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Ein Stueck vom Himmel

Ein Stueck vom Himmel

Titel: Ein Stueck vom Himmel
Autoren: Karl Lukan
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Klettergurt, kein Steinschlaghelm, sondern nur ein Pullmankappl. Dabei glaubten wir, mit der allerbesten Ausrüstung unterwegs zu sein
.

Obwohl ich immer wieder den Mund mit Wasser ausspülte, schmeckte auch jeder Schluck Wasser, den ich trank, nach Benzin und jedes Stück Brot, Käse ... alles!
    Eine Zigarette anzünden wagte ich gar nicht, weil ich fürchtete, dabei zu explodieren.
    Der nächste Ort mit einer Tankstelle war Porto. Wenn wir viel Glück hätten – so hatte Fritz ausgetüftelt –, könnten wir mit den letzten Benzintröpferln die Tankstelle erreichen. Aber anhalten durften wir auf dieser Fahrt nicht, denn jeder Neustart kostet zusätzlich Benzin.
    So fuhren wir durch eine der schönsten Landschaften Korsikas und – so jammerten die Fotografen – an so vielen Fotomotiven vorbei, die nicht aufzunehmen schon eine Sünde ist ...
    andererseits kamen wir jedes Mal in Jubelstimmung, wenn ein Kilometerstein zeigte, dass wir der rettenden Tankstelle wieder ein Stückerl nähergekommen waren. Benzin beherrschte unser Hirn und Gemüt.
    Und da war sie dann – die Tankstelle. Ich seh sie heute noch vor mir: eine Zapfsäule noch aus der Steinzeit der Mobilisierung, daneben zum Verkauf Benzinkanister in allen Größen. Fritz wollte sofort einen kaufen ...
    »Den brauch i net!«, sagte Schwanda. »Im Kofferraum hab i sowieso einen Reservekanister drin!«
    Das konnte doch nicht wahr sein!
    »Du hast einen Kanister Benzin im Kofferraum? Warum hast du das nicht gesagt?«
    »Weil der nur für den Notfall bestimmt ist!«, raunzte Schwanda.
    Hansl mit dem Hausner-Schmäh
    Mit dem Hausner Hansl habe ich in einem Hochgebirgsjäger-Bataillon den Zweiten Weltkrieg (im Kaukasus und bei Monte Cassino) erlebt und überlebt. Und nach dem Krieg haben wir miteinander viele schwere Wände durchstiegen.
    1950 machte ich in einem italienischen Führer eine Entdeckung: Am Monte Agner (2872 m) in der Palagruppe der Dolomiten gibt es eine 1600 Meter hohe und äußerst schwierige Kante. 1932 ist sie erstbegangen worden. Von dieser Riesenkante hatte ich noch nie etwas gehört oder gelesen. Auch guten Kennern der Alpinliteratur (wie Walther Flaig, Hubert Peterka) war sie unbekannt. Watzmann-Ostwand, Triglav-Nordwand und Schermberg-Nordwand (1400 m Wandhöhe) galten als die drei höchsten Wände der Ostalpen. Sie alle drei zu durchsteigen war der Wunschtraum vieler Kletterer.
    Als Hans und ich im Sommer 1950 zum Monte Agner fuhren, hatten wir nicht die geringste Ahnung, wie der Berg ausschaut. Unsere Spezln trösteten uns schon im Voraus: »Seid’s net traurig, wenn die Riesenkanten in Wirklichkeit nur ein langer Latschenwurzelgrat ist!«
    In dem 1959 erschienenen Dolomiten-Kletterführer von Gunther Langes war dann über den Berg bereits zu lesen: »Kein anderer Gipfel der Dolomiten besitzt einen so kühnen und schlanken Aufbau als gewaltiges Felshorn, das mit seiner Nordwand und Nordkante rund 1600 Meter hoch ungewöhnlich eindrucksvoll über dem Tale steht.« Und die Kante wird als »kühner und großartiger Anstieg, eine der schönsten und gewaltigsten Felsunternehmungen der Dolomiten« genannt. Wir haben die siebente Begehung gemacht, bis dahin ist sie nur von Italienern und Franzosen begangen worden.
    Als wir damals den Monte Agner mit seiner Kante im frühen Morgenlicht vor uns sahen, konnten wir nicht glauben, dass es einen solchen Berg in Wirklichkeit gibt. Und als wir uns dann am Nachmittag beim Erkunden des besten Zustiegs unterhalb der Kante bewegten, hatten wir das Gefühl, dass sie inzwischen noch höher und noch steiler geworden ist.
    Nach dieser Erkundung war ich etwas gedämpft. Nicht die geringste Pfadspur hatten wir gefunden – aber vielen Schlangen waren wir begegnet. Vor diesen hatte ich Angst. Denn das waren keine harmlosen Nattern gewesen, sondern giftige Vipern.
    »Ich glaub, es sind nur Kreuzottern. Die sind weniger giftig als Vipern!«, sagte Hansl. Damit wollte er meine Schlangenangst ein bisserl einbremsen.
    Wir standen vor unserem Heustadl in Col di Prà unter dem Monte Agner. Über dem Tal lag schon der Schatten, der Gipfel und das obere Stück der Kante waren noch im Sonnenlicht.
    Hansl sagte leise: »Dieser Berg muss uns einen Schlangenbiss wert sein!«
    Hansl Hausner war ein eher ruhiger, bescheidener Mensch, aber einer, der – paradoxerweise – einen Wiener Schmäh hatte wie kein anderer. »Hausner-Schmäh« wurden in unserem Freundeskreis seine Sprüch’ genannt. Das waren eher trockene, aber sehr
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