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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort
Autoren: Marcia Muller
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hartgesottene und augenscheinlich gewissenlose Typ wie damals in
Thailand.
    Renshaw und ich bogen um die Ecke
Jackson Street. Eine Polizeiabsperrung zog sich quer über die Straße, und
weiter hinten erspähte ich Streifenwagen, ein Feuerwehrauto, den Einsatzwagen
des Bombenkommandos und einen Krankenwagen. Die Kunde von diesem neuen
Bombenanschlag war bereits zu den Medien gedrungen; Reporter und Kameraleute
forderten lautstark Zugang zum Tatort, und die uniformierten Beamten hatten
Mühe, sie in Schach zu halten. Renshaw und ich zwängten uns durch das Gedränge.
    Als Gage seinen Ausweis zückte,
schwenkte ein Channel-Seven-Kameramann herum, um uns zu filmen. Ich versteckte
mich hinter Renshaw; mein Bekanntheitsgrad war ohnehin schon zu hoch, und wenn
das Fernsehen meine Anwesenheit an diesem Ort öffentlich verbreitete, konnte
das meine Ermittlungsarbeit behindern. Der Beamte verrückte die Absperrung, um
uns passieren zu lassen, und stieß den hartnäckigen Kameramann zurück, der
prompt hinter uns durchzuschlüpfen suchte. Der Typ wetterte sofort los, daß die
Öffentlichkeit ein Recht auf Information habe. Ich bedachte ihn mit einem
angewiderten Blick und trabte hinter Renshaw her.
    Vor dem Konsulat legte sich die
Aufregung bereits. Die Feuerwehrleute waren im Abmarsch, das Fahrzeug des
Bombenkommandos fuhr schon wieder los, zwei Cops lehnten an einem Streifenwagen
und unterhielten sich leise. Bewohner der umliegenden Häuser und
Apartmentkomplexe machten sich auf den Heimweg. Ihr gedämpftes Gemurmel bildete
einen Kontrapunkt zu den quäkenden Stimmen aus den Funkgeräten der
Einsatzwagen. Ich bemerkte einen zivilen blauen Buick, der der Sonderkommission
gehörte.
    Das große cremeweiße Haus stand weiter
zurück als die Nachbargebäude, hinter einem niedrigen Schmiedeeisenzaun und
einer Gartenanlage. Links von dem steingepflasterten Zugangsweg sah ich die
Trümmer eines Springbrunnens. Beton brocken lagen um den gekachelten Sockel
verstreut; Wasser war aus dem Fontänenrohr geschossen und hatte den Boden
durchtränkt und Pfützen gebildet. Das mittlerweile abgedichtete Rohr hing
völlig schief.
    Mir stockte der Atem, und ich spürte,
wie sich die Härchen auf meiner Haut aufstellten. Das hier war nichts im
Vergleich zu dem, was mich nach der Explosion an der Küste bei Mendocino
erwartet hatte, aber es setzte mir dennoch zu. Ich ließ meinen Blick nach
rechts hinüberschwenken und sah auf der anderen Seite des Fußwegs zwei
Sanitäter neben einer Bahre stehen, auf der eine junge Frau lag. Ihr Gesicht
war zerschnitten und zerschunden; das kurze blonde Haar klebte ihr klatschnaß
am Kopf.
    Renshaw sprach mit einem der Sanitäter.
Ich ging hinüber und hockte mich neben die RKI-Angestellte. »Wie fühlen Sie
sich?«
    »Wie Hackfleisch.« Ihre Augen waren
glasig vor Schmerz, aber sie schien klar im Kopf.
    Renshaw hockte sich auf der anderen
Seite neben sie. »Holman«, sagte er. »Wie zum Teufel ist das passiert?«
    Ihre Finger krallten sich in ihre
Oberschenkel, aber das war auch ihre einzige Reaktion auf seinen barschen Ton.
So ruhig, als hätte sie im Büro Bericht zu erstatten, sagte sie: »Auf meiner
Grundstücksrunde habe ich bemerkt, wie jemand, der aussah wie ein UPS-Bote, ein
Paket an der Tür abgab. Ich habe mich nach einem Paketauto umgeguckt. Keins da.
Ich habe ihn angebrüllt, was er da macht, und er ist abgehauen.«
    »Sie haben ihn entwischen lassen.«
    Holmans Finger krallten sich wieder
zusammen. »Ja. Mrs. Hamids Enkelin Habiba war an der Tür und hat das Paket
angenommen. Heute ist ihr neunter Geburtstag, und sie dachte wohl, es wäre ein
Geschenk für sie. Sie war schon dabei, es aufzumachen, also habe ich es ihr
weggerissen und in den Brunnen geschmissen.«
    »Und so den Zünder ausgelöst.«
    Holman schloß die Augen. Wie alle
RKI-Leute war sie ein abgebrühter Profi, aber der Schmerz oder Renshaws
inquisitorischer Ton waren zuviel für sie.
    Renshaw drehte sich zu einem
vierschrötigen jungen Mann um, der hinter ihm herangetreten war. »Nun, Wilson?«
sagte er. »Wo waren Sie, wieso konnte ein kleines Mädchen die Tür öffnen?«
    Wilson trat von einem Fuß auf den
anderen, und sein rundes Gesicht lief rot an. »Ich... ich habe keine
Entschuldigung dafür, daß ich nicht an der Tür war, Sir. Aber ich wußte nicht,
daß Habiba ihrer Kinderfrau entwischt war. Die Kleine ist ganz schön
raffiniert...«
    »Herrgott, wenn Sie es noch nicht mal
schaffen, eine Neunjährige im Griff zu
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