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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft
Autoren: Stephanie Laurens
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sie sonst nie getan hätte - und bislang gewonnen.
    Sie war Mrs. Carrington geworden, eine wohlhabende modische Witwe, die perfekte Anstandsdame, um Adriana in die gute Gesellschaft einzuführen. Eine echte Anstandsdame einzustellen, hatte außer Frage gestanden - sie hatte nicht nur das Geld nicht, es waren auch völlig andere Voraussetzungen, wenn eine reiche Witwe ihre jüngere Schwester begleitete, als wenn zwei Jungfern vom Lande unter der Obhut einer bezahlten Anstandsdame auftraten, deren Status nur auf sie zurückgefallen wäre.
    Mit ihrer Maskerade hatten sie bislang jede Hürde mühelos genommen und hatten erfolgreich ihren Platz in den Reihen der vornehmen Welt gefunden. Erfolg blinkte lockend am Horizont, alles ging so gut …
    Es musste einen Weg geben, Ruskin und seine Drohung zu umgehen.
    Sie konnte ihn heiraten, aber der Ekel, der sie bei dem Gedanken erfasste, ließ sie das nur als allerletzte Möglichkeit in Erwägung ziehen; sie würde daran erst denken, wenn es wirklich keinen anderen Weg mehr gab.
    Eine Sache, die Ruskin gesagt hatte, fiel ihr wieder ein. Er dachte, sie hätte Geld. Er hatte herausgefunden, dass sie nie verheiratet gewesen war, aber er hatte nicht erfahren, dass sie praktisch bettelarm war.
    Was, wenn sie es ihm sagte?
    Würde das einen Unterschied für ihn machen? Ihn dazu bewegen, seinen Plan zu ändern, oder ihm schlicht nur eine neue Waffe in die Hände spielen? Wenn er erführe, dass sie nichts besaß und nur Kosten und Verpflichtungen in die Ehe mitbrachte, würde er da nicht einfach beschließen, sie nicht zu heiraten und nur zu seiner Mätresse zu machen?
    Bei der Vorstellung wurde ihr übel. Sie trank den Rest ihres Wassers, dann stand sie auf und stellte das Glas auf ein nahes Sideboard. Dadurch drehte sie sich genau in dem Augenblick zum Raum hin um, in dem Ruskin durch die Glastür nach draußen trat.
    Sie bewegte sich durch die Menge und schaute genauer hin. Die Tür blieb einen Spalt breit offen stehen, sie führte auf einen Balkon oder eine Terrasse.
    Die Tatsache, dass sie ihn an einen Ort hatte gehen sehen, der ihnen größere Ungestörtheit bieten würde, bekräftigte sie in ihrem Entschluss; sie würde ihm nachgehen und mit ihm sprechen. Trotz seines unseligen Wunsches, sie »zu bekommen«, konnte es vielleicht doch noch etwas anderes geben, was er im Gegenzug für sein Schweigen akzeptieren würde.
    Es war auf jeden Fall einen Versuch wert. Sie hatte Bekannte mit Geld, die sie - wenigstens glaubte sie das - um Hilfe bitten konnte. Und auf jeden Fall würde sie versuchen, sich wenigstens mehr Zeit auszubedingen.
    Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge und stellte sich neben Adriana.
    Mit einem Lächeln zu den Herren drehte die sich zu ihr um.
    »Was ist los?«
    Alicia wunderte sich einmal mehr über die Fähigkeit ihrer Schwester, sie zu durchschauen.
    »Nichts, womit ich nicht fertig werden könnte. Ich erzähle es dir später. Ich werde auf die Terrasse gehen, um mit Mr. Ruskin zu reden, und bin gleich wieder zurück.«
    Der Ausdruck in Adrianas Augen verriet, dass sie eine ganze Reihe Fragen hatte, aber akzeptierte, dass sie sie jetzt nicht stellen konnte.
    »In Ordnung, aber sei vorsichtig. Er ist eine Kröte - wenn nicht schlimmer als das.«
    »Mrs. Carrington, werden Sie und Miss Pevensey die Premiere im Theatre Royal besuchen?«
    Der junge Lord Middleton war so eifrig wie ein junger Spaniel; Alicia gab eine unverbindliche Antwort und wechselte noch ein paar Bemerkungen mit den anderen, dann entfernte sie sich von der Gruppe und ging zu den Terrassentüren.
    Wie sie angenommen hatte, gelangte man durch die Tür auf eine Terrasse, die etwas höher lag als die Gärten hinterm Haus. Die Türen standen offen, um Luft in den überfüllten und überhitzten Empfangssalon zu lassen; sie schlüpfte hindurch und zog sie hinter sich fast zu, dann schlang sie sich den Schal um die Schultern und sah sich um.
    Es war Mitte März und kühl; sie war froh über ihren Schal. Es war keine große Überraschung, dass sonst niemand einen Spaziergang durch den frostigen Garten machte. Sie blickte sich um, erwartete, Ruskin zu sehen, wie er sich vielleicht ein Zigarillo gönnte, aber die in Schatten getauchte Terrasse war leer. Sie schlenderte zur Balustrade und schaute in den Garten. Kein Ruskin weit und breit. Hatte er die Soirée auf diesem Wege verlassen?
    Sie schaute den Weg entlang. So wie er verlief, schien er zu einer Gartentür zur Straße zu führen.
    Aus dem
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