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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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wieder auf den blutenden Hals ihrer Tochter und schwankte. „Katrin, das ganze Blut.“
    „Mir geht es gut, Mama“, versicherte Katrin.
    „Du blutest aber ziemlich stark.“ Luise überbrückte die paar Schritte, die sie von ihrer Tochter und dem Knecht trennten und zog Katrin von ihm weg, um die Wunde zu untersuchen. Als sie sich davon überzeugt hatte, dass der Kratzer halb so schlimm war, fiel ein Teil der Anspannung von ihr ab. Doch immer noch war sie auf der Hut. Sie fasste ihre Tochter beim Arm und zog sie noch ein Stück von Kalter weg. „Und jetzt will ich wissen, was denn hier um Gottes Willen passiert ist“, rief sie aufgeregt und sah Kalter anklagend und immer noch misstrauisch an. „Und wer das da ist.“ Sie deutete auf die niedergestreckte Gestalt am Boden.
    „Mama, liebe Güte. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. “ Sie sah von ihrer Mutter zu Robert und zurück. „Robert ist unschuldig“, stammelte sie schließlich. „An allem, dessen wir ihn verdächtigt haben, war sein Vater schuld.“
    „Sein Vater?“ , stieß Luise ungläubig aus.
    Alle sahen auf den Mann nieder, der vor ihnen lag.
    „Du bist unschuldig, Robert“, wiederholte Katrin leise. Langsam dämmerte ihr, was das bedeutete.
    „Ja, das bin ich wohl“, sagte er abwesend. Immer noch starrte er auf seinen Vater. Seinen Vater, der den Verstand verloren hatte. Und das wohl schon vor langer Zeit. Und er, Robert, er war nicht verrückt.
    Er war nicht verrückt. War es nie gewesen. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Immer wieder. Er überlegte, was er fühlte. Er wusste es nicht.
    Er müsste sich doch glücklich fühlen. Und das war er wohl auch. Er ging auf Katrin zu und drückte sie an sich. Sie schloss ihn in die Arme und er schwankte. So viele Gefühle stürmten auf ihn ein, dass er sie gar nicht benennen konnte. All die Jahre, die er eingesperrt war, wo ihn sein Gewissen geplagt hatte. Beinahe ein ganzes Leben voller Selbsthass und Schuld.
    Ohne Grund.
    Ja, er freute sich. Aber jetzt fühlte er auch die Bitterkeit, die all die Jahre nicht da war. All das, was er durchlitten hatte, war grundlos gewesen. Für nichts. Nur weil sein eigener Vater ihn hasste.
    Es war aberwitzig, aber jetzt , wo er wusste, dass er alles schuldlos erlitten hatte, war es irgendwie schwerer zu ertragen.
    „Robert, es tut mir so leid, dass ich dich niedergeschlagen hab. Und dass ich dich für schuldig gehalten hab.“
    Katrins Stimme holte ihn aus seinen Gedanken. Er drückte sie fester an sich. „Himmel, Katrin. Es ist schon gut. Und ich hab mich ja selbst für schuldig gehalten.“
    Aber er war es nicht. Er musste sich das selbst immer wieder sagen, sonst glaubte er es nicht. Und langsam hob sich eine Last von seiner Brust und es war ihm, als könne er das erste Mal seit unzähligen Jahren frei atmen. Er hatte ein reines Gewissen. Und er brauchte keine Angst mehr zu haben, dass er Unheil anrichten könnte. Und er brauchte nicht zu fürchten, dass man ihn wieder einsperren würde. So hoffte er zumindest. Er schob Katrin ein wenig von sich und ging auf seinen Vater zu.
    „Ist er tot?“ Katrin blieb, wo sie war.
    „Beinahe hoffe ich es.“ Robert zog eine Grimasse. „Aber dann kann ich niemals beweisen, dass ich an den Morden unschuldig bin. So kann man ihn vielleicht zwingen, die Wahrheit zu sagen.“
    „Pass auf, Robert.“ Katrin trat zu ihrer Mutter, als Robert sich zu seinem Vater hinunterbeugte, um ihn zu untersuchen.
    „Er atmet noch .“ Robert richtete sich wieder auf. „Auch wenn er ganz schön eins auf den Schädel bekommen hat“, fügte er mitleidlos hinzu.
    „Ich geh die Polizei rufen“, seufzte Luise. Jetzt, wo die Aufregung vorüber war, war sie zu Tode erschöpft
    „Ich bleib so lang hier und pass auf ihn auf“, sagte Robert.
    „Und ich geh nach Hause, um nach Papa und Otto zu sehn. “ Zögernd fügte sie hinzu: „Und danach komm ich wieder her. Soll ich, Robert?“
    „Ja, das wäre schön.“
    Robert lehnte sich an einen Baum, ließ sich langsam zu Boden sinken und lehnte seinen schmerzenden Kopf an den Stamm. Er beobachtete die beiden Frauen, bis sie aus seinem Blickfeld verschwanden.
    Dann schloss er die Augen und weinte.

Epilog
     
    Katrin atmete die saubere, kalte Luft ein und stapfte frohgelaunt durch die weiße Winterlandschaft. Sie war froh, dass sie sich bei Robert eingehakt hatte, denn sonst wäre sie bestimmt schon ein paar Mal ausgerutscht.
    Sie kamen aus dem Dorf, wo sie für Mama ein paar
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