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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
Autoren: Kate Noble
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ihren Flirts zu ehrgeizig schien, so verzieh man ihr diese kapriziöse Verquickung aus Jugend und Schönheit nur zu gern. Denn wenn Phillippa Benning lächelte – so heißblütig die Lippen schürzte, dass verheiratete Männer die Vornamen ihrer Ehefrauen vergaßen – , konnte niemand weder Fehl noch Tadel an ihr entdecken.
    Es gab tatsächlich niemanden, der schlecht über Mrs. Phillippa Benning dachte. Was sich ganz gewiss anders verhalten hätte, wäre sie nicht so reich und günstigerweise auch noch verwitwet gewesen.
    Alle Welt wusste, dass Phillippa Bennings kurze Ehe der Stoff gewesen war, aus dem Märchen gewebt wurden; nur dass das »Sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage« fehlte. Nachdem sie um den Mann, mit dem sie ganze fünf Tage verheiratet gewesen war, ein volles Jahr getrauert hatte, war Phillippa die Erkenntnis gekommen, dass es außerordentlich angenehm war, nicht länger auf den erdrückenden und einengenden Schutz angewiesen zu sein, unter den unverheiratete Ladys sich begeben mussten. Also nahm sie mit Verve ihr Leben als junge Frau auf, die die Mittel zur Unabhängigkeit besaß.
    Ihr gefielen all die Dinge, die auch anderen Frauen gefielen, nur dass sie sich diese Dinge ungeniert zu eigen machte. Auch sie las die neuesten Schauerromane von M. R. Biggley und Mrs. Rothschild. Was auch immer sie anmerkte – zum Beispiel, dass der Held für ihren Geschmack zu fade war oder aber dass eine andere Geschichte ihr kalte Schauder über den Rücken jagte – , es wurde automatisch als einzig geltende Wahrheit übernommen und von klugen Ladys und Gentlemen gleichermaßen zitiert. Sie war in der Lage, den Verkauf von Stoffen so sehr zu beeinflussen wie eine Dürre oder verregnete Saison die Ernte: Wenn Phillippa Benning behauptete, dass fliederfarbene Moiré-Seide nicht mehr modisch war, dann brach deren Verkauf bis in den Keller ein; wenn sie umgekehrt in einem minzgrünen Musselinkleid und butterfarbenen Spazierschuhen im Park gesehen wurde, wurden am nächsten Tag mindestens zwei Dutzend solcher Kostüme bei den besten Schneiderinnen der Stadt in Auftrag gegeben.
    Es war ungewöhnlich, dass ein so junger Mensch (sie war gerade erst einundzwanzig) in den Salons den Ton angab. Aber mit Blick auf Mrs. Phillippa Benning war daran nicht zu rütteln. Ihr Wohlwollen konnte für den Erfolg eines Romans sorgen oder ihn zerstören, den Ruf einer Schneiderin, die Einladung einer Gastgeberin, die Beliebtheit einer jungen Debütantin oder das Herz eines jungen Kerls.
    Und sie wusste das.
    »Ich weigere mich strikt, Mrs. Hurstons Einladung zum Kartenspiel zuzusagen. Sie besteht darauf, einen violetten Turban mit Federn zu tragen, und ich habe mich schon ein oder zwei Mal der Mühe unterzogen, ihr zu gestehen, wie schlecht er ihr steht«, sagte Phillippa, während sie die Menge, die sich an der Paradestrecke aufgereiht hatte, durch ihr Opernglas betrachtete.
    Phillippas beste Freundin Nora schnalzte mit der Zunge, schüttelte den Kopf und verbarg das zarte Gekicher hinter vorgehaltener Hand.
    Nora war ein liebenswertes kleines Geschöpf, das Phillippa dieses Jahr aufgelesen hatte. Die junge Frau war achtzehn Jahre alt, und es war ihre erste Saison, die sich als verheerend hätte erweisen können, wenn Phillippa nicht eingegriffen hätte. Miss Nora de Regis war sehr reich und Engländerin von Geburt und Erziehung; aber sie litt unter einer dunklen Färbung ihrer Haut, welche sie von griechischen Großeltern und einer Mutter ererbt hatte, die ihren Kindern nicht gestattete, sich anders als in grobporige Baumwolle und steife Korsetts zu kleiden. Phillippa hatte nur dafür gesorgt, dass die Welt Noras dunkle Augen und deren olivfarbene Haut als exotisch ansah, und hatte deren Mutter zu einfallsreicheren Schneiderinnen geschleppt. Inzwischen würde man also weder Mutter noch Tochter je anders als nach der neuesten Mode gekleidet ansichtig werden. Als die Saison anfing, hatte Nora noch ein recht unschuldiges Naturell und eine große Offenheit besessen; Phillippa hatte ihr beigebracht, diese Züge ihres Charakters zu unterdrücken.
    Und Nora hatte sich als sehr gelehrige Schülerin erwiesen.
    »Also keine Phillippa Benning auf Mrs. Hurstons Party?«, erwiderte Nora neckend. »Das ist ein größerer Gesichtsverlust, als hätte unser Prinzchen abgesagt. Unsere gute Mrs. Hurston wird vielleicht so erschüttert sein, dass sie deine Ratschläge in Zukunft ernster nimmt.«
    »Eigentlich«, sagte Phillippa und senkte ihr
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