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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft
Autoren: Stephanie Laurens
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Debütantinnen zu verschaffen, um dann gegebenenfalls den Rückzug anzutreten, noch bevor seine Patin wusste, dass er da war, wuchs und … siegte.
    Er schloss seine Hand um die Klinke aus Gusseisen und drückte sie. Das Tor schwang geräuschlos auf; er trat hindurch und schloss es leise wieder hinter sich. Durch den stillen Garten im Schatten der hohen alten Bäume drang gedämpftes Stimmengewirr und Gelächter zu ihm.
    Sich im Geiste für das Bevorstehende wappnend holte er tief Luft, dann stieg er rasch die steilen Stufen empor, die in den Garten führten.
    Er bewegte sich gewohnt leise.
    Die Frau, die neben dem Mann auf dem Boden kauerte, hörte ihn nicht. Der Mann lag ausgestreckt auf dem Rücken, die Schultern an den Stamm des größten Baumes gelehnt. Er rührte sich nicht.
    Diese Szene bot sich Tonys Blick, als er die Stufen emporgestiegen war. Hellwach und mit jäh geschärften Sinnen blieb er stehen.
    Sie war schlank und rank, trug ein seidenes Abendkleid und hatte die dunklen Haare hochfrisiert; um ihre Schultern hatte sie einen silbrigen Schal geschlungen, den sie vorne fest zusammenhielt, während sie sich ganz langsam aufrichtete. In ihrer anderen Hand hielt sie ein langes Stiletto mit wellenförmiger Klinge, die mit Blut beschmiert war.
    Sie hielt den Dolch am Griff, locker zwischen zwei Fingern, die Spitze nach unten gerichtet. Sie starrte die Klinge an, als wäre es eine Schlange.
    Ein Tropfen dunkler Flüssigkeit fiel von der Spitze.
    Die Dame erschauerte.
    Tony machte einen Schritt vor, getrieben von dem unerklärlichen Wunsch, sie in seine Arme zu ziehen; es gelang ihm, sich davon abzuhalten, und so stand er einfach da. Sie musste seine Anwesenheit gespürt haben, denn sie blickte auf.
    Ein zartes herzförmiges Gesicht, die Haut weiß wie Schnee, die Augen weit aufgerissen vor Schreck, schaute ihn an.
    Dann riss sie sich mit sichtlicher Mühe zusammen.
    »Ich denke, er ist tot.«
    Ihre Stimme war ausdruckslos, bebte leicht. Sie bekämpfte die Hysterie, die sie zu überwältigen drohte; er war dankbar, dass sie gewann.
    Er rang den Drang nieder, sie beschwichtigen, sie schützen zu wollen - ein lachhaft primitives Gefühl, aber unerwartet mächtig, und ging näher zu ihr. Er wendete seinen Blick von ihr ab und schaute den leblosen Mann an, dann griff er nach dem Dolch. Sie überließ ihn ihm mit einem Schauder, nicht nur wegen des Schocks, sondern auch aus Ekel.
    »Wo war er?« Er achtete darauf, seinen Ton unpersönlich zu halten, geschäftlich. Er ging neben der Leiche in die Hocke, wartete.
    Nach einem Moment antwortete sie.
    »In seiner linken Seite. Die Klinge war beinahe ganz herausgerutscht … Ich habe erst gar nicht begriffen …« Ihre Stimme hob sich, wurde dünn … brach dann ganz ab.
    Bleib ruhig. Er versuchte, sie allein durch die Kraft seiner Gedanken dazu zu zwingen; eine flüchtige Untersuchung zeigte, dass sie in beiden Punkte recht hatte. Der Mann war tot; er war sauber niedergestochen worden, mit einem einzigen tödlichen Stich von hinten zwischen die Rippen.
    »Wer ist das - kennen Sie ihn?«
    »Ein Mr. Ruskin - William Ruskin.«
    Er schaute sie scharf an.
    »Sie haben ihn gekannt.«
    Er hatte es nicht für möglich gehalten, aber ihre Augen wurden noch größer.
    »Nein!«
    Alicia atmete tief ein, schloss die Augen und bemühte sich, ihren Verstand zu benutzen.
    »Genau genommen« - sie öffnete die Augen wieder - »schon, aber nicht wirklich, nur flüchtig. Auf der Abendgesellschaft …«
    Sie deutete mit der Hand vage in Richtung Haus, holte nochmals Luft und sprach weiter:
    »Ich bin nach draußen gegangen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Kopfschmerzen … niemand war hier draußen. Ich bin ein wenig umhergegangen …« Ihr Blick glitt zu Ruskins Leichnam. Sie schluckte.
    »Dann habe ich ihn gefunden.«
    Ruskin hatte ihr gedroht, ihren Plan, ja, die Zukunft ihrer Familie in Gefahr gebracht. Er hatte sie erpresst … Und jetzt war er tot. Sein Blut sickerte aus der Wunde und sammelte sich in einer dunklen Pfütze an seiner Seite, es klebte an der Klinge des Dolches, den nun der Fremde hielt. Es war schwierig, alles zu begreifen, zu wissen, was sie fühlte, oder gar, wie sie am besten reagieren sollte.
    Der unbekannte Gentleman erhob sich.
    »Haben Sie jemanden weggehen sehen?«
    Sie starrte ihn an.
    »Nein.« Sie blickte sich um, war sich mit einem Mal der Stille der Gärten bewusst. Jäh kehrte ihr Blick zu ihm zurück.
    Tony fühlte, was sie dachte, spürte ihre
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