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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie
Autoren: John Gardener
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    Nach einer kurzen Pause fragte Charles, was MO 5 bedeute.
    «Militäroperation fünf. Mir ist die ganze Sache so neu wie Ihnen. Was wissen Sie eigentlich über den Sicherheitsdienst? Oder wie diese Spinner da oben es nennen, den Geheimdienst?»
    Charles gestand, daß er fast nichts darüber wisse.
    «Nun, dann setze ich Sie wohl besser ins Bild.»
    Während der nächsten Stunde erklärte Kell die Gründe, warum man ihn gebeten hatte, diese Dienststelle aufzuziehen. Er beschrieb in klaren, präzisen Worten die augenblickliche Situation der Geheimdienste, soweit sie Großbritannien betraf. «Gegen Ende des letzten Jahrhunderts existierte ein zweiköpfiges, nutzloses Monstrum: der militärische Informationsdienst und die Marine-Informationsdivision. Jeder hatte seinen Direktor, DMI für Militär und DID für die Admiralität. Zusätzlich gibt es noch eine Dienststelle, die im Britischen Reich und in Europa Agenten beschäftigt; einige sind Gauner, andere patriotische Männer und Frauen. Das Foreign Office ist äußerst unzufrieden mit der Arbeit des militärischen Informationsdienstes, und der Generalstab mißtraut dem Foreign Office. Die Marine-Informationsdivision ist halbwegs zuverlässig. Aber nun will das CID, Chefbüro für Imperiale Defensive, alles reorganisieren. Es hat weitreichende Kompetenzen. Aber auch das Foreign Office ist fest entschlossen, einen wirksamen Geheimdienst aufzubauen. Zwar untersteht dieser noch immer dem Kriegsministerium, auch wenn der Chef ein Marineoffizier ist. Übrigens ein fähiger Mann namens Smith-Cumming.»
    «Und Ihre Abteilung MO5, was ist deren Aufgabe?»
    «Kurz gesagt soll MO5 das Land gegen Spionage abschirmen. Und mit Spionage meine ich nicht nur ausländische Agenten, sondern auch unsere eigenen Aufrührer.»
    «Sie meinen die Ultra-Radikalen? Die irischen Geheimbündler wie die Fenier und Leute dieser Art?»
    Kell nickte. «Ja, Revolutionäre, die Fenier, Anarchisten, Aufwiegler und so weiter.»
    «Und was wäre meine Aufgabe?» fragte Charles.
    «Ich hoffe, daß Sie für mich arbeiten und mir helfen, den Spionen das Handwerk zu legen.»
    «Aber ich bin ganz unerfahren...»
    «Ich auch», sagte Kell, «aber die Arbeit ist interessant, eine reizvolle Aufgabe, besonders da niemand etwas Ähnliches je zuvor getan hat. Ich möchte eine gut funktionierende Organisation aufbauen, aber ich unterstehe dem CID, dem Chefbüro für Imperiale Defensive. Wenn ich mir meine Leute selbst auswählen und meine eigenen Methoden anwenden dürfte, dann könnten wir ein wirklicher Machtfaktor werden. Also, Charles, wollen Sie mit mir Zusammenarbeiten ?»
    Charles nickte nach einem kaum wahrnehmbaren Zögern, und Kell sagte herzlich, es freue ihn. In Wahrheit gefiel ihm Charles nicht sonderlich. Irgend etwas in seinem Gesicht, in seinen Augen, in seinem ganzen Gehabe sagte ihm, daß Charles Railton nicht das moralische Niveau hatte, das man von einem Mann seiner Herkunft erwartete. Aber Kell glaubte, daß man Menschen ummodeln konnte, und wenn jemand aus Railton einen tüchtigen Beamten für diese neue Dienststelle machen konnte, dann war er es, Vernon Kell. Er berichtete nun Charles in kurzen Worten, daß er bereits eine Menge über seine neue Tätigkeit von Inspektor Patrick Quinn - Paddy Quinn - gelernt habe, dem Chef der Londoner Geheimpolizei.
    «Quinn war sechs Jahre lang der Chef der sogenannten Irischen Abteilung, die für die Bekämpfung der irischen Aufrührer zuständig ist. Aber Quinn ist nicht nur ein äußerst tüchtiger Polizist, sondern auch ein Fachmann für viele Dinge, die für uns ausgesprochen nützlich sind, wie Verhör-Technik, Erfahrung mit den Arbeitsmethoden von Rebellen, Überwachung, Operationen im Untergrund. Im übrigen ist Quinn auch Königlicher Leibwächter. Wir haben also einen guten Berater an ihm», schloß Kell seinen Bericht.
    «Und wann fange ich an?» fragte Charles.
    «Am besten sofort. Und machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihrer Überstellung, das wird erledigt.»
    Und noch bevor Charles recht wußte, wie ihm geschah, saß er vor einem Stapel Papiere und Dokumente. Und einige Stunden später hatte er bereits eine sehr viel genauere Vorstellung dessen, was von ihm erwartet wurde.
    Kell war der Ansicht, daß die Zeit auf keinen Menschen wartet, und Charles würde die gleiche Ausbildung wie sein neuer Chef hinter sich bringen müssen: einen Kurs in drahtloser Telegrafie, einen weiteren im Codieren und Chiffrieren in der Admiralität. Danach
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