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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn
Autoren: Y Lee
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–«
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. Vier zögernde kurze Klopfzeichen, um genau zu sein.
    Felicity warf Anne einen Blick zu. »Erwarten Sie jemanden?«
    »Nein.« Die Uhr auf Annes Schreibtisch zeigte an, dass es kurz vor elf war. »Herein.«
    Die Tür öffnete sich. Dort stand ein schmaler, etwas ungepflegter Junge. Er trug saubere, doch überall geflickte Kleider, eine Kappe mit rundem Schild und ungeputzte Schuhe, die bei seinem Herantreten auf dem Dielenboden laut polterten.
    Anne runzelte die Stirn. »Wer bist du?«
    Der Junge zog langsam seine Kappe und klemmte sie zwischen Ellbogen und Rippen. Sein Haar war dunkel und schlecht geschnitten. »Mark, Ma’am.« Er zögerte, dann grinste er schief. »Mark Quinn.«
    Anne fiel der Unterkiefer herunter.
    Felicity ließ ein merkwürdig hohes Quieken vernehmen.
    Nach ihrer anfänglichen Starre sprang Anne auf und packte Mary an den Schultern. »Nun sieh dir das mal an! Ich kann nicht   – du   – wie   –?«
    Mary grinste und drehte sich ganz unjungenhaft im Kreis. Noch nie hatte sie Anne um Worte ringen hören.
    Felicity trat ebenfalls hinzu, um sie genau anzusehen. »Dreh dich noch mal.«
    Anne beruhigte sich rasch. »Wirklich, meine Liebe«, sagte sie bewundernd, »du gibst ja einen reizenden Burschen ab.«
    »Hast du dir die Haare selbst geschnitten?«, wollte Felicity wissen.
    »Ja, Mrs Frame.«
    Zurückhaltende Befriedigung zeigte sich auf ihrem Gesicht. »Eine ziemlich drastische Maßnahme, findest du nicht?«
    »Ich habe angenommen, dass Sie mir nur wegen einer ernsten Angelegenheit auftragen, mich als Junge zu verkleiden.«
    »Absolut richtig.«
    »Wir hatten ausgemacht, dich am Nachmittag zuempfangen«, sagte Anne. »Ich nehme an, dass du einen Grund hast, früher zu erscheinen?«
    Mary nickte. »Ich fand, dass man so die Verkleidung besser testen könnte.«
    »Ein gut durchdachter Entschluss.«
    »Danke, Miss Treleaven.« Mary errötete über das verhaltene Lob. Anne war nie überschwänglich in ihren Komplimenten, daher bedeutete Mary so eine maßvolle Zustimmung schon viel.
    »Da du nun schon mal hier bist, können wir unsere Besprechung auch gleich abhalten«, sagte Felicity mit offensichtlicher Genugtuung. »Es sei denn, Sie haben einen Einwand, Miss Treleaven   …?«
    Ein Blickwechsel, den Mary nicht entschlüsseln konnte, zuckte zwischen den beiden Akademieleiterinnen auf. Es folgte ein längeres Schweigen, das schließlich von Anne gebrochen wurde. »Fangen Sie doch an, Mrs Frame.«
    Felicity lächelte und reichte Mary eine farbig gedruckte Zeitung. »Am besten, wir beginnen damit.«
     
    THE EYE ON LONDON
    Freitag, 1.   Juli 1859
     
    DER FLUCH DES UHRENTURMS! Hat der Geist des Parlamentsgebäudes erneut zugeschlagen?
     
    Gestern Abend zu später Stunde hat sich vor dem Parlamentsgebäude erneut eine Tragödie ereignet:Zimmermeister John Wick aus Lambeth, 32   Jahre, stürzte von der Spitze des zum Parlamentsgebäude gehörigen St. Stephen’s Turmes, besser bekannt unter dem Namen Big Ben. Ungeklärt ist, wie es dazu kam, dass er von dem 100   Meter hohen Turm fiel, der sich noch im Bau befindet. Die Polizei gibt keine Auskunft darüber, ob der Tod ein Unfall war, aber das Baugelände wurde diesen Morgen abgesperrt und bleibt es wohl auch bis zum Abend. Bei ihrer grausigen Arbeit wurden die Polizeibeamten von einer großen Zahl Bauarbeitern und anderen Handwerkern beobachtet.
    Mrs Betty Hawden, die eine kleine Kaffeestube gegenüber des Parlaments betreibt, wurde Zeugin, als die Leiche des Unglückseligen am frühen Morgen abtransportiert wurde. »Es war schrecklich, einfach fürchterlich«, sagte sie, auch Stunden später noch immer ganz erschüttert. »Sein armer zerschmetterter Körper   … und der Ausdruck auf seinem Gesicht!« Wegen der günstigen Lage in der Nachbarschaft des Baugeländes trafen sich in Mrs Hawdens Kaffeestube viele der Arbeitskollegen und Bekannten des Toten, um »das Neueste« zu hören. Dabei ging es fast ausschließlich um ein Thema, das von offizieller Seite hartnäckig geleugnet wird, das
The Eye on London
aber zu verfolgen verspricht   – DEN FLUCH DES UHRENTURMS.
     
    Es folgten mehrere Bilder, die Kampf, Blut und Schrecken darstellten und nur oberflächlich mit dem Artikel in Zusammenhang standen.
    Mary schüttelte den Kopf und sah Anne und Felicity an. »Ich muss wohl den falschen Artikel gelesen haben«, sagte sie. »Haben Sie wirklich den über den Geist vom Parlamentsgebäude
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