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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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gestaltet sich recht günstig, und ohne Dich habe ich gar keine Ausdruckskraft.
    Küsse die Kinder, das Tantchen und alle von mir. Lebe wohl meine Liebe.
    Sonntagabend.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [20. Juni 1867]
    [Moskau]
    Die Post ist wunderbar – Deinen Brief vom Samstag erhielt ich am Montag, den von Sonntag heute, am Dienstag, als ich aus dem Park kam. Ich sitze allein oben im Zimmer, habe gerade den Brief gelesen und kann Dir die Zärtlichkeit, zu Tränen rührende Zärtlichkeit, gar nicht beschreiben, welche ich für Dich empfinde, nicht nur jetzt, sondern in jeder Minute des Tages. Meine Geliebte, Liebste, die Allerbeste auf der Welt. Schreibe mir, um Gottes willen, jeden Tag, bis Samstag. Ich sehe keine Möglichkeit, früher als am Sonntag zurückzukommen. – Was macht Tanjas Husten? Ziehe ihr Flanellhemden an und wickle sie gut ein – die Jahreszeit ist mißlich, Sommerkälte. – Was Du über Tanja und Kusm[inski] schreibst, schreckt mich noch nicht allzusehr, es ist eine Ausflucht, die Liebe nicht ausschließt. Am meisten besorgt mich ihre Sinnlichkeit, die mir nicht gefällt, die ich aber bei ihnen bemerkt habe. Aber es ist nicht an uns zu urteilen. [...]
    Nun zu meinen Gängen des heutigen Tages. Gestern abend noch erhielt ich eine Nachricht von Sacharin, der mir ausrichten ließ, er stehe heute zwischen 2 und 4 zu meinen Diensten und werde mich entweder aufsuchen oder bitte mich zu ihm. Ich entschied mich für letzteres. [...] Er untersuchte mich lächerlich aufmerksam und pedantisch genau; hieß mich mit geschlossenen Augen gehen, liegen und auf bestimmte Weise atmen, pochte und klopfte mich überall ab. Er sagte mir folgendes: »Sie leiden unter 1) starker nervlicher Zerrüttung und 2) Steinen in der Gallenblase – beides ist nicht gefährlich und leicht zu behandeln. Allerdings ist es möglich, daß Sie darüber hinaus 3) an einer Unterzuckerung des Harns leiden, ich gehe zwar nicht davon aus, kann es jedoch nicht zweifelsfrei ausschließen, ohne eine Harnprobe untersucht zu haben. Schicken Sie mir morgen eine Probe, und ich sage Ihnen dann am Donnerstag,wie ich Sie zu behandeln gedenke.« – [...] Morgen, am Donnerstag und am Freitag werde ich die Korrekturen des ersten Teils vornehmen, den ich hierzulassen versprochen habe. Außerdem habe ich versprochen, einige der historischen Kapitel Pogodin 91 , Sobolewski 92 , Samarin 93 und Schtschebalski 94 vorzulesen. Morgen werde ich die Herrschaften treffen. [...] Ich will selbst wieder richtig leben, aber ohne Dich ist mir nicht nur traurig und schrecklich zumute, mehr noch, ohne Dich bin ich wie tot, kein lebendiger Mensch. Ich liebe Dich allzusehr, wenn Du nicht bei mir bist. Das ist dumm. Lebe wohl, Liebe, Liebste.
    Ist die noch nicht ins reine geschriebene Fortsetzung des Romans zu Hause geblieben oder nicht?
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [22. Juni 1867]
    [Moskau]
    Ich schreibe Dir in Lisas Zimmer nach all den tagelangen, ja fast eine Woche dauernden Anstrengungen, die nunmehr fast gänzlich zur Zufriedenheit abgeschlossen sind. [...] Heute morgen kam Ries 95 , der Schriftsetzer, wir haben den Vertrag unterzeichnet, und ich gab ihm 500 R[ubel] Anzahlung. Dieser Ries ist ein feiner Kerl, ein sehr praktisch veranlagter und korrekter Deutscher. Bartenjew, dem ich 10% für Veröffentlichung, Verkauf und Lagerung der Bücher zahle, ist auch ein sehr korrekter Mensch, der sein Handwerk versteht, und mir scheint, man hätte die Angelegenheit der Publikation nicht besser gestalten können, alles zusammen wird etwa 4500 R[ubel] kosten. Sie wird in den ersten Novembertagen fertig, die Korrekturen nehme ich selbst vor, dann prüft Bartenjew noch einmal, sogar auf sprachliche Korrektheit, was ich ihm furchtlos gestattet habe 96 . Es werden 4800 Exemplare gedruckt, die zu 8 R[ubeln] je Exemplar verkauft werden, davon gehen insgesamt 30% zuje 10% an Bartenjew und 20% an die Buchhändler. Entgegen ersten Vereinbarungen gebe ich weitere 5% an Bartenjew, zu meiner eigenen Beruhigung. Nun muß ich den gesamten korrigierten ersten Teil hierlassen und einen gewissen Teil des zweiten, dafür aber brauche ich 6 Stunden, die ich bis Samstag zu finden hoffe. Nachdem ich bis um 3 mit Ries und Bartenjew zugebracht hatte, fuhr ich zu Sacharin, wo ich eine Stunde wartete und eine weitere bei ihm verbrachte. Die von ihm angenommene Krankheit hat sich nicht bestätigt, wozu er mich beglückwünschte, die
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