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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau
Autoren: L Lander
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schon wieder weg? Lange hat er es in der Heimat aber nicht ausgehalten.«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Und Sakari gefällt es nicht besonders, dass sein Bruder wieder fortgeht?«
    »Rate mal!«
    Viki erzählt, der Onkel sei mit einer Flasche von Osku gekommen und habe seine Entscheidung verkündet. Darauf sei sein Vater nicht bereit gewesen, auch nur einen Tropfen zu trinken. Ich hab keine Lust, von der Abschiedsflasche zu probieren, habe er gesagt.
    »Na, da ist er ja richtig wütend geworden«, meint Joel.
    Viki lacht und erzählt weiter, sein Onkel habe ihm, seinem Namensvetter, versprochen, ihm die berühmten karminroten, spitz zulaufenden Schuhe zu überlassen, über die das ganze Dorf gestaunt hatte. Onkel Viki habe die Farbe ideologisch gewählt und mit seinen Schuhen zum Ausdruck bringen wollen, dass er im Geiste beim Wahlkampf dabei war, auch wenn er selbst nicht wählen durfte.
    »Den Sieg des Landbundes hat er damit allerdings nicht verhindern können.«
    »Nein, verdammt.«
    »Aber mordsprächtige Schuhe, trotzdem.«
    »Fragt sich bloß, ob ich mich traue, mit solchen Tretern irgendwohin zu gehen.«
    »Da sagst du was, da sagst du was.«
    Saida kommt auf das Thema zurück, das ihr derzeit am Herzen liegt. Arvi Malmberg, der im Sommer nach Vartsala gezogen ist, braucht jemanden, der ihm einen Ofen mauert. Osku hätte dafür doch jetzt Zeit?
    Ja, Oma Elin, die im Frühjahr starb, hinterließ Arvi genug, dass er sich ein kleines Haus in Vartsala kaufen konnte. Emma und Olga beschlossen, ihm mit ihren Anteilen zu helfen, sodass der ganze Kaufpreis bezahlt werden konnte. Wo wäre Arvi sonst hingeraten? Seine knorrige Wortkargheit gefiel dem neuen Gutsherrn nicht, und einen vergleichbaren Arbeitsplatz fand man nicht so leicht. Schon gar nicht, wenn man so gut wie nie bereit ist, den Mund aufzumachen. Aus irgendeinem Grund war der alte Graf Arvi gewogen gewesen, aber der neue Konsul hielt ihn wohl nur noch für sonderbar.
    »Einen neuen Ofen?«, fragt Joel. »Was stimmt denn mit dem alten nicht?«
    Saida zuckt mit den Schultern. Es sollte eben ein neuer her.
    »Na, Osku wird schon Zeit haben.«
    »Genau. Aber Arvi ist eben, wie er ist. Das weißt du ja.«
    Joel nickt. Sie vermeiden es, einander anzusehen.
    »Für Osku spielt das keine Rolle. Hauptsache er kriegt seinen Lohn.«
    »Ja, dafür werde ich sorgen.«
    Eine Schar kleiner Jungen rennt kreischend und rempelnd den Hang hinunter, sie halten einen langen Stock in die Höhe.
    »Was haben die da?«
    Joel schaut genauer hin. Verflixt, haben die Kerle eine Schlange entdeckt? So spät im Herbst?
    »Eine Kreuzotter!«, ruft einer der Jungen und deutet mit dem Zeigefinger auf das steif am Stock hängende Reptil.
    »Tatsächlich, Mensch«, ereifert sich Viki. »Eine verdammte Otter!«
    »Pfui Teufel«, sagt Saida. »Die ist doch hoffentlich tot?«
    »Eine späte Schlange bringt schlechte Zeiten, es wird einen Hungerwinter geben«, plärrt Lennu Lindroos, der sich an einem einzigen Tag vor elf Jahren in einen Greis verwandelt hat, auf der Bank der alten Männer.
    »Jetzt wollen wir mal keinen Unsinn reden, das heißt gar nichts, vorerst haben wir einen warmen Herbst«, sagt Joel.
    »Doch, doch, das heißt was, Tod und Vernichtung werden kommen, so viel ist sicher«, krächzt Lennu. »Wenn nicht jetzt, dann in zehn Jahren.«
    »Dann müssen wir eben Schlangen essen«, schlägt Joel boshaft vor. Er geht näher heran, um sich die Kreatur anzuschauen. »Für mich wäre das jedenfalls kein Problem. Ich kenne das, Würmer und Maden essen.«
    Gut, aber eine Kreuzotter kann man nicht essen, erklären die Männer und Saida einhellig. Eine Schlange enthält so viel Gift, dass man auf der Stelle daran stirbt.
    »Nein, man stirbt nicht. So einen Wurm schluck ich euch mir nichts dir nichts runter«, behauptet Joel stur. »Wollen wir wetten?«
    »So verrückt kannst nicht mal du sein«, sagt Saida.
    »Ich tu’s. Ganz einfach.«
    Der Herbstwind schüttelt den Ahorn, der über den Bootsschuppen hinwegragt, und lässt gelbe und grellrote Blätter auf die am Boden liegende tote Schlange regnen. Saida betrachtet den zerquetschten Kopf des Tieres und die schwarze Zackenlinie, und ein Schauer überläuft sie. So wie sie Joel kennt, wird er keinen Schritt zurück machen.
    »Ich werde jedenfalls nicht zugucken, wie sich ein Verrückter umbringt. Wir gehen, Viki.«
    Nein, Viki geht nicht, er will unbedingt Joel Tammistos Heldentat sehen.
    »Mit einem Schnaps, damit es rutscht, würde es
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