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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft
Autoren: Stephanie Laurens
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zurückzuziehen und den Rest des Abends in einvernehmlichem Schweigen zu verbringen.
    Tony verabschiedete sich; grinsend wünschten sie ihm Glück. Zusammen mit Christian und Charles stieg er die Stufen hinab zur Straße. Auf dem Bürgersteig trennten sie sich. Christian und Charles begaben sich nach Kensington in Richtung Holland House, während Tony den Weg nach Mayfair einschlug.
    Unlust hemmte seine Schritte, aber er beachtete das Gefühl nicht weiter. Jeder erfahrene Befehlshaber wusste, dass es Kräfte gab, auf die zu bekämpfen man besser nicht seine Energie verschwendete. So wie Patinnen beispielsweise. Und französische ganz besonders.

    »Guten Abend Mrs. Carrington. Es ist mir ein Vergnügen, Sie wiederzusehen.«
    Alicia Carrington lächelte ungezwungen und reichte Lord Marshalsea ihre Hand.
    »Mylord, ich denke, Sie erinnern sich noch an meine Schwester Miss Pevensey?«
    Da der Blick Seiner Lordschaft bereits auf Adriana ruhte, die wenige Schritte neben ihr stand, war diese Frage hauptsächlich rhetorisch. Seine Lordschaft hatte jedoch offensichtlich entschieden, dass Alicias Unterstützung zu erlangen entscheidend dafür war, Adrianas Hand zu gewinnen. Während er Adriana zunickte, blieb er an Alicias Seite und unterhielt sich beiläufig, ja beinahe abgelenkt mit ihr.
    Das lag, entschied Alicia, eindeutig daran, dass Lord Marshalsea so versunken in die Betrachtung ihrer Schwester war, die ihrerseits angeregt mit dem Kreis Bewunderer plauderte, der sich um sie drängte und um ihre Aufmerksamkeit wetteiferte. Adriana war eine echte englische Rose - und sie trug dementsprechend ein rosa Seidenkleid, das allerdings eine Schattierung dunkler war, als sonst bei jungen Damen üblich, damit es ihre üppigen dunklen Locken vorteilhaft betonte. Die schimmerten im Schein der Kronleuchter und bildeten den perfekten Rahmen für ihre bezaubernden Züge, ihre großen braunen Augen unter fein gezeichneten schwarzen Brauen, ihren Pfirsich-mit-Sahne-Teint und die vollen Rosenknospenlippen.
    Und Adrianas Figur in dem bewusst einfach geschnittenen Kleid, das mehr andeutete, als herauszustellen, war reizend. Selbst in Sackleinen gewandet würde Alicias Schwester unweigerlich den Herren ins Auge fallen, was der Grund für ihre Anwesenheit hier in London war, mitten in der guten Gesellschaft.
    In Verkleidung.
    Wenigstens was Alicia anging; Adriana war, wer und was sie zu sein vorgab.
    Während sie die angemessenen Antworten auf Lord Marshalseas Bemerkungen gab, beobachtete Alicia genau, wer ihrer jüngeren Schwester den Hof machte. Alles bis zum jetzigen Augenblick war genauso gelaufen, wie sie es geplant hatten, in ihrem kleinen Haus in Little Compton im ländlichen Warwickshire, das zusammen mit den umliegenden paar Morgen alles war, was sie - Alicia, Adriana und ihre drei Brüder - besaßen. Aber selbst mit ihrer zugegebenermaßen blühenden Phantasie hätten sie es sich nicht träumen lassen, dass sich alles - die Umstände, die Leute und die sich bietenden Gelegenheiten - so günstig entwickeln würde.
    Ihr Plan, der unbestritten aus der Verzweiflung geboren und daher gewagt war, könnte aufgehen. Aufgehen, indem er ihren drei Brüdern David, Harry und Matthew eine sichere Zukunft eröffnete - und Adriana. Für sich selbst hatte Alicia nicht so weit gedacht; später, nachdem sie sich um ihre Geschwister gekümmert hatte, war immer noch genug Zeit, sich um ihr eigenes Leben Gedanken zu machen.
    Lord Marshalsea wurde immer nervöser, Alicia erbarmte sich schließlich seiner und ging mit ihm zu dem Kreis von Adrianas Bewunderern, führte ihn ein und zog sich dann, ganz die perfekte Anstandsdame, wieder zurück. Sie lauschte, hörte zu, wie Adriana die Herren um sich herum mit gewohnter Selbstsicherheit behandelte. Obwohl weder sie noch Adriana über irgendwelche frühere Erfahrung in Gesellschaft verfügten oder mit dem Umgang in den höchsten Kreisen, hatten sie seit ihrem Erscheinen in der Stadt und der Einführung in diese erlauchte Schicht alles ohne die kleinste Unebenheit bewältigt.
    Achtzehn Monate gründlichster Recherche und ihr gesunder Menschenverstand hatten ihnen gute Dienste geleistet. Dass sie drei jüngere Brüder hatten, die sie größtenteils selbst großgezogen hatten, hatte ihnen früh jeglichen Hang zu Panik abgewöhnt. Gemeinsam und auch jede für sich waren sie beide an jeder Herausforderung gewachsen und hatten am Ende triumphiert.
    Alicia war stolz auf ihre Schwester und sich - und voller Hoffnung,
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