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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus
Autoren: Doreen Orion
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Campingplatz am Stadtrand ein und nicht auf dem beliebteren Homer Spit, einer vier Meilen langen, gekiesten Landzunge an der zugigen Kachemak Bay am Hafen,
wo es Bars, Restaurants und Souvenirgeschäfte gab. Ich war froh, dass wir etwas abgelegener wohnten, besonders nachdem ich all die Tsunami-Warnschilder am Spit gesehen hatte. Während des großen Erdbebens in Alaska vor vierzig Jahren (mit 9.2 auf der Richterskala das gewaltigste Beben der amerikanischen Geschichte) entstanden so gewaltige Flutwellen, dass zahlreiche Menschen ums Leben kamen und sich eine Schneise der Verwüstung bis hinunter nach Kalifornien zog. In Homer zerstörte der Tsunami einen Großteil des Spit und löschte jegliche Vegetation aus.
    Unser Campingplatz befand sich in einem anderen Teil der Bucht, und während der Ebbe unternahmen wir mit Miles ausgiebige Spaziergänge am Strand. Der Anblick der Gletscher von unserem Bus aus war so spektakulär, dass ich sogar Morty dabei erwischte, wie er den Kopf aus dem kleinen Seitenfenster streckte und hinübersah. Obwohl sein Interesse vielleicht eher den verlockenden Düften gegolten haben mag, schließlich befanden wir uns in der »Welthauptstadt des Heilbutts«.
    Eines Tages nahmen wir den Jeep und fuhren die dreizehn Meilen bis ans Ende der East End Road, wobei wir acht Gletscher entlang des Weges zählten. Bei einer Fischund-Chips-Kneipe auf dem Spit blieben wir stehen, um etwas von dem Heilbutt zu probieren, nach dem Morty so lechzte. Ziemlich gute Nase, dieser Kater: Der Unterschied zwischen dem frischen Fisch und dem Tiefkühlzeug, das wir kannten, war gewaltig.
    Auf der Kenai-Halbinsel gibt es die größte Elch-Dichte in ganz Alaska, und als wir sie verließen, sahen wir endlich eine Elchkuh mit ihrem Kalb. Als wir uns das erste Mal seit langer Zeit auf den Weg Richtung Osten machten,
wurde uns bewusst, dass dies der Anfang vom Ende unseres Bus-Jahres war. Während wir uns für unsere dreiwöchige Heimreise nach Boulder noch einiges vorgenommen hatten, reisten wir doch zurück und nicht mehr vorwärts. Wir konnten nur hoffen, dass dies lediglich für den rein physischen Aspekt unserer Reise galt.
    Als wir auf dem Alaska Highway zurück nach Tok fuhren (logischerweise gibt es nicht allzu viele Straßen in unseren neunundvierzig Bundesstaaten, die nach »North to the Future« führen), machten wir einen kurzen, achtundsiebzig Meilen langen Abstecher nach Chicken (Einwohnerzahl: 87). Chicken, wie es auf der Website heißt (ja, auch das winzige Chicken besitzt eine), war die zweite Stadt in Alaska, die eingegliedert wurde. Ende des 19. Jahrhunderts erhielt sich diese Goldsucher-Enklave am Leben, indem die Leute Schneehühner verzehrten, die in diesem Gebiet aus irgendeinem Grund in Hülle und Fülle vorkamen. Schneehühner (die gewöhnlichen Hühnchen sehr ähnlich sehen - ich frage mich, ob sie ebenso gut schmecken) sollten später zum Nationalvogel werden. Als Chicken eingegliedert wurde, kam der englische Name für Schneehuhn, »Ptarmigan«, als Vorschlag für den Städtenamen. »Den meisten Menschen gefiel der Name, allerdings fanden sie die Anführungszeichen zu hochtrabend, also einigte man sich auf Ptarmigan ohne Anführungszeichen«, heißt es auf der Website der Stadt. Am Ende konnten sich die Leute jedoch allem Anschein nach nicht auf die Schreibweise einigen, also wurde doch Chicken daraus.
    In der Innenstadt von Chicken (gibt es überhaupt einen anderen Teil? Vielleicht einen Nordflügel oder einen Südschenkel? Stöhn! ) gibt es ein Café, eine Bar, einen Souvenirladen, ein Fischlokal und ein Postamt. Die öffentliche
Toilette (ein echt schicker Außenabort) trägt den wohlklingenden Namen (wie wohl?) »Chicken poop«, also Hühnerschiss. Selbst das Postamt lässt sich nicht lumpen und stellt Hühner-»Kunst« aus.
    Als wir Tuk in östlicher Richtung verließen, kamen wir durch eine winzige Stadt namens Destruction Bay. Ich hatte gelesen, dass der Name auf das Jahr 1942 zurückgeht, als schwere Stürme Teile des Bauvorhabens der US-Army zerstört haben. (Der Alaska Highway wurde ursprünglich in nicht einmal acht Monaten als Versorgungsroute während des Zweiten Weltkriegs gebaut.) Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich mich vielleicht gefragt, ob auch Busse weggepustet werden könnten. Nun vertraute ich darauf, dass man uns gewiss nicht erlauben würde, die Straße zu befahren, wenn dies regelmäßig vorkäme.
    Wir sahen Wohnmobile, die ihre Zusatzfahrzeuge mit Pappkarton,
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