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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Autoren: Cecilia Grant
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ruhiger Entschlossenheit wich. So vieles konnte entsetzlich schiefgehen. Es gab keine Garantie auf Erfolg. Und wie sie es durchstehen sollte, ohne jeden Anspruch auf ihre Prinzipien zu verlieren, daran mochte sie gar nicht erst denken.
    Einerlei. Sie konnte diese Frauen ihrem Schicksal überlassen, oder sie konnte die Chance ergreifen, die das Schicksal ihr in den Weg gelegt hatte. »Sheridan.« Sie wandte sich um und sah ihr Kammermädchen direkt an. »Erzähl mir mehr über Mr Mirkwood. Erzähl mir alles, was du weißt.«

2
    »Wer ist Mrs Richard Russell, und was kann sie von mir wollen?« Theo Mirkwood hielt die Karte – die erste, die ihm auf einem Tablett gebracht wurde, seit er aufs Land gekommen war – zwischen zwei schlanken Fingern und betrachtete sie kritisch von allen Seiten. Schwarze Buchstaben, auf weißes Papier gedruckt. Kein Rahmen, keine künstlerische Schrifttype, keine kleinen Schnörkel oder Blümchen – nichts, kurz gesagt, was irgendetwas über die Besitzerin verraten hätte, abgesehen von ihrem Namen. Oder besser gesagt, dem ihres Mannes.
    »Sie ist Ihre direkte Nachbarin«, sagte Mr Granville, »die Herrin von Seton Park.«
    Theo lehnte sich in seinem Stuhl zurück und biss von einer Scheibe Toast mit Butter ab, die Karte immer noch zwischen Zeige- und Ringfinger geklemmt. Ihm gegenüber sortierte sein Gutsverwalter – nein, seines Vaters Gutsverwalter – gewissenhaft die vielen langweilig aussehenden Dokumente, die er mitgebracht hatte. »Sie muss sie heute Morgen zu einer unchristlichen Zeit abgegeben haben«, sagte er und schnippte mit dem Daumennagel gegen eine Ecke der Karte. Vernünftiges Papier. Griffig. »Kennen Sie sie?«
    »Ein wenig.« Der Mann sah kaum von seiner Arbeit auf. »Sie ist erst ein knappes Jahr hier und ist unglücklicherweise vor etwas über einer Woche verwitwet.«
    Theo hielt im Kauen inne. Vielleicht war es irgendeine andere Witwe? Doch nein, Seton Park, erinnerte er sich jetzt, war der Name des Besitzes westlich von dem seines Vaters. Dort, wo die Feldsteinkirche stand. »Eine Woche, sagen Sie?« Er schluckte. »Warum zum Teufel macht sie dann Besuche, und ausgerechnet bei unverheirateten Gentlemen?«
    »Mrs Russell ist der Anstand in Person. Ich bin sicher, es muss sich um etwas Geschäftliches handeln. Und man sollte meinen, ein neuer Nachbar würde sich von ihrer Beachtung geschmeichelt fühlen und ihr einen kleinen Lapsus in der Befolgung der Trauerregeln nachsehen.«
    »Ich bin geschmeichelt.« Was konnte er sonst sagen? Die Dauer seines Aufenthalts hier hing davon ab, was dieser Mann seinem Vater berichten würde. Er las die Karte noch einmal. »Was ist Mr Richard Russell zugestoßen?«
    »Er ist vom Pferd gefallen und hat sich den Hals gebrochen. Sehr bedauerlich. Können wir langsam anfangen?«
    »Ja, warum nicht?« Theo seufzte und legte die Karte neben seinen Teller. »Legen Sie los.« Ziehen Sie mich mit Ihren endlosen Einzelheiten ruhig noch tiefer in die Einöde dieses unfreiwilligen Exils hätte er stilvoll hinzufügen können, wäre er respektloser gewesen und weniger darauf bedacht, einen guten Eindruck zu machen.
    Doch bereits nach kurzer Zeit hatte er aufgehört, den monotonen Ausführungen seines Verwalters zu folgen. Sonnenlicht erfüllte das Frühstückszimmer und verbreitete eine äußerst angenehme, schläfrige Wärme; sein Tee war warm, der gebutterte Toast war auch warm und konnte zudem mit drei verschiedenen Sorten Marmelade bestrichen werden. Er musste zwischen den Bissen nur gelegentlich nicken und die Augenbrauen hochziehen, um Aufmerksamkeit vorzugeben, während er in Gedanken zu der gestrigen Begegnung in der Kirche zurückkehrte.
    Welch eine eigenartige Angelegenheit war das gewesen, mit der Witwe und allem. Zu spät zu kommen. Einzuschlafen. Sich für die Dauer eines Lächelns zu vergessen.
    Wie bei so vielen Dingen, die auf den ersten Blick seine Schuld zu sein schienen, konnte er auch diesmal eigentlich gar nichts dafür. Neue Angewohnheiten brauchten ihre Zeit. Der Sonntagsgottesdienst war so höllisch früh. Er hatte mit mehr Singen und einer kürzeren Predigt gerechnet.
    »… und hier sehen Sie, wie viele Einsparungen wir durch das Zumauern überflüssiger Fenster und die daraus resultierenden Steuerersparnisse erzielt haben.« Granville schob ihm ein Dokument zu.
    »Äußerst beeindruckend.« Er warf einen Blick auf das Papier und schnappte sich eine neue Scheibe Toast vom Rost. Was waren denn bitte überflüssige
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