Scheckkarte frisst, weil der Überzugsrahmen bereits überzogen ist, geht das auch diskret und unauffällig vor sich. Eine Nachbarin jedenfalls wird nicht gerade Augenzeugin dieses Vorfalls sein und wird daher auch nichts Abträgliches in der Gegend herumtratschen können.
    Und wenn der hinterhältige Bankomat die Scheckkarte gefressen hat und nicht mehr ausspucken will, dann ist das kein großes Unglück. Dann nimmt man halt bei seiner Bank einen Kredit auf, Umschuldung heißt das, und schon ist das Konto – hokuspokus – wieder in den schwarzen Zahlen, und man bekommt eine neue Scheckkarte, und der Bankomat spuckt wieder brav Scheinchen aus, und man kann kaufen, was man nur mag.
    Die neue Scheckkarte kostet zwar eine Kleinigkeit, und die Kreditgebühren muss man natürlich auch berappen, und den Kredit und die Zinsen für den Kredit muss man klarerweise auch zurückzahlen. Aber abgesehen davon ist das doch wie im guten alten Schlaraffenland!
    Hin und wieder bekommt man leider böse Träume und Albdrücken im Schlaraffenland. Träume voll Zahlen. Und alle Zahlen sind rot!
    Solche bösen Träume mit roten Zahlen blieben meiner Großmutter erspart. Sie hatte stets einen tiefen, traumlosen Schlaf. Angeblich deshalb, weil ein gutes Gewissen ein sanftes Ruhekissen sein soll. Aber was hatte die arme Frau denn außer einem sanften Ruhekissen sonst schon?
    Krautfleckerln am Vorletzten und Bröselnudeln am Letzten! Und ein kleines schwarzes Bücherl beim Greißler!
    Wer wollte da schon mit ihr tauschen? Ach, Sie hätten gar nichts gegen Krautfleckerln und Bröselnudeln, wenn Sie dafür schuldenfrei wären? Ja warum, geneigte Leserin und geneigter Leser, werfen Sie dann nicht einfach Ihre Scheckkarte weg?
Mut zum Hut?
    Das Verhältnis der »Normalfrau« zu Hüten ist ein sehr problembelastetes.
    Unter Hüten verstehe ich nicht Pelzkappen, Baskenmützen, Schirmkappen, regenfeste Südwester oder sonstige wollene, plastikene Dinger, die Frauenköpfe vor Witterungseinflüssen jeglicher Art beschützen. Mit Hüten meine ich die »Zierhüte«, je nach Modelage, üppig mit Krempe, Federn, Schleier, Blümchen oder Flatterband versehen.
    Nur sehr selbstbewusste Frauen schreiten mit solchen allerliebsten »Zierhüten« durch die Gegend.
    Den Ankauf einer solchen »Kopfkrönung« tätigt freilich einmal im Leben fast jede Frau. Meistens handelt es sich dabei um einen »Spontankauf«, der dann passiert, wenn sich eine Frau gerade psychisch im »allerhöchsten Hoch« befindet und in diesem wunderschönen Seelenzustand eines Hut-Salons gewahr wird. Da hält sie sich dann plötzlich für ein Wesen, welches dazu geeignet ist, »Zierhüte« spazieren zu führen.
    Doch die »allerhöchsten Hochs« in einem normalen Frauenleben sind rare Sternstunden, und der Anlässe, so einen Hut aufzusetzen, sind im normalen Frauenleben gar wenige. Also lagert der »Zierhut« im Schrank und wartet darauf, dass endlich einmal Anlass zu seinem Ausgang und positive Gemütsverfassung seiner Besitzerin zusammentreffen mögen. Irgendwann einmal passiert das dann auch. Die Frau holt ihren »Zierhut« aus dem Schrank, setzt ihn auf, schaut sich in den Spiegel und ist sich sicher: Der Hut ist schön! Ich bin schön!
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