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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben
Autoren: Carol O'Connell
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nicht in neunzehn Minuten.«
    »Da gebe ich Ihnen recht. Aber meiner Meinung nach wurde keine der Frauen im Gramercy Park getötet. Um die Universität herum gibt es viele finstere Winkel, in denen man unbeobachtet einen Mord begehen kann.«
    »Und wie will die Polizei beweisen, daß sie nicht im Park getötet wurde?«
    »Sie meinen wegen der Blutspuren? Die Perlen waren übrigens ein genialer Einfall. Sie haben die Toten genauso hingelegt, wie sie nach dem Mord lagen. Wenn die Leichenstarre eingesetzt hatte, ging das relativ problemlos, sogar im Dunkeln. Ursprünglich ging die Polizei davon aus, daß der Täter sich mit dem Plastiksack vor Blutspritzern schützen wollte. In Wirklichkeit brauchten Sie die Säcke, um das Blut aufzufangen, das erforderlich war, um den Tatort überzeugend zu präparieren. Wirklich eine gute Idee. In dem Plastiksack blieb das Blut schön feucht, so daß es in die Erde einsickern konnte und nicht an der Oberfläche gerann. Auch die blutigen Handabdrücke waren ein hübscher Einfall.«
    »Das können die mir nie beweisen.«
    »Bei den vielen Fehlern, die Sie gemacht haben? Da bin ich mir nicht so sicher. Wollen Sie wissen, was meiner Meinung nach Edith Candle auf Ihre Spur brachte? Sie erzählten von der zerstückelten Brust, die in der Séance gezeigt worden sei. Medien arbeiten normalerweise nicht mit Gruselbildern. Edith wußte, daß Sie gewisse Lücken in der Geisterschau durch persönliche Erinnerungen angereichert hatten. In der Séance gesehen haben konnten Sie das nicht.«
    Das Messer senkte sich ein wenig.
    »Es ging Ihnen nicht ums Geld, nicht wahr? Ich hatte von Anfang an den Verdacht, daß die Polizei da nicht logisch genug gedacht hat. Es war ein unnötiges Risiko, die erste Leiche im Park zu deponieren. Ihnen ging es um den Kick, stimmt’s? Was war der Auslöser?«
    Die Lampe am Boden wirkte wie eine Bühnenbeleuchtung und Gaynor mit seinem verzerrten Lächeln wie der Hauptdarsteller in einem Horrorstück.
    »Anne Catherys Hund. Er entwischte aus dem Park, und als wir an den Mülltonnen nach ihm suchten, sah ich plötzlich meinen Weg so deutlich vor mir wie der Affe bei der Banane.«
    »Der Affe bei der Banane? Irgendwie kommt mir das bekannt vor …«
    »Hat man Ihnen als Kind nicht die lehrreiche Geschichte von dem Affen, dem Stuhl, der Stange und der Banane erzählt?«
    »Ah ja, jetzt erinnere ich mich. Die Banane hängt an einer Schnur von der Decke -‹«
    »– und zwar knapp außer Reichweite«, ergänzte Gaynor. »Und der hungrige Affe bekommt, um sich die Banane zu holen, einen Stuhl und eine Stange, weiß aber mit diesen Hilfsmitteln nichts anzufangen. Er läuft hin und her, und schließlich gibt er auf und setzt sich entmutigt in eine Ecke. Und da geht ihm ein Licht auf. Von seiner Ecke aus sieht er die Stange, die an dem Stuhl lehnt und auf die Banane gerichtet ist. Er greift sich die Stange, springt auf den Stuhl und holt mit einem Schlag die Banane herunter.«
    »Es war also eine spontane Tat?«
    »Ja. An den Mülltonnen hatte ein Hausmeister einen halb vollen Karton mit Kunststoffsäcken stehen lassen. Der Müll war schon verpackt, er brauchte die gefüllten Säcke am nächsten Morgen nur noch zum Abholen an den Straßenrand zu stellen. Auf der Erde lag ein ausrangiertes Küchenmesser mit kaputtem Griff. Der Griff stieß an den Karton mit den Müllsäcken, die Klinge zeigte auf Anne Cathery, und hinter der Alten sah ich im Park Henry Cathery mit seinem Schachbrett sitzen. Ich griff mir einen Müllsack und durchstach ihn mit dem Messer, damit war ich vor dem Blut geschützt. Dann nahm ich einen zweiten Sack und schob sie hinein, nachdem ich ihr die Kehle durchgeschnitten hatte. Die Frauen waren alle nicht groß, es war kein Kunststück, sie buchstäblich in den Sack zu stecken. Unter der Plastikhülle konnte ich sie dann in aller Ruhe so zurichten, als sei die Tat das Werk eines Psychopathen.«
    »Was sie ja auch war.«
    »Psychopathen geht es normalerweise nicht um Dollarmillionen.«
    »Aber Sie haben es genossen, nicht?«
    Gaynor blieb die Antwort schuldig und fuhr fort: »Später habe ich sie dann geholt. Sie war inzwischen steif, und es war, wie Sie ganz richtig sagten, nicht schwer, sie im Park so hinzulegen, daß es aussah, als sei sie dort auch umgebracht worden. Danach riß ich ihr die Kette vom Hals, so daß die Perlen durch die Gegend flogen.«
    Gaynor lächelte. Es war kein angenehmes Lächeln. Er hatte sichtlich Spaß an seinen Ausführungen. Was
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