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Eine bezaubernde Erbin

Eine bezaubernde Erbin

Titel: Eine bezaubernde Erbin
Autoren: Sherry Thomas
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Venetia und Millie begleiteten sie auf ihrer Reise als Anstandsdamen.
    Oberflächlich betrachtet schien Helena, eine erfolgreiche junge Frau, die am Lady Margaret Hall studiert hatte und gegenwärtig einen kleinen, aber erfolgreichen Verlag besaß, die perfekte Autorin für einen derartigen Artikel. In Wirklichkeit hatte sie sich jedoch vehement gegen den Auftrag gewehrt.
    Doch ihre Familie hatte Grund zu der Annahme, dass die unverheiratete Helena sich auf eine Affäre eingelassen hatte, die sie in den Ruin treiben konnte. Es war eine äußerst verzwickte Situation. Helena war mit ihren siebenundzwanzig Jahren nicht nur schon längst mündig, sie hatte auch ihr Erbe bereits angetreten – war also in einem Alter und finanziell in einer Lage, in der man sie nicht zwingen konnte, sich schicklicher zu benehmen.
    Venetia, Fitz und Millie hatten sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie tun konnten, um die geliebte Schwester zu schützen. Letzten Endes hatten sie den Entschluss gefasst, Helena außer Reichweite der Versuchung zu bringen, ohne je ihre wahren Gründe dafür zu nennen. Sie hatten die Hoffnung, dass sie zur Besinnung kommen würde, sobald sie ein wenig Zeit und den Abstand hatte, über ihre Entscheidung nachzudenken.
    Venetia hatte den Herausgeber des Magazins Queen praktischbestochen, damit er Helena den Auftrag in Amerika anbot, und hatte sich dann daran gemacht, deren Widerstand dagegen zu untergraben, England zu verlassen. Sie waren zu Beginn des Frühlingssemesters im Bundesstaat Massachusetts eingetroffen. Seitdem hatten Venetia und Millie dafür gesorgt, dass Helena mit einer steten Abfolge von Interviews, Unterrichtsbesuchen und Lehrplanstudien mehr als genug zu tun hatte.
    Allerdings würden sie Helena nicht viel länger auf dieser Seite des Atlantiks halten können. Statt ihn zu vergessen, schien sich Helena unter der erzwungenen Trennung nur noch heftiger nach demjenigen zu sehnen, den sie zurückgelassen hatte.
    Wie zu erwarten, setzte Helena erneut zu Protest an. „Millie hat mir erzählt, dass du noch weitere Interviews arrangiert hast. Ich habe doch gewiss inzwischen genug Material für einen Artikel gesammelt. Noch mehr und ich kann ein ganzes Buch über das Thema schreiben.“
    Venetia und Millie wechselten einen Blick.
    „Es ist vielleicht gar keine schlechte Idee, genug Material für eine längere Abhandlung zu haben. Du kannst sie selbst veröffentlichen“, sagte Millie auf ihre ruhige, einfühlsame Art.
    „Das stimmt. Aber so vortrefflich ich die Damen des Radcliffe College auch finde, ich habe nicht vor, ihnen noch viel mehr Zeit meines Lebens zu widmen“, antwortete Helena in scharfem Ton.
    Siebenundzwanzig war ein schwieriges Alter für eine unverheiratete Frau. Heiratsanträge wurden selten, die Londoner Saison wandelte sich von einem aufregenden Ereignis zu nicht enden wollender Pflicht. Die Möglichkeit, als alte Jungfer zu enden, rückte bedrohlich näher, aber dennoch musste sie überallhin begleitet werden, entweder von einer Bediensteten oder von einer Anstandsdame.
    War dies der Grund dafür, dass Helena, die Venetia für die scharfsinnigste und klügste von ihnen gehalten hatte, rebelliert und sich dazu entschlossen hatte, nicht länger vernünftig zu sein? Diese Frage hatte Venetia noch nicht gestellt. Niemand hatte das bisher gewagt. Sie alle wollten so tun, als sei der Fehltritt auf Seiten Helenas nie geschehen. Ihn einzugestehen hätte bedeutet, zur Kenntnis zu nehmen, dass Helena auf den Ruin zusteuerte – und dass keiner von ihnen der unkontrollierbaren Talfahrt Einhalt gebieten konnte, die ihre Affäre nun einmal war.
    Venetia hakte sich bei Helena unter. Es war besser für sie, wenn sie sie so lange wie möglich von England fernhielten, aber sie mussten sie mit List dazu bringen, statt sie zu zwingen.
    „Wenn du dir sicher bist, dass du genug Material hast, dann werde ich den verbleibenden Eltern, die wir wegen eines Interviews kontaktiert haben, schreiben, dass ihre Teilnahme nicht länger nötig ist“, erklärte sie, während die Frauen die Türen des Museums aufstießen.
    Eine kalte Böe wehte ihnen entgegen. Helena zog ihren Umhang enger um sich und wirkte gleichzeitig erleichtert und argwöhnisch. „Ich bin sicher, dass ich genug Material habe.“
    „Dann werde ich ihnen schreiben, sobald wir unseren Tee eingenommen haben. Um die Wahrheit zu sagen, ich war in letzter Zeit selbst ein wenig rastlos. Jetzt, da du deine Arbeit beendet hast, können wir die
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