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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport
Autoren: Christine Noestlinger
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haben und jeden Tag »besetzt« sind. Sie hört wieder: »… ich ruf dich an!«
    Der bittere Schluss der Frauen, denen es so erging, lautet: Als Geschiedene bin ich bloß in raren Einzelfällen willkommen, ansonsten sind mir nur die Freunde und Bekannten geblieben, die ich »extra und allein« hatte, mit denen mein Ex-Gemahl nie befreundet gewesen ist. Alle anderen Leute, die wir gemeinsam kennen und schätzen lernten, wurden nach der Scheidung zu »seinen« Freunden, die mit mir nichts mehr zu tun haben wollen. Ist das generell so? Vielleicht wimmelt ja mein Bekanntenkreis vor lauter Ausnahmen mit böser Erfahrung.
    Liebe Leserinnen und Leser, überdenken Sie einmal Ihr »Kontingent an Geschiedenen«, rechnen Sie nach, wie oft Sie die Frauen der Ex-Paare seither einluden, anriefen, besuchten. Falls Sie merken sollten, dass der Kontakt tatsächlich »merkwürdigerweise und ohne böse Absicht« abgebrochen ist, dann nichts wie ans Telefon; auch jahrelang unterbrochener Kontakt ist wieder herzustellen, geänderte Telefonnummern lassen sich bei der Auskunft erfragen.
Vom Lob des Alterns
    Schaut man sich in Buchhandlungen um, entdeckt man gut ein Dutzend Bücher, von Frauen verfasst, die Leserinnen nahe bringen wollen, dass das Frauenleben, je länger es währt, umso schöner wird. Mit »Hurra« und »Endlich« wird der 40. oder 50. Geburtstag begrüßt, und würden junge Frauen diese Bücher lesen, was sie freilich selten tun, würden sie neidisch auf ihre »reifen bis überreifen« Geschlechtsgenossinnen. Die Autorinnen dieser Art Sachliteratur gehen alle nach der Devise vor: Eine Frau ist so alt, wie sie sich fühlt. Ist sie bereit, sich alternd unverdrossen weiter jung zu fühlen, hat sie dazu aufgrund langen Daseins reichlich Lebenserfahrung und Weisheit und kann das Leben noch besser genießen als in Jugendjahren.
    Wäre ich 20 Jahre alt, würde ich’s vielleicht glauben und frohgemut auf Verdoppelung meiner Lenze warten. Da ich aber mehr als Verdreifachung erreicht habe, wage ich zu sagen: Die »Hurra« und »Endlich« sind etwas überzogen. Alt zu werden, ist auszuhalten, sogar sehr gut, aber kein Anlass zum Jubel!
    Da zitiert etwa in so einem Alters-Lob-Werk Autorin X. die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach, die einmal geschrieben hat, dass Falten nur anzeigen sollten, wo ein Lächeln gesessen hat. Wenn man nun, so X., als reife Frau im Spiegel Falten erblickt, möge man stolz auf sie sein und sie selbstbewusst tragen; jedenfalls wenn man sie, wies Ebner-Eschenbach empfahl, erwarb. Klingt gut, aber mein Hals hatte halt kaum mimisch Anteil, als ich jahrzehntelang lächelte, und ein Trost-Sprücherl für Halsfalten finde ich im Buch nicht.
    Runder werden, sagt mir Autorin Y., sei eine gute Sache, erstens lieben Männer insgeheim eh das Mollige, zweitens seien Nerven, gebettet in Fett, belastbarer. Okay, aber wenn sich zwei angefutterte Kilo nicht mehr wie in jungen Jahren gleichmäßig über den Leib verteilt ablagern, sondern um die Mitte herum, frage ich mich doch, ob dort all die Nerven liegen, die sich fettumgeben wohler fühlen.
    Und Autorin Z. tröstet mich damit, dass das Äußere überhaupt nicht wichtig sei. Innerlich, sagt sie, gehe es einem von Jahrzehnt zu Jahrzehnt besser, man werde gelassener, heiterer, selbstbewusster, klüger. Darf ich ergänzen: ... und pessimistischer, zynischer, abgebrühter, illusionsloser, müder.
    Ist – wie gesagt – auszuhalten, man kann sich damit abfinden, daran gewöhnen. Ungeduldig drauf warten, dass man diesen Zustand erreicht, wäre übertrieben. In mir kommt der Verdacht auf, dass Damen, die solche Bücher schreiben, wen belügen; ob nur aus Tantiemen-Gründen die Leserinnen oder auch sich selbst, weiß ich aber nicht.
Von den Niedrigstaplerinnen
    Haben Sie vielleicht auch so eine Dame in Ihrer Bekanntschaft, die sich unentwegt und bei jeder Gelegenheit selbst »runtermacht«? So eine, die etwa, wenn man mit ihr ins Kaffeehaus geht, in dieses eintretend, jammert: »Ich bin nicht zum Umziehen gekommen, hab den uralten Fetzen an, genier mich direkt, den Mantel auszuziehen!« Dann tut sie’s natürlich doch, und darunter kommt ein Kleid zum Vorschein, um etliches neuer, moderner und edler als das, welches man selbst am Leibe trägt.
    Solch Dame steht dann auch neben der Garderobe vor dem Spiegel, zupft an ihren wohlfrisierten Haaren rum und jammert: »Zum Verzweifeln, wie ich ausschaue!« Dann streicht sie sich über die Wange und seufzt: »Eine Haut, als ob ich
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