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Ein Vampir fuer alle Sinne

Ein Vampir fuer alle Sinne

Titel: Ein Vampir fuer alle Sinne
Autoren: Lynsay Sands
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sich ausschließlich dem Thema widmete, wie ihr Cousin Vincent und ihr Onkel Victor sich ernähren konnten, ohne dafür Sterbliche beißen zu müssen. Sie wollten unbedingt so wie jeder andere ihrer Art Blutkonserven trinken, weil es das Leben ganz erheblich erleichterte. Aber beide litten an einer genetischen Anomalie, sodass Blut aus dem Plastikbeutel für sie genauso nahrhaft war wie Wasser. Hätten ihnen nur Blutkonserven zur Verfügung gestanden, wären sie über kurz oder lang gestorben.
    Sie sollte herausfinden, was genau diese Reaktion hervorrief, um dann in einem zweiten Schritt zu erforschen, ob man den beiden irgendein Medikament verabreichen konnte, das so etwas unterband. Seitdem leitete sie dieses Team, doch bislang war es ihnen nicht gelungen, den Grund für die Anomalie zu bestimmen oder wenigstens einzugrenzen. An ein Gegenmittel war damit selbst auf lange Sicht nicht zu denken.
    Mit einem leisen Seufzer angesichts dieser misslichen Lage sah sie wieder zu dem Mann und stellte fest, dass er nach wie vor neben dem Bett stand und zwischen ihr und dem Wasserglas hin- und herblickte.
    »Können Sie Wasser trinken?«, fragte er. »Ich meine, ich weiß, dass Leute Ihrer Art essen und trinken können, aber hilft das was oder muss es unbedingt Blut sein? Ein bisschen davon hätte ich da.«
    Schweigend starrte sie ihn an.
Ich weiß, dass Leute Ihrer Art essen und trinken können? Leute Ihrer Art?
Das klang so, als würde sie zu einer fremden Spezies gehören. Oder als sei sie ein Alien. Der Mann wusste, sie war keine Sterbliche. Aber was wusste er genau über sie? Sie musterte ihn mit ernster Miene, versuchte noch einmal ihn zu lesen und scheiterte auch dieses Mal. Dann kehrte ihr Blick zu dem Wasser zurück, das so kalt war, dass das Glas von außen beschlagen war und sich kleine Rinnsale gebildet hatten.
    Jeanne Louise hätte sogar dafür bezahlt, nur um diese paar Tropfen ablecken zu können. Aber sie wusste nicht, was sich außer einigen Eiswürfeln noch in dem Glas befand. Möglicherweise noch mehr Betäubungsmittel, und das konnte sie nicht riskieren. Wenn er in der Forschungsabteilung angestellt war, dann standen ihm Medikamente zur Verfügung, die ihr ernsthaften Schaden zufügen konnten.
    »Es ist nur Wasser«, sagte der Mann, als hätte er ihre Gedanken gelesen, was ausgesprochen ironisch war. Schließlich war er der Sterbliche – ein Blick in seine Augen genügte, um das zu erkennen –, und Sterbliche konnten keine Gedanken lesen. Unsterbliche waren jedoch dazu in der Lage, nur dass es ihr im Augenblick eben nicht möglich war. Vermutlich war es also nur ihr Gesichtsausdruck, der sie verraten hatte.
    »Es gibt keinen Grund, Sie wieder zu betäuben«, fügte er hinzu, als wolle er sie überzeugen. »Von diesen Ketten können Sie sich aus eigener Kraft nicht befreien, und außerdem müssen Sie einen klaren Kopf haben, wenn Sie über den Vorschlag nachdenken sollen, den ich Ihnen unterbreiten werde.«
    »Den Vorschlag?«, wiederholte sie leise und zerrte einmal kurz an ihren Ketten. Mit ein wenig Anstrengung wäre es ihr wohl gelungen, eines der Glieder durchzubrechen, allerdings auch nur, wenn der Kerl nicht auf die verrückte Idee gekommen wäre, sie wie eine Mumie einzuwickeln.
    »Wasser oder Blut?«
    Die Frage lenkte ihren Blick zurück zum Glas. Niemand konnte ihr garantieren, dass das Blut in Ordnung war. Sie ließ sich die Frage kurz durch den Kopf gehen, dann deutete sie mit einem Nicken auf das Wasser.
    Der Mann beugte sich vor, schob eine Hand unter ihr Kinn und hob es hoch, bis er das Glas an ihre Lippen ansetzen und kippen konnte. Eigentlich wollte sie nur daran nippen, aber als die kalte Flüssigkeit auf ihre Zunge tropfte, gab es für sie kein Halten mehr. Mit gierigen Schlucken trank sie, bis das Glas nur Augenblicke später zur Hälfte geleert war. Er nahm das Glas weg und ließ ihren Kopf behutsam zurück auf das Bett sinken, ehe er sich aufrichtete.
    »Haben Sie Hunger?«, fragte er dann.
    Einen Moment lang dachte sie über seine Frage nach. Ihre letzte Mahlzeit war das Frühstück in der Argeneau-Kantine gut eineinhalb Stunden vor Feierabend gewesen, sodass sie eigentlich keinen Hunger hatte. Aber wenn er sie etwas essen lassen wollte, würde er die Ketten lösen müssen. Diese Vorstellung ließ sie erwartungsvoll lächeln.
    »Ja«, antwortete sie und setzte rasch eine ernste Miene auf, als ihr auffiel, dass er die Augen ein wenig zusammengekniffen hatte.
    Nach kurzem Zögern
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