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eine Elfenromanze

eine Elfenromanze

Titel: eine Elfenromanze
Autoren: Manuela Forst
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Harras zuckte die Achseln und sah sich aufmerksam um. Um sie her lag nur die Schwärze der Nacht. Selinas Blick folgte dem seinen. Ihre Augen waren keineswegs so scharf, wie die eines reinblütigen Elfen, doch sie konnte dennoch viel besser sehen, als der Krieger. Und so war sie auch die Erste, die eine Bewegung zwischen den Bäumen wahrnahm. Auf der Hut duckte sie sich eng an die Hauswand. Was mochte das sein? Ein wildes Tier? Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
    Harras, der auf die ausgeprägten Sinne der Halbelfe vertraute, war ebenfalls vorsichtig geworden und zog sein Schwert. Schützend stellte er sich vor Selina.
    Da zerriss ein Blitz den Himmel. Für einen Sekundenbruchteil wurde die Nacht von gleißendem Weiß erhellt. Und für diesen kurzen Moment schien es, als würde die Zeit stillstehen. Das Licht hob alles in unwirklicher Schärfe hervor. Der Wald war nicht länger eine formlose Masse. Da waren knorrige Arme und Klauen, sich reckend wie ein erwachendes Wesen. Davor hingen Regentropfen einen Wimpernschlag lang regungslos in der Luft.
    Und nun konnten die Beiden auch die Gestalt sehen, die da auf sie zukam. Es war ein Reiter auf einem Pferd. Er saß vornüber gebeugt – er lag beinahe auf dem Hals des Tieres. Es schien, als könne er sich nur mit Mühe im Sattel halten.
    Das Licht des Blitzes erlosch und mit ihm das Bild. Die Dunkelheit war undurchdringlicher als je zuvor. Dann rollte Donner über den Wald hinweg, wie eine Brandung, dumpf und Unheil verkündend.
    Selina glaubte, das Blut wolle ihr in den Adern gefrieren. Die Situation hatte etwas beängstigend Irreales.
    Da kam der Reiter in den schwachen Lichtschein, der von den Fenstern der Hütte ausging.
    Selina schrie auf.
    „Liones!“, rief sie und eilte auf ihn zu.
    Der Elf hob erschöpft den Kopf. Die Haare hingen ihm in Strähnen ins Gesicht, Wasser tropfte unentwegt an ihnen herab. Eine dunkle Linie zeichnete seine Wange, er war schmutzverschmiert.
    „Selina ...“, flüsterte er kraftlos. Von unerträglichem Schmerz gepeinigt, verzog er das Gesicht und griff sich an die linke Schulter. Dann kippte er vornüber und rutschte aus dem Sattel.
    Selina sprang vor, um ihn aufzufangen und ließ ihn behutsam zu Boden gleiten. Er war nass bis auf die Haut und schlotterte am ganzen Körper. Sie nahm seine Hand, die er krampfhaft an die Brust gepresst hielt, und schrak zurück. „Ihr Götter, du blutest ja.“ Sie war so aufgeregt, dass ihr gar nicht auffiel, dass sie ihn geduzt hatte.
    Mittlerweile war auch Harras an ihrer Seite und kniete sich neben den Elfen auf den aufgeweichten Boden. „Was ist geschehen?“, fragte er gefasst.
    „Arikor ...“ Liones würgte das Wort mühsam hervor. „Er ... Ich ... habe den Spiegel zerstört. Er ... wollte mich ... zwingen, ihn zu aktivieren.“ Er schloss die Augen. Seine feinen, elfischen Gesichtszüge waren schmerzverzerrt. Das Sprechen strengte ihn sichtbar an.
    „Dieser verdammte Bastard!“, knurrte Harras. „Wie gerne würde ich ihm dafür meinen Stahl kosten lassen!“

    Der Krieger bückte sich und hob Liones hoch. Er trug ihn in das Haus und legte ihn auf das Bett.
    Zu Selina gewandt, sagte er: „Seht Ihr Euch in der Lage, Euch um seine Verletzungen zu kümmern?“ Sie nickte verunsichert und er fuhr fort: „Gut, dann werde ich einstweilen die Pferde versorgen. Trockene Laken müsstet Ihr dort drüben in der Wäschetruhe finden.“
    Er verließ den Raum und Selina blieb allein mit Liones zurück.
    Sie kam sich ziemlich hilflos vor. Ihre Mutter hatte ihr zwar alles beigebracht, was nötig war, um Verletzungen zu verarzten, trotzdem fühlte sie sich mit der Situation überfordert.
    Liones lag auf dem Bett. Er hatte die Augen geschlossen und atmete schwer. Sie setzte sich neben ihn und betrachtete ihn besorgt. Vorsichtig strich sie seine Haare zurück. Seine Haut war schlammverschmiert. Scheinbar war er auf dem Weg hierher schon mehrmals vom Pferd gestürzt. Eine feine Schnittwunde zog sich quer über die Wange. Sie war zu gleichmäßig, um ein Kratzer von einem Ast zu sein, und Selina vermutete, dass sie von einer Klinge herrührte. Vorsichtig fuhr sie mit den Fingern über die Platzwunde, die er sich letzte Nacht bei der Kollision mit dem Buffet zugezogen hatte. Liones reagierte darauf mit einem leisen Stöhnen. Selina bemerkte, dass die dünne Kruste, die sich bereits gebildet hatte, wieder aufgebrochen war und erneut zu bluten begonnen hatte.
    Doch am meisten Sorge bereitete Selina seine
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