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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau
Autoren: L Lander
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Regen.
    16. Den ganzen Tag ist nasser Schnee gefallen. Vor der Veranda wurde eine Betonplatte gegossen.
    20. Bei Jalmari zum Namenstag.
    21. Eilverladung. Wir machen Überstunden. 3 Grad minus.
    24. Wahl der Parteitagsdelegierten
    29. Haben bis um eins in der Nacht Überstunden gemacht. Neblig und warm. Raunio zog in sein eigenes Haus.
    30. Heute hörte das Verladen auf.
    Dezember
    9. War im Arbeiterhaus Paimio bei der Zeitungskonferenz.
    20. Bekam Lohn und für den Unabhängigkeitstag 35 Mark. Warmes Wetter. Das Eis ist wieder ganz aufgetaut.
    Waren zum Abendessen bei Salins am 24. Dezember. 5 Grad minus.
    25. Weihnachtsfest im Arbeiterhaus. Es schneite den ganzen Tag. Paulina Aalto brach sich die Hand.
    29. Die Abteilung Vartsala trennte sich heute vom Berufsverband und schloss sich dem Finnischen Arbeiterbund an.
    31. Bunter Abend des AVV. Es regnete den ganzen Tag sehr stark.

Saida, 33
    Vartsala, Oktober 1929
    »Es wird Winter«, sagt Joel Tammisto zu Saida.
    »Ja, und die Stämme gehen aus.«
    Es stehen bereits viele Schaulustige am Anleger, als die dreimastige Mantelmöwe ihren traurigen Abschiedsgruß ausstößt und mit ihrer schweren Last aufs Meer hinausgleitet. Der Wind bläst aus Norden, aber der Himmel über dem gekräuselten Wasser ist weit und blau. Die Männer halten ihre Mützen fest, die Frauen ihre Röcke.
    Saida, die von der Frühschicht kommt, trägt einen Arbeitsanzug. Die sind für Frauen vorgeschrieben, seit Tyyne Santala mit dem Rock im Antriebsrad hängenblieb, als sie die Späne, die von der Untersäge gerieselt waren, wegwischen wollte und zu Tode gequetscht wurde. Osku Venhos Ansicht nach ist mit den Arbeitsanzügen der Frauen allerdings das Arbeitsklima ziemlich trostlos geworden. Er behauptet stur, es sei eine Folge des neuen Ehegesetzes, dass die Frauen jetzt Hosen anhaben. Da die Männer nicht mehr für ihre Frauen die Entscheidungen treffen dürfen, müssen sich die Frauen keine Mühe mehr geben, dem anderen Geschlecht zu gefallen.
    Viki, der mit seiner Stiefmutter in derselben Schicht gearbeitet hat, kommt hinter dem Bootsschuppen hervor, wo er seine Blase geleert hat. Auf der sonnigen, vom Wind geschützten Wand des Schuppens genießen die Männer in der letzten Wärme ihre Selbstgedrehten.
    »Immala hat behauptet, die Schwierigkeiten kämen daher, dass die Russen das Schnittholz zum Schleuderpreis verkaufen«, sagt Viki. Man müsse sich bei den angeblich besonders guten Sozialisten für den Mangel bedanken, weil die Linke den Getreidezoll nicht so weit erhöhen lassen will, wie es nötig wäre.
    Ach ja? So lange sich Joel erinnern kann, ist es den Bauern schlecht gegangen, entweder ist die Ernte zu gut oder sie ist erbärmlich schlecht. Und dann werden die Politiker beschuldigt, weil man gierig gewesen ist und sich zu sehr verschuldet hat und für den Wald nicht das bekommt, was man sich ausgerechnet hat.
    »Auf dem Immala-Hof haben sie auch gerade einen prächtigen Viehstall mit allen Schikanen gebaut«, sagt Viki. »Da wohnen die Viecher vornehmer als bei uns die Menschen.«
    »Na, na«, versucht Saida zu beschwichtigen, obwohl sie weiß, wie zwecklos das ist.
    »Und dann werden dem Arbeiter Vorwürfe gemacht, als würde es uns nicht genauso wurmen, wenn die Arbeit ausgeht.«
    »Ja, wir steuern auch nicht mit Absicht den Bankrott an«, sagt Joel, ohne Saidas vielsagendes Stirnrunzeln zu bemerken.
    »Wir müssen bei der nächsten Versammlung die drohende Arbeitslosigkeit zur Sprache bringen«, sagt Viki. »Zumindest muss man die Gemeinderatsmitglieder unter Druck setzen, dass diesmal Notstandsarbeit organisiert wird.«
    »Von der Reparatur der Steinmauer an der Kirkkotie ist schon länger die Rede. Dein Vater kennt sich doch mit Steinen aus.«
    »Ich bin nicht damit einverstanden, dass Sakari sich mit solchen Steinen den Rücken kaputt macht«, sagt Saida. Sie erkundigt sich, wie die Maurerarbeiten an Joels Sauna vorankommen. Hat Osku Venho etwas zustande gebracht, oder ist er immer noch hauptsächlich mit seinem Schnaps beschäftigt?
    Nein, Oskus Schluckschicht ist fürs Erste mal wieder vorbei, und wie es aussieht, sitzen sie schon am Samstag zum ersten Mal im eigenen Dampf. Joel schlägt Saida vor, mit Sakari und den Kleinen zu Besuch zu kommen und auszuprobieren, ob der Saunaofen im nüchternen Zustand gemauert worden ist oder nicht.
    Saida bedankt sich, sagt aber, Samstag gehe nicht, da es der letzte Sonnabend von Sakaris Bruder in Finnland sei.
    »Mensch, da fährt der Viki
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