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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall
Autoren: Joanne K. Rowling
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Sie hatte fast damit gerechnet, dass jemand auf der Seite der Weedons sie als Fats’ Mutter erkennen und über sie herfallen würde, aber nichts dergleichen war passiert.
    (Ihr Familienleben war auf den Kopf gestellt. Colin war wütend auf sie.
    Â» Was hast du ihm gesagt?«
    Â»Er wollte das wahre Leben kennenlernen«, hatte sie geschluchzt. »Wollte die Schattenseite sehen. Begreifst du denn nicht, worum es ihm bei diesem primitiven Leben ging?«
    Â»Du hast ihm also erzählt, dass er vielleicht das Ergebnis eines Inzest ist und ich versucht habe, mich umzubringen, weil er in die Familie kam?«
    Jahrelang hatte sie versucht, die beiden zu versöhnen, und dann hatte es ein totes Kind und Colins tiefgreifenden Eingeständnisses seiner Schuld gebraucht, um das zustande zu bringen. Am Abend zuvor hatte sie die beiden in Fats’ Dachzimmer miteinander reden hören, war am Fuß der Treppe stehen geblieben und hatte gelauscht.
    Â»Du kannst das – das, was Mum dir eingeflüstert hat, vollständig aus deinem Kopf streichen«, hatte Colin barsch gesagt. »Du hast weder körperliche noch geistige Anomalien, oder? Also mach dir darüber keine Sorgen mehr. Aber dein Therapeut wird dir bei all dem helfen.«)
    Tessa schniefte und schnaufte in ihr durchweichtes Taschentuch und dachte, wie wenig sie für Krystal getan hatte, tot auf dem Badezimmerboden. Wenn der Heilige Michael von seinem leuchtenden Fenster herabgestiegen wäre und sein Urteil über sie alle gefällt hätte, wäre es eine Erleichterung gewesen. Wenn er gerichtet hätte, wie viel Schuld sie an den Todesfällen, den zerstörten Leben, dem Durcheinander hatten.
    Ein zappeliger Junge der Tullys auf der anderen Seite des Mittelgangs hüpfte aus seiner Bank, und eine tätowierte Frau streckte einen kräftigen Arm aus, packte den Jungen und zog ihn wieder zurück. Tessas Schluchzer wurden von einem überraschten Keuchen noch betont. Sie war sich ganz sicher, ihre verlorene Armbanduhr an dem dicken Handgelenk gesehen zu haben.
    Sukhvinder empfand Mitleid für Tessa, deren Schluchzen sie hörte, wagte aber nicht, sich umzudrehen. Parminder war sauer auf Tessa. Sukhvinder hatte die Narben an ihrem Arm nicht erklären können, ohne Fats Wall zu erwähnen. Sie hatte ihre Mutter angefleht, nicht bei den Walls anzurufen, aber dann hatte Tessa mit Parminder telefoniert, um ihr mitzuteilen, Fats habe die ganze Verantwortung für die Botschaften des Geists von Barry Fairbrother auf sich genommen, und Parminder war derart ätzend zu ihr gewesen, dass die beiden seither nicht miteinander gesprochen hatten.
    Dass Fats auch für ihr Posting die Schuld auf sich genommen hatte, war sehr eigenartig und in Sukhvinders Augen beinahe so etwas wie eine Entschuldigung. Immer hatte es den Anschein gehabt, als könnte er ihre Gedanken lesen. Wusste er, dass sie ihre eigene Mutter angegriffen hatte? Sukhvinder fragte sich, ob sie fähig wäre, dieser neuen Therapeutin, in die ihre Eltern so viel Vertrauen setzten, die Wahrheit zu beichten, und ob sie es jemals der neuerdings freundlichen, reumütigen Parminder sagen könnte.
    Sie versuchte, dem Gottesdienst zu folgen, doch er half ihr nicht so, wie sie es sich erhofft hatte. Sie war froh um das Ruder und den Teddy aus Chrysanthemen, die Laurens Mum gemacht hatte, froh, dass Gaia und Andy gekommen waren sowie die Mädchen vom Ruderachter, aber sie wünschte, die Zwillinge der Fairbrothers hätten nicht abgesagt.
    (»Das würde Mum aus der Fassung bringen«, hatte Siobhan zu Sukhvinder gesagt. »Verstehst du, sie glaubt, dass Dad zu viel Zeit auf Krystal verwendet hat.«
    Â»Oh«, sagte Sukhvinder bestürzt.
    Â»Außerdem«, sagte Niamh, »gefällt Mum der Gedanke nicht, dass sie jedes Mal an Krystals Grab vorbeisehen muss, wenn wir Dad besuchen. Wahrscheinlich liegen die Gräber nicht weit voneinander entfernt.«
    Sukhvinder hielt diese Einwände für kleingeistig und schäbig, aber Mrs Fairbrother so etwas zu unterstellen kam einem Sakrileg gleich. Die Zwillinge entfernten sich, vollkommen voneinander in Anspruch genommen, wie es neuerdings immer der Fall war, und verhielten sich ihrer alten Freundin Sukhvinder gegenüber unterkühlt, weil sie zu der Außenseiterin Gaia Bawden übergelaufen war.)
    Sukhvinder wartete darauf, dass sich jemand erheben und darüber sprechen würde, wer
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