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Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz
Autoren: Tessa Dare
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ihrer Hand, und sie tätschelte behutsam seine Nüstern. Dann band sie Captain los. Als der Wallach ein paar Schritte vorwärtsmachte, fiel Amelia ein, dass sie ihn ja erst satteln und aufzäumen musste. Suchend schwenkte sie die Laterne durch die Box. Wusste sie überhaupt, wie ein Pferd gesattelt wurde?
    »Huch!« Sie erschrak, weil Captain sie plötzlich in die Seite stupste und sie um ein Haar die Kutschenlaterne fallen gelassen hätte. War sie noch ganz bei Sinnen? Es wäre gefährlich für ihr ungeborenens Kind, wenn sie einen Tritt abbekam oder hinfiel. Gut, dann musste sie eben zu Fuß gehen.
    Entschlossen ging sie aus dem Stall und nahm den schmalen gewundenen Fußweg zu den hohen Felsen. Bäume säumten den steinigen, von Flechten und Moosen überwucherten Pfad, der vom Regen ganz glitschig war. Sie glitt mehrmals aus und stolperte, einmal hielt sie sich im letzten Moment fest, sonst wäre sie in den Fluss gestürzt. Irgendwie schaffte sie es unbeschadet auf das Felsplateau, die Laterne brannte noch.
    Sie verschnaufte für einen Augenblick und schickte ein kurzes Stoßgebet zum Himmel. Dann marschierte sie weiter zu den Ruinen von Beauvale Castle. Dort hatten ihre Brüder früher ihren Schabernack getrieben, und sie hoffte inständig, dass die alten Gewohnheiten überdauert hatten.
    Außer Atem erreichte sie das Torhaus. Ihr Herz tat einen Satz, als sie sah, dass das Tor einen Spalt offen stand. Sie schob die schwere Eichentür weiter auf und leuchtete ins Innere.
    Ihr Blick fiel auf Jack. Das Haar hing ihm in wirren Locken in die Stirn. Er schien nicht verblüfft, seine Schwester zu sehen.
    »Ich hatte keine Ahnung, Amelia.« Er blickte über seine Schulter. Hinter ihm in der Ecke hockte Claudia mit umschlungenen Knien und zitterte wie Espenlaub. »Ich schwöre dir, ich hatte keine Ahnung.«
    »Du bist ein unverbesserlicher Idiot«, sagte sie, während sie die Laterne an einen rußgeschwärzten Haken hängte. »Hast du ernsthaft geglaubt, sie brennt mit dir durch, bloß weil du so nett lächeln kannst? So umwerfend bist du nun auch wieder nicht.«
    In der Ecke kniete Amelia sich vor Claudia. Die Lippen des Mädchens waren bläulich verfärbt und bibberten unkontrolliert; ihre Augen blickten ins Leere. Tränen und Regentropfen rannen über ihre Wangen.
    Amelia nahm ihren Umhang ab und legte ihn dem zitternden Mädchen um die Schultern. »Es wird alles gut, Liebes.« Das Mädchen hob den Blick. »Ich weiß es. Ich weiß alles.«
    Unversehens sank Claudia in Amelias Arme und schluchzte hilflos an ihrer Schulter. Amelia legte die Arme um sie und sprach sanft auf sie ein. Die Arme. Sie sehnte sich nach Trost und Zuwendung, doch Amelia war mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen, und ihr war entgangen, dass Claudia sie gar nicht persönlich ablehnte, sondern eine Heidenangst hatte, jemand könnte ihr kleines Geheimnis erfahren.
    Vorhin in der Küche war Amelia ein Licht aufgegangen. Das abweisende Verhalten des Mädchens, ihre Gereiztheit, ihre Appetitlosigkeit und die Übelkeit in der Kutsche …
    Claudia war schwanger.
    »Du armes Ding.« Sie streichelte über Claudias nasse Haare. »Du tust mir so leid.« Sie hat bestimmt Entsetzliches durchgemacht, dachte sie betroffen. »Ist es in York passiert?«
    Claudia nickte.
    »Mein Musiklehrer. Ich war so einsam dort, und er war so nett zu mir, anfangs. Er versprach mir, ich würde nicht …« Ihr versagte die Stimme, und Amelia umschlang sie fester. »Oh Amelia. Ich war so dumm. Wie kann ich ihm das jemals beichten?«
    Amelia war klar, dass Claudia damit nicht den Musiklehrer meinte.
    »Ich schaffe das nicht«, schluchzte das Mädchen. »Er wird furchtbar wütend auf mich sein.«
    »Scht.« Amelia strich ihr über den Rücken und wiegte sie sanft in ihren Armen. »Ich sag es ihm. Und wenn er wütend ist, dann bestimmt nicht auf dich. Dafür liebt er dich viel zu sehr.«
    »Ich dachte … wenn ich weglaufe und heirate …«
    »Dann denkt jeder, das Kind ist von Jack«, beendete Amelia den Satz. »Und du hättest niemandem die Wahrheit beichten müssen.« Sie rieb Claudias Arme und fühlte, wie sich die Haut des Mädchens erwärmte. Der weiche Baumwollstoff klebte nass an ihrem Körper, enthüllte einen kleinen Bauch, den sie geschickt unter hochtaillierten Kleidern versteckte.
    »Das alles war ihre Idee«, mischte sich Jack ein. »Ich wusste nicht, dass sie schwanger ist. Erst als wir vom Regen durchnässt wurden. Das musst du mir glauben. Sie kam zu mir und
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