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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft
Autoren: Stephanie Laurens
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vorhin war zu Asche verbrannt; ihr Mund war trocken. Sie befeuchtete die Lippen und bemühte sich um einen gleichmäßigen Tonfall.
    »Ich glaube, ich verstehe Sie bestens, mein Herr. Dennoch … Ich fürchte, ich muss mir ein wenig Bedenkzeit ausbedingen.«
    Seine Brauen hoben sich; sein wenig vertrauenswürdiges Lächeln kehrte zurück.
    »Natürlich. Sie haben vierundzwanzig Stunden Zeit - es gibt schließlich nicht allzu viel zu bedenken.«
    Sie atmete scharf ein, versuchte sich verzweifelt zu sammeln, um ihm zu widersprechen.
    Aber sein Blick hielt ihren gefangen.
    »Morgen Abend können Sie meinen Antrag offiziell annehmen - und morgen Nacht erwarte ich, das Bett mit Ihnen zu teilen.«
    Schreck lähmte sie, ließ sie erstarren. Sie schaute ihm forschend in die blassen Augen, fand aber keinen Hinweis auf irgendein Gefühl, an das es sich zu appellieren lohnte.
    Als sie keine Antwort gab, verneigte er sich geziert. »Ich werde morgen Abend um neun bei Ihnen vorstellig werden.«
    Damit drehte er sich um und ging, verschmolz mit der Menge.
    Alicia stand wie erstarrt, ihre Gedanken ein wildes Durcheinander. Ihre Haut fühlte sich eiskalt an, ihr Magen seltsam hohl.
    Lautes Gelächter war aus den Reihen der Witwen zu hören; ohne Erfolg versuchten sie, es zu dämpfen. Es holte Alicia in die Wirklichkeit zurück. Sie schaute durch den Raum zu Adriana. Ihre Schwester behauptete sich mühelos, hatte aber ihre Abwesenheit bemerkt. Ihre Blicke trafen sich, doch als Adriana fragend eine Braue hob, schüttelte Alicia nur kaum merklich den Kopf.
    Sie musste sich fassen, den verlorenen Boden zurückgewinnen - ihren Plan, ihr Leben wieder unter Kontrolle bringen. Ruskin heiraten oder … Sie konnte es kaum denken.
    Schwäche hielt sie weiter gefangen, in der einen Minute war ihr heiß, in der nächsten kalt. Sie sah einen Lakaien vorbeikommen und erbat ein Glas Wasser. Er brachte es ihr sofort, betrachtete sie aber argwöhnisch, als fürchtete er, sie könne ohnmächtig werden. Sie rang sich ein müdes Lächeln ab und bedankte sich bei ihm.
    Ein Stuhl stand zwei Meter entfernt an der Wand, sie ging hin und setzte sich, trank von ihrem Wasser. Nach wenigen Minuten öffnete sie ihren Fächer und wedelte sich kühle Luft zu.
    Sie musste überlegen. Adriana war für den Augenblick sicher …
    Sie schob alle Gedanken an Ruskins Drohung beiseite und konzentrierte sich auf ihn, auf das, was er gesagt hatte - was sie wusste und was nicht. Warum er so handelte, wie er es tat, welche Einsichten ihr das vermittelte, wie sie ihn am besten dazu bringen konnte, seine Meinung zu ändern.
    Sie - Adriana, die drei Jungs und sie selbst - waren verzweifelt darauf angewiesen, dass Adriana eine gute Partie machte. Nicht nur mit irgendeinem Herrn, sondern einem von Rang und Vermögen - und mit einem gütigen Wesen, gütig genug, ihnen nicht nur die Täuschung zu verzeihen, sondern auch den Jungs eine Schulausbildung zu ermöglichen.
    Sie waren praktisch so mittellos, dass sie nur eine Haaresbreite von echter Armut trennte. Sie waren von guter Herkunft, hatten aber keine familiären Verbindungen oder Beziehungen; es gab nur sie fünf - oder genauer Alicia und Adriana, um sich um sie zu kümmern. David war erst zwölf Jahre alt, Harry zehn und Matthew acht. Ohne Schulbesuch hatten sie keine Zukunft.
    Adriana musste die Chance erhalten, so vorteilhaft zu heiraten, wie sie es ihr alle zutrauten. Sie war atemberaubend schön; die gute Gesellschaft hatte ihr bereits inoffiziell den Titel »Diamant reinsten Wassers« verliehen. Sie würde ein Erfolg sein, der ihre kühnsten Träume überstieg; sobald die Saison an Schwung gewonnen hatte, konnte sie ihre Wahl unter den reichen Herren treffen, und sie war trotz ihres jungen Alters klug genug, mit Alicias Hilfe die richtige Entscheidung zu fällen.
    Ein Gentleman würde der Richtige für sie sein, für sie alle, und dann wäre die Familie - Adriana und die drei Jungen - in Sicherheit.
    Alicia hatte kein anderes Ziel; das hatte sie seit achtzehn Monaten nicht, seit ihre Mutter gestorben war. Ihr Vater war schon Jahre davor einem Leiden erlegen, hatte die Familie mit spärlichen finanziellen Mitteln und nur wenig Landbesitz zurückgelassen.
    Sie hatten alles zusammengekratzt, geknausert und gespart, und dann alles auf diese eine Karte gesetzt, die das Schicksal ihnen in die Hände gespielt hatte, indem es Adriana unvergleichliche Schönheit verliehen hatte. Um das zu erreichen, hatte Alicia etwas getan, was
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