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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall
Autoren: Joanne K. Rowling
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des vertrauten Wohnzimmers, in dem Fats seinen Eltern gestanden hatte, die Krankheit seines Vaters aller Welt kundgetan zu haben, in dem er alles gestanden hatte, was ihm einfiel in der Hoffnung, dass sie den Schluss ziehen würden, er sei wahnsinnig und krank, in dem er versucht hatte, so viel Schuld auf sich zu laden, dass sie ihn schlagen oder niederstechen oder ihm all das antun würden, was er seiner Meinung nach verdient hatte, legte Colin sanft die Hand auf den Rücken seines Sohnes, um ihn in die sonnenhelle Küche zu führen.)
    Draußen vor St. Michael and All Saints machten sich die Sargträger bereit, die Särge den Kirchenpfad hinaufzutragen. Dane Tully war unter ihnen, mit seinem Ohrring, dem selbstgestochenen Tattoo eines Spinnennetzes am Hals, in einem schweren schwarzen Mantel.
    Die Jawandas warteten mit den Bawdens im Schatten der Eibe. Andrew Price hielt sich in ihrer Nähe, und Tessa Wall stand in einiger Entfernung, bleich und mit versteinertem Gesicht. Die anderen Trauernden bildeten am Kirchenportal eine geschlossene Front für sich. Manche wirkten verkniffen und trotzig, andere resigniert und niedergeschlagen, einige trugen billige schwarze Kleidung, die meisten aber steckten in Jeans oder Trainingsanzügen, und ein Mädchen stellte ein bauchfreies T-Shirt und einen Ring im Bauchnabel zur Schau, der die Sonne einfing, sobald es sich bewegte. Die Särge wurden den Pfad hinaufgetragen und leuchteten im hellen Licht.
    Sukhvinder Jawanda hatte den pinkfarbenen Sarg ausgesucht, denn sie war sich sicher, dass Krystal es so gewollt hätte. Sukhvinder hatte fast alles gemacht, organisiert, ausgesucht, verhandelt. Parminder warf ihrer Tochter nach wie vor Seitenblicke zu und fand Ausflüchte, sie berühren zu können: strich ihr die Haare aus den Augen, glättete ihren Kragen.
    So wie Robbie geläutert und von den Einwohnern Pagfords angenommen aus dem Fluss gekommen war, ging Sukhvinder Jawanda, die ihr Leben riskiert hatte, um den Jungen zu retten, als Heldin daraus hervor. Von dem Artikel über sie in der Yarvil and District Gazette und Maureen Lowes vollmundiger Ankündigung, sie werde das Mädchen für eine Polizeiauszeichnung vorschlagen, bis hin zu der Lobrede der Schulleiterin in der Schulversammlung, wusste Sukhvinder zum ersten Mal, wie es war, ihren Bruder und ihre Schwester in den Schatten zu stellen.
    Jede einzelne Minute war ihr zuwider gewesen. Nachts spürte sie wieder das Gewicht des toten Jungen in ihren Armen, der sie in die Tiefe hinabzog, erinnerte sich an die Versuchung, loszulassen und sich selbst zu retten, und fragte sich, wie lange sie ihr hätte widerstehen können. Die tiefe Wunde am Bein zwickte und schmerzte, ob Sukhvinder sich bewegte oder nicht. Die Nachricht von Krystals Tod hatte sich derart alarmierend auf sie ausgewirkt, dass ihre Eltern eine Therapeutin hinzugezogen hatten, doch sie hatte sich nicht ein einziges Mal geritzt, nachdem man sie aus dem Fluss gezogen hatte. Das Nahtoderlebnis hatte sie offenbar von dem Bedürfnis befreit.
    Am ersten Tag, als sie wieder in der Schule war und Fats Wall noch immer fehlte, als ihr bewundernde Blicke über die Flure folgten, war ihr zu Ohren gekommen, dass Terri Weedon kein Geld hatte, ihre Kinder beizusetzen, nicht für den Grabstein und nicht für anständige Särge.
    Â»Das ist sehr traurig, Jolly«, hatte ihre Mutter abends gesagt, als die Familie beim Abendessen zusammensaß. Sie sprach so freundlich wie die Polizistin mit ihr … Parminder fuhr ihre Tochter nicht mehr gehässig an.
    Â»Vielleicht kann ich die Leute zu Spenden bewegen«, sagte Sukhvinder.
    Parminder und Vikram warfen sich über den Küchentisch hinweg Blicke zu. Beide reagierten instinktiv ablehnend darauf, die Menschen in Pagford bei einem solchen Anlass zu Spenden aufzurufen, aber sie schwiegen. Nachdem sie Sukhvinders Unterarme gesehen hatten, fürchteten beide, ihre Tochter aufzuregen, und der Schatten der noch unbekannten Therapeutin schien bereits über ihrem Familienleben zu schweben.
    Â»Außerdem«, fuhr Sukhvinder mit einer hektischen Energie fort, die Parminders nicht unähnlich war, »finde ich, dass die Beerdigung hier in St. Michael stattfinden sollte. So wie die von Mr Fairbrother. Krys hat hier alle Gottesdienste besucht, als wir auf der St. Thomas waren. Ich wette, sie war im ganzen Leben in keiner anderen Kirche.«
    Das Licht Gottes
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