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Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Titel: Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
Autoren: Lawrence M.Krauss
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Bedeutung hat. Vielmehr wäre es einfach so, dass das Leben, wie wir es kennen, sich auf unserem Planeten nicht hätte entwickeln können, wenn die Erde in einem anderen Abstand um die Sonne kreisen würde.
    Anthropische Argumente dieser Art sind berüchtigt für ihre Unschärfe. Es ist fast unmöglich, auf dieser Basis spezifische Vorhersagen zu treffen, ohne dass man die Wahrscheinlichkeitsverteilung der verschiedenen Naturkonstanten und Kräfte innerhalb der Gesamtheit aller möglichen Universen explizit kennt – das heißt, welche vielleicht variieren und welche nicht, und welche möglichen Werte und Formen sie vielleicht annehmen. Außerdem muss man genau wissen, wie »typisch« wir in unserem Universum sind. Falls wir keine »typischen« Lebensformen vertreten, könnte eine anthropische Selektion, wenn sie denn überhaupt stattfindet, auf anderen Faktoren beruhen, als wir ihr ansonsten zuzuschreiben pflegen.
    Ein Multiversum, entweder in der Form einer innerhalb vieler zusätzlicher Dimensionen existierenden Landschaft von Universen oder in der Form einer sich vielleicht unendlich replizierenden Menge von Universen in einem dreidimensionalen Raum (wie im Falle einer ewigen Inflation), ergibt aber allemal ein anderes Szenario, wenn es darum geht, über die Entstehung unseres eigenen Universums nachzudenken sowie über die vielleicht dazu notwendigen Voraussetzungen.
    Zunächst einmal wird nun die Frage, was die Naturgesetze festgelegt hat, die es ermöglichten, dass unser Universum entstand und sich entwickelte, weniger bedeutsam. Wenn die Naturgesetze selbst stochastischer Natur und zufallsbestimmt sind, dann gibt es keine vorgeschriebene »Ursache« für unser Universum. Unter dem allgemeinen Grundsatz, dass alles zulässig ist, was nicht verboten ist, hätten wir in einem solchen Modell die Gewähr, dass auf jeden Fall ein Universum entstünde, in dem die von uns entdeckten Gesetze gelten. Es ist kein Mechanismus und keine Wesenheit erforderlich, welche die Naturgesetze in der vorliegenden Form festlegt. Sie könnten fast beliebig aussehen. Da wir derzeit nicht über eine grundlegende Theorie verfügen, die den Landschaftscharakter eines Multiversums erklärt, können wir dazu nichts sagen. 49
    In Wahrheit könnte es sein, dass es überhaupt keine grundlegende Theorie gibt. Obwohl ich Physiker wurde, weil ich hoffte, es gebe eine solche Theorie, und weil ich hoffte, eines Tages dazu beitragen zu können, sie zu entdecken, könnte diese Hoffnung – darüber habe ich mich schon beklagt – unangebracht sein. Trost finde ich in der Äußerung Richard Feynmans. Sie geht dem Zitat voraus, mit dem der Epilog dieses Buches eingeleitet wird. Weiter oben habe ich sie schon kurz zusammengefasst, aber hier möchte ich sie vollständig wiedergeben:
    Ich werde manchmal gefragt: »Suchen Sie nach den ultimativen Gesetzen der Physik?« Nein, das mache ich nicht. Ich will nur mehr über die Welt herausfinden, und sollte sich herausstellen, dass es da draußen ein einfaches ultimatives Gesetz gibt, das alles erklärt, dann soll es so sein. Es wäre sehr schön, das zu entdecken. Sollte sich herausstellen, dass es einer Zwiebel mit Millionen Schichten gleicht, und sollten wir müde und es leid sein, nach Schichten zu schauen, dann ist das eben so … Mein wissenschaftliches Interesse geht dahin, einfach mehr über die Welt herauszufinden, und je mehr ich finde, desto besser. Ich finde gern etwas heraus.
    Das Argument kann man in eine andere Richtung erweitern, was ebenfalls Implikationen für die zentralen Aussagen dieses Buches hat. In einem Multiversum der hier erörterten Art könnte es eine unendliche Zahl potenziell unendlich großer oder unendlich kleiner Regionen geben, in denen sich einfach »nichts« befindet, und es könnte Bereiche geben, in denen »etwas« vorhanden ist. In diesem Fall wird die Antwort auf die Frage, warum es statt nichts überhaupt etwas gibt, fast banal: Es gibt einfach deshalb etwas, weil wir, wenn es nichts gäbe, nicht hier leben würden!
    Mir ist klar, welche Frustration in einer so trivialen Antwort auf eine Frage liegt, die über alle Zeiten hinweg so tiefgründig zu sein schien. Doch die Wissenschaft hat uns gelehrt, dass alles, ob tiefgründig oder trivial, sich dramatisch von dem unterscheiden kann, was es auf den ersten Blick zu sein
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